José Antonio Hermida: Ein emotionaler Abschied – und nichts zu Trinken

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Da fährt er hin: José Antonio Hermida nahm in Andorra Abschied von der Weltcup-Bühne ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Der Weltcup in Andorra, eine Bühne wie bestellt für das Finale eines ganz Großen des Cross-Country-Sports. José Antonio Hermida Ramos vom Multivan-Merida Biking Team bestritt im Bikepark Vallnord, nur 75 Kilometer von seiner spanischen Heimat Puigcerdà entfernt, das letzte Weltcup-Rennen seiner Karriere. Es gab emotionale Szenen und: nichts zu Trinken! Warum? Das erklärte der Katalane im Ziel mit einem Grinsen im Gesicht und zudem wie er dem Sport treu bleiben will.

 

Es war das 200. Weltcup-Rennen der offiziellen UCI-Geschichtsschreibung und weit mehr die Hälfte davon hat José Hermida bestritten. 2001, also vor gut 15 Jahren hat er in Napa Valley sein erstes von sechs Weltcup-Rennen gewonnen. Viermal war er Gesamt-Zweiter und dreimal Gesamt-Dritter. Über einen Zeitraum von zehn Jahren stand er beim Finale immer unter den besten Fünf. Gewonnen hat er den Gesamtweltcup nie und daher darf man ihn als einen der größten Fahrer bezeichnen, die das nicht geschafft haben.

Doch als einer von drei Herren, neben Julien Absalon und Nino Schurter, war José Hermida sowohl Junioren- (1996) als auch U23- (2000) und Elite-Weltmeister (2010). Übrigens war er auch zweimal Team-Weltmeister (1999 und 2005).

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Pistolero Hermida, ein Markenzeichen, das schon 2004 entstand

Damit hat er im Cross-Country-Sport gravierende Spuren hinterlassen. Doch nicht nur in den Ergebnislisten, viel mehr noch als Persönlichkeit.

Für einen Beliebtheitsgrad gibt es keine Mess-Instrumente, aber so viel ist sicher: Bei Hermida würden sie ganz weit nach oben ausschlagen. Fair, offen, freundlich, verbindlich, unheimlich witzig und humorvoll, reflektiert, ehrlich, authentisch und bodenständig sind nur einige der vielen positiven Attribute, mit denen sich der Pistolero (sein Markenzeichen) im Verlauf seiner Karriere viele Freunde und, so weit bekannt, keine Feinde gemacht hat.

 

Ein Tribut der Community

Zu Ehren des legendären Sympathie-Trägers hatten sich die Betreuer aller Teams für Andorra eine ganz besondere Aktion ausgedacht. In der vorletzten Runde bildeten sie in der Tech-Zone mit, in die Höhe gehobenen, Laufrädern ein Spalier für den 38-Jährigen. Weil Hermida am Ende einer fünfköpfigen Gruppe unterwegs war, kamen Jordan Sarrou, Florian Vogel, Nino Schurter und Lukas Flückiger auch in den Genuss dieser Geste.

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Tribut für einen Großen: Hermida fährt ein ins Spalier der Betreuer ©Erhard Goller

„Das war beeindruckend, dass mir die Mountainbike-Community auf diese Art Tribut gezollt hat. Es war wirklich emotional und ich habe ein paar Minuten gebraucht bis ich wieder zum Renn-Tempo gefunden habe“, erklärte ein bewegter José Hermida. Um dann mit Grinsen auf die Konsequenzen dieser Geste hinzuweisen:

„Ich habe dann realisiert, dass mir deshalb niemand Wasser gereicht hat. Keiner in der Gruppe hat Wasser bekommen“, schüttelte er den Kopf und lachte. „Aber zum Glück haben wir das beim zweiten Passieren der Feed-Zone dann bekommen.“

Das erzählte übrigens auch Weltmeister Schurter so. Mit dem Schweizer, der durch Defekt zurückgefallen war, überquerte Hermida mit Handschlag dann auch gemeinsam die Ziellinie. Eine schöne Choreographie, die das Rennen zufällig schrieb.

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Eine zufällige, aber sinnige Choreographie: Zum Abschied Handshake mit einer anderen Legende ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

„Ich hätte ihm so viele Dinge sagen können, doch Tränen haben mich nur ‚Danke’ sagen lassen. Aber ‚Danke’ mit nassen Augen zählt doppelt“, schrieb Hermida auf Facebook zum entsprechenden Bild.

 

„Aufgeregt“ wie beim ersten Mal

Im Ziel gab’s dann doch noch was zu Trinken. Mit Sekt erwarteten ihn seine Team-Betreuer. Und mit aufgeklebten Bärten. Auch das war eine Hommage an Hermida, der seit 2004 der Marke Merida treu geblieben ist. Den Mongolenbart hatte er schon einige Male getragen, aus symbolischen Gründen.

„Es war wie das erste Mal in St. Wendel (1997): ich war aufgeregt, ich habe gelitten und ich habe es genossen“, sagte er nach seinem letzten Weltcup-Auftritt.

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Ein Hoch auf diesen Kerl: José Antonio Hermida Ramos flying high ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Wie es jetzt für ihn weiter geht?

„Ich werde vermutlich einige Marathons fahren“, antwortet Hermida. Unter welchen Umständen, in welchen Farben, das sei noch nicht geklärt. „Aber nicht als Teil des Teams, sondern dann eher mit der Marke Merida verbunden.“ Damit bleibt der kleine, große Spanier der Szene immerhin erhalten.

 

 

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