Hanna Klein auf Team-Suche: 2016 zeigen was ich kann

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Hanna Klein will 2016 auch international wieder erfolgreich sein ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

National top, international eher Flop. So könnte man Hanna Kleins Saison 2015 überschreiben. Doch bei näherem Betrachten, fällt die Bilanz differenzierter aus. Ihr Vertrag im Team BH-Sr Suntour-KMC wird nicht verlängert, aber die 28-jährige Bundesliga-Gesamt-Zweite aus Freiburg will weiter machen. Im Interview spricht sie über die Ursachen für die Gründe für das Auf und Ab und was sie motiviert nach Ende ihrer Ausbildung weiter zu machen.

ACC: Hanna, Du bist Deutsche Vize-Meisterin geworden, Dein bestes DM-Resultat in der Elite, aber zufrieden bist Du mit Deiner Saison vermutlich nicht, oder?
Hanna Klein: Ich hätte es mir schon anders gewünscht, das stimmt. Einige Rennen liefen gut. Die Bundesliga-Rennen in Wombach (2.) und Titisee-Neustadt (3.) und die Deutsche Meisterschaft (Silber) zum Beispiel. Klar, bei der DM hatte ich auch ein bisschen Glück, aber trotzdem war es da mal so, wie ich mir das vorstelle. Schade, dass ich das im Weltcup dieses Jahr nie umsetzen konnte. Entweder ich hatte einen verkorksten Start, einen schlechten Tag oder ich war in einen Sturz verwickelt. Ich hatte am Anfang der Saison Startposition 51 und das ist für jemand, der nicht so gut startet, nicht gerade förderlich. Gerade was die Weltcups angeht, hätte ich mir einiges mehr erhofft.

Hast Du eine Erklärung dafür?
Zum einen war die Startposition ein Handicap. Das hat ja schon letztes Jahr angefangen. Ich hatte eine halbe WM-Norm, wurde aber nicht nach Norwegen mitgenommen. Das sind natürlich Punkte, die einem fehlen und man rutscht schnell mal ein paar Plätze zurück.
Dann war da noch meine Ausbildung und mein Job bei The North Face. Ich hatte dann insgesamt doch recht viele Termine und musste manchmal mehr Zeit investieren, als ich gedacht hätte. Aber dadurch, dass ich auch an meine berufliche Zukunft denken muss, war der Spagat zwischen Leistungssport und Beruf nicht zu vermeiden. Das war für den Sport natürlich nicht ganz optimal.

Du bist bereits studierte Sportwissenschaftlerin. Was konkret ist das für eine Ausbildung, von der Du da sprichst?
Es ist eine Sportpsychologie-Ausbildung, konkret heißt es: Sportpsychologisches Training im Leistungssport. Das läuft über das Center of mental excellence von Christopher Willis in Innsbruck und ist eine Voraussetzung dafür, dass man auf die BISp-Expertenliste* der Sportpsychologen kommen kann.

Und wo hast Du das gemacht?
Das waren mehrere Blöcke. In Hamburg, Berlin und Karlsruhe und die mündliche Prüfung hatte ich dann in Innsbruck. Das war eigentlich ganz gut kombinierbar mit dem Leistungssport, weil ich immer fünftägige Blöcke hatte und dazwischen vier Wochen Pause. Deshalb konnte ich in der Zwischenzeit auch gut trainieren und mir meine Termine in der Praxisphase dazwischen flexibel einrichten. Die Blöcke waren allerdings an fixen Terminen.

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Ein Rennen, das gut für sie lief: Hanna Klein wurde in Saalhausen Deutsche Vize-Meisterin ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Das ließ sich auch nicht etwas strecken?
Das hätte ich schon machen können, aber ich wollte es möglichst schnell durchziehen. Es geht ja auch um die finanzielle Komponente. Ich bin jetzt 28 geworden. Ich kann nicht endlos vor mich hin studieren und irgendwas machen.

Du hattest schon 2014 Deinen Nationalkader-Status verloren. Dadurch fällt die Sporthilfe weg.
Ja, das kommt noch dazu. Das ist alles ein Teufelskreis. Man hat eh schon weniger Zeit, muss dann schauen, dass man noch arbeitet um Leben und Ausbildung zu finanzieren. Deshalb hatte ich ja auch noch den Job bei North Face im Winter. Allein schon, dass ich ins Trainingslager fahren kann, musste ich mehr arbeiten, um das zu finanzieren. Dabei bräuchte ich eigentlich Zeit um zu trainieren und mich zu erholen. Wie gesagt: es ist ein Teufelskreislauf. Man ist immer in der Zwickmühle. Man kann nicht einfach mit dem BDR mitfahren und mit diesen ganzen Sachen im Hintergrund ist der Kopf nicht frei. Auch die ganze Organisation und Planung alles unter einen Hut zu bekommen, kostet Zeit und Energie.

Wundert es Dich, dass unter diesen Bedingungen die Saison nicht optimal läuft?
Nein, nicht wirklich. Aber für mich war das schade. Und meinem Team gegenüber auch. Sicherlich sind dem Speedy (Bundestrainer Peter Schaupp) teilweise die Hände gebunden. Aber wenn man eine der Ersten ist die nicht mehr dabei ist und spürt was da alles an Unterstützung wegfällt, ist das nicht gerade einfach. Das zieht schon einiges nach sich. 2013 begann für mich ja ohnehin eine sehr schwierige Zeit mit vielen emotionalen Höhen und Tiefen, als meine Mutter schwer erkrankte und kurze Zeit später verstarb.

