Marathon-EM Singen: Entscheidet die Team-Taktik bei den Herren?

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Damals noch nicht im gleichen Team: Kristian Hynek (vorne) und Alban Lakata bei der EM 2013 in Singen. ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Vor der Marathon-Europameisterschaft der Herren in Singen scheint es keinen klaren Favoriten zu geben, trotz Olympiasieger Jaroslav Kulhavy und Titelverteidiger Christoph Sauser (Specialized Racing). Aus deutscher Sicht ruhen die Hoffnungen auf Karl Platt (Team Bulls) und Robert Mennen (Topeak-Ergon).

Wenn man vor dem 98 Kilometer langen Rennen der Herren das Starterfeld durchdekliniert, dann lässt sich erkennen, dass die Taktik im Kampf um das blaue EM-Jersey eine große Rolle spielen kann. Teamtaktik vor allem. Specialized Racing hat mit Olympiasieger Jaroslav Kulhavy und Titelverteidiger Christoph Sauser zwei absolute Asse im Ärmel, die sich bis zu einem bestimmten Punkt auch gegenseitig unterstützen werden.
Kulhavy könnte man auf diesem Kurs vielleicht als Topfavorit bezeichnen, doch da der Tscheche das Rennen eher als „Vorbereitung auf den Weltcup“ nutzt und nur von „90 Prozent“ Leistungsfähigkeit spricht, reduzieren sich seine Möglichkeiten.

Topeak-Ergon schickt drei Top-Fahrer ins Rennen. Angefangen von Alban Lakata, der 2013 beim Rothaus Hegau Bike-Marathon Europameister geworden ist. Der Ost-Tiroler wirkt zuversichtlich.
„Mit meiner Form geht es stetig bergauf. Nach dem Cape Epic war ich wie immer ziemlich kaputt, aber langsam kommt der erwartete Formschub von diesem zähen Rennen. In Singen hab ich schon einige Male gewinnen dürfen. Wäre cool, wenn ich dort einen dritten EM-Titel zu meinen Palmares hinzufügen könnte“, gibt er ein offensives Statement ab, warnt aber gleichzeitig: „Es wird nicht einfach werden, sich auf diesem nicht gerade selektiven Kurs und diesem starken Teilnehmerfeld sich durchzusetzen.“

Mennen: Motiviert und auf eigene Kappe
Sein Teamgenosse Kristian Hynek hat vergangenen Samstag den Gardasee-Marathon gewonnen, steht aber nicht deshalb mit auf dem Favoritenschild. Mit Robert Mennen hat das Team aus Koblenz aber noch einen dritten Trumpf im Ärmel. Ob der Deutschen Meister von 2013 gegen einen Kulhavy oder einen Sauser bestehen kann, bleibt erst mal fraglich, aber der Nörvenicher hat schon häufiger alle überrascht.

„Ich sehe mich für die Marathon-EM gut gerüstet. Sie ist ein Höhepunkt in meinem diesjährigen Kalender. Der letzte Marathon in Lassaic und auch der vierte Platz am Samstag in Houffalize hat mir Motivation gegeben auf dem richtigen Weg zu sein und mich von den bisherigen Etappenrennen gut erholt zu haben (Andalusien und Cape Epic)“, erklärt Mennen, der in Houffalize in Führung liegend Defekt hatte.

Er hat sich in einem Höhentrainingslager in Livigno gezielt vorbereitet und mag das wellige Gelände im Hegau. „Wir hoffen natürlich im Team unsere Mannschaftsstärke ausspielen zu können, aber ich werde auf eigene Kappe fahren.“

Karl Platt: Kulhavy ist ein spezieller Fall
Das Team Bulls bringt ebenfalls drei Kandidaten an den Start, die zum erweiterten Kreis der Medaillenkandidaten zählt. Karl Platt, der 2008 in Singen Deutscher Marathon-Meister verweist auch auf die taktische Komponente:

„Wir werden schon schauen, dass wir als Team agieren. Urs (Huber), Tim (Böhme) und ich werden sicher nicht gegeneinander fahren. Wir werden uns eine Taktik überlegen und schauen wie jeder drauf ist. Alleine weg fahren, das bringt hier nichts. Auch wenn Simon (Stiebjahn) attackiert, dem trauen sie auch nicht mehr“, räsoniert der Osthofener. Er erwartet ein „Ausscheidungsfahren“.

Er verweist noch auf den Olympiasieger: „Jaroslav Kulhavy, das ist ein spezieller Fall. Wenn der wegkommt, dann zieht er es durch, sofern er so stark ist wie beim Cape Epic“, zollt Platt großen Respekt vor Kulhavy.

Böhme: Im Tal der Ahnungslosen
Lokalmatador Tim Böhme äußert sich etwas skeptisch. „Mir fehlt die Wettkampfhärte, ich muss mich überraschen lassen.“ Die Schulter-Verletzung vom Cape Epic, die ihn zur Aufgabe und zur Trainingspause zwang hat ihm vor allem die Möglichkeit zu vorbereitenden Wettkämpfen geraubt. „Ich merke auch, dass mir das Cape Epic als Rundfahrt in meinem Aufbau fehlt. Eigentlich fühle ich mich nicht schlecht in Form, aber ohne Wettkampf weiß man nie, was es wert ist. Ich habe im Grunde in einem Tal der Ahnungslosen trainiert“, meint der Singener, der inzwischen in Frankfurt lebt.

Centurion-Vaude: Keine Festlegung auf einen Kapitän
Das Team Centurion-Vaude gebührt die Außenseiter-Rolle. Zumindest was die Medaillen angeht. Jochen Käß lag auch schon bei Weltmeisterschaften in Reichweite von Edelmetall, aber gereicht hat es für den dreifachen Deutschen Marathon-Meister noch nie. Er betont, dass er als Semi-Profi gegen Vollprofis fährt.

„Wir werden uns nicht vorher auf einen Kapitän festlegen, sondern schauen wem es nach einer Runde noch gut geht“, erklärt Käß, der in der Vorbereitung auch mit einem Infekt zu kämpfen hatte, der ihm einige Trainingszeit raubte.
Teamkollege Markus Kaufmann hat sich nach seinem Schlüsselbein-Bruch Ende Februar schon wieder gut in Form gebracht. Was die beiden Deutschen im Verbund mit ihren österreichischen Teamkollegen Daniel Geismayr und Hermann Pernsteiner ausrichten können, bleibt abzuwarten.

www.hegau-bike-marathon.de

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