Nachgedreht: Der Bundesliga-Klassiker in Münsingen

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Start der Damen: Siegerin Maja Wloszczowska zwischen Alexandra Engen und Gunn-Rita Dahle-Flesjaa, daneben Irina Kalentieva ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

Von einem der schneller fährt, als der Sieger und doch neben dem Podest landet, von einem tiefsitzenden Sprint-Sieger, einem heimlichen Sieger, vier Millionen Zuschauer für den Klassiker, einem gelungenen Comeback, einem Schock für die Beine und einem Debakel. Was aus Münsingen bis jetzt noch nicht geschrieben war.

Fabian Giger (Giant Pro XC) verließ Münsingen etwas gelassener, als in den Wochen zuvor Bad Säckingen und Schaan. Der Start gelang nicht so gut. Einerseits war er etwas eingeklemmt, andererseits ging es in der ersten Runde auch nicht so gut. Am Ende des Rennens fehlten ihm 24 Sekunden auf den Sieger Henrique Avancini (Caloi Team), 26 hatte er bereits in der ersten Runde verloren. Klar, dass er das so kommentierte: „Es ging schon besser als zuletzt. Die Form kann nicht so schlecht sein.“

Thomas Litscher (Multivan-Merida) wurde Achter. Man hätte den Schweizer etwas weiter vorne erwartet. Der Centurion Sprint, den er am späten Nachmittag gefahren und gewonnen hatte, könnte eine Erklärung für eine etwas gebremste Leistungsfähigkeit sein. „Ab der dritten Runde hatte ich mit dem Rücken Probleme und der Sattel ist verrutscht. Deshalb bin ich so viel wie möglich im Stehen gefahren, um das Beste draus zu machen“, erzählte Litscher von einem anderen Einfluss-Faktor. Aber unzufrieden sei er nicht, meinte er. „Es sind ja keine Würste vor mir“, meinte Litscher mit Blick auf die Konkurrenz.

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Thomas Litscher: Der Sprint hat vielleicht etwas gezehrt. ©EGO-Promotion

Wolfram Kurschat (Topeak-Ergon) war zwar nur 19., aber doch ein bisschen ein heimlicher Sieger. „Ich weiß nicht, ob es das erste Rennen war, was mir Probleme machte. Das Tempo war so hoch, das ich zwischendurch dachte, ich breche zusammen. Das war ja wie ein Straßenrennen“, meinte Kurschat. Auf der Heimfahrt nach Neustadt schnupperte er immerhin am Duft des Sieges, denn er hatte Henrique Avancini im Auto. Der und sein brasilianischer Teamkollege Sherman Trezza de Paiva (32. in Münsingen) logieren zur Zeit in Neustadt und Kurschat kümmert sich ein wenig um das südamerikanische Duo. Die beiden Caloi-Biker wollen künftig in der Pfalz Quartier beziehen und von hier aus die europäische Weltcup-Tour bestreiten.

Die polnische TV-Station TVN begleitete Maja Wloszczowska bei ihrem Comeback in Münsingen. Interviews im Hotel und mit Konkurrentin Gunn-Rita Dahle-Flesjaa gehörten auch zum Programm, das am frühen Sonntagabend in Polen ausgestrahlt wurde. „Vier Millionen Zuschauer“, so Reporter Jaroslaw Kostowski würden die Sendung verfolgen. Das sind Zahlen, da kann man sich in Deutschland nur die Augen reiben. Im Blick auf die Einwohnerzahl ist das sogar noch doppelt so viel wert. So dürften jetzt ein paar mehr Polen den Namen Münsingen gehört haben. Gibt’s die Nudeln von Hauptsponsor Alb-Gold eigentlich auch in Polen?

Noch ein Comeback: Nachdem sie vergangenen Sommer schon in Saalhausen mal wieder bei einem Cross-Country-Rennen aufgetaucht war, stand Nina Wrobel in Münsingen am Start. Die Freiburgerin fährt jetzt für Fujibikes-Rockets und sie tat es beim Klassiker als Zehnte schon mal ziemlich gut. All zu viel trainiert hat sie bisher nicht, aber Talent bleibt Talent. Nach wie vor ist sie die letzte Deutsche, die einen Weltcup gewinnen konnte. Das war 2006 in Fort William. Danach begannen körperliche Probleme. Jetzt hat sie ihr Medizinstudium hinter sich und den Doktortitel vor dem Namen. „Es hat Spaß gemacht, aber der dritten Runde lief es ganz gut. Zum Schluss musste ich kämpfen, Helen Grobert kam noch stark auf“, erklärte Nina Wrobel. Übrigens: Die Siegerin in Münsingen, das ist quasi eine alte Bekannte. Maja Wloszczowska ist der gleiche Jahrgang wie Nina Wrobel und in Juniorinnenzeiten haben sich die Beiden einige interessante Duelle geliefert.

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Nina Wrobel, hier vor Barbara Benko, war bei ihrem ersten Saisonrennen flott unterwegs. ©Erhard Goller

Gunn-Rita Dahle-Flesjaa ist in Münsingen – und an vielen anderen Orten – Rekordsiegerin. Dieses Jahr bekam sie eine kleine Packung. Fast sechs Minuten Rückstand auf Wloszczowska, mit der sie Ende Mai auf Augenhöhe sein will. Ein Teil des Rückstands erklärt sich aus dem bösen Crash nach kaum 500 Metern, der für Olympiasiegerin Julie Bresset das Aus bedeutete. Dahle-Flesjaa hielt Daumen und Zeigefinger ganz nah zusammen: „Ich habe extrem Glück gehabt, ich bin sooo knapp an einem Sturz vorbeigeschrammt. Ich bin voll in die Bremse gegangen und kam direkt davor zum Stehen“, schilderte die Multivan-Merida-Bikerin die dramatische Szene.
Der Rest? „Die Beine und der Körper waren total geschockt“, erklärte Dahle-Flesjaa. Nicht vom Beinahe-Crash, sondern von dem, was das erste Saisonrennen von ihnen forderte. „So ist das eben im ersten Wettkampf. Klar wäre ich gerne in die Top-Fünf gefahren, aber dafür war ich heute nicht gut genug. Mit diesem Start sowieso“, analysierte die Norwegerin.

Die 27. Auflage des Frühjahrsklassikers auf der Schwäbischen Alb war durchaus eine gelungene. Die sonntäglichen Cross-Country-Rennen fanden vor einer ansehnlichen Zuschauerkulisse statt, wenn auch nicht vor einer rekordverdächtigen. In Münsingen musste man ja auch auf die Zugkraft der bekanntesten deutschen Fahrer verzichten. Manuel Fumic, Moritz Milatz und Sabine Spitz waren anderweitig unterwegs