Hanna Klein ist schon 2009 in Champery (16) und 2010 in Houffalize (19) im Weltcup unter die besten 20 gefahren. 2012 in Val d’Isère landete sie auf Platz 19, 2013 war sie in Andorra 15. und in Hafjell 19., 2014 in Pietermaritzburg 18. und in Cairns 13. Die anderen Resultate haben meistens eine 3 vorne stehen.

Wenn man Deine nackten Weltcup-Resultate anschaut, dann gibt es in den vergangenen drei Jahren immer nur ein, zwei Ausreißer nach oben, bei denen Du Dein Potenzial unter Beweis gestellt hast. Wie siehst Du das im Rückblick?
Sicher war die Doppelbelastung und die familiär schwierige Phase ein wesentlicher Punkt. Das geht nicht spurlos an einem vorbei… (Pause). Zudem ist der Start bei mir nach wie vor ein Handicap. Wenn man kleinere Rennen nimmt, bei denen ich noch Sichtkontakt zur Spitze habe, dann ist mein Abstand geringer, teilweise weniger als die Hälfte. Wenn man im Weltcup auf Position 50 startet, ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in einen Sturz verwickelt wird, einiges größer.
Wenn ich mir diese Saison anschaue: In Nove Mesto hat mich am Start eine Konkurrentin ausgehebelt. Ich bin als Letzte wieder ins Rennen gegangen. In Val di Sole gab es einen Sturz direkt vor mir, ich wurde komplett ausbremst und verpasste den Anschluss. Das ist der erste Schlag ins Gesicht. Ich muss mich wieder aufraffen und dann beginnen die nächsten Schwierigkeiten. Weiter hinten fahren viele nicht gut bergab und ich kann meine Stärke nicht ausspielen. Es dauert deutlich zu lange bis ich frei fahren kann und meine Aufholjagd endete diese Saison aufgrund dessen mehrmals auf dem verflixten 31. Platz (den sie 3x belegt hat).

Was sagen denn Deine Leistungswerte? Müsstest Du weiter vorne sein?
Ja. Im Winter hatte ich das Gefühl, einen Leistungssprung gemacht zu haben. Und ich bin robuster geworden. Als die Rennen los gingen, war es dann ziemlich ernüchternd. Ich hatte zwar Rennen wie in Wombach, bei denen es richtig gut lief. Aber ich bräuchte mal einen Weltcup, bei dem alles rund läuft. Dann wüsste ich, wo ich stehe. Dieses Jahr konnte ich nie zeigen, was ich wirklich drauf habe. Sicher ist es so, dass ich mich nicht so weiter entwickelt habe, wie man das vor fünf sechs Jahren erhofft hat. Aber die Gründe dafür liegen auf der Hand, es kam zu viel zusammen. Ich bin immer zweigleisig gefahren. Vor zwei Jahren, als ich bei BH Sr Suntour-KMC unterschrieben habe, wollte ich mich eigentlich komplett auf den Sport konzentrieren. Aber dann hat sich die Chance mit der Ausbildung ergeben und ich habe in meine Zukunft investiert. Ich habe ja keine Garantie, dass es im Sport ganz nach oben reicht.

Diese Ausbildung hast Du hinter Dir, aber das Team hat Dir keine Vertragsverlängerung angeboten. Was jetzt?
Ich bin motiviert noch mal anzugreifen. Ich würde die Chance gerne nutzen, mich ein, zwei Jahre einmal nur auf den Sport zu konzentrieren, um zu sehen, was wirklich möglich ist. Ich habe immer noch Spaß daran würde gerne einmal mein Limit austesten. Das heißt nochmal Umfänge und Kraft steigern, an meiner Startphase arbeiten, Ruhephasen haben. Wenn ich mit einem höheren Niveau einsteige, gewinne ich mehr Vertrauen in mich und kann vielleicht auch die Probleme am Start besser kompensieren.

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Hanna Klein beim Team BH Sr Suntour: Eine gute Erfahrung, aber mit diesem Jahr zu Ende. Links Adelheid Morath, rechts Perrine Clauzel ©Lynn Sigel

Dafür brauchst Du aber ein Team.
Ja. Ich brauche das Material, die Finanzierung der Reisen zu den Wettkämpfen und ein gewisses Gehalt damit ich nebenher nicht so viel arbeiten muss.

Was motiviert Dich denn weiter zu fahren?
Erst mal macht es mir immer noch Spaß, allen Enttäuschungen zum Trotz. Ich weiß, dass ich eigentlich mehr drauf habe und ich will es nochmal zeigen. Wenn ich zum Beispiel an das Rennen 2013 in Andorra denke, dann sehe ich einerseits was möglich ist und denke andererseits an das Gefühl wie schön es ist, in diesen Regionen dabei zu sein. Ich weiß, dass es geht wenn alles passt. Ich will garantiert nicht fahren bis ich 40 bin, aber mit 28 bin ich noch in einem guten Alter. Wenn nicht jetzt wann dann?

Im Rückblick, wie waren die beiden Jahre beim Team BH Sr Suntour-KMC?
Die letzten zwei Jahre im Team BH-Sr Suntour-KMC waren super und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Ich wurde nett aufgenommen und habe mich mit meinen Teamkollegen trotz ein paar kleinen sprachlichen Hindernissen sehr gut verstanden. Auch die Betreuer und Pierre (Lebreton), der Teammanager, sind unglaublich nett und engagiert. Es waren zwei super Jahre voller neuer Erfahrungen und schöner Erlebnisse. Dafür bin ich auch sehr dankbar.

Gibt es schon Kontakte zu einem neuen Team?
Ich habe gerade damit angefangen, Kontakte zu knüpfen. In den vergangenen Wochen standen noch andere Termine und Prüfungen im Vordergrund, aber jetzt werde ich mich intensiv darum kümmern.

*Bundesinstitut für Sportwissenschaften

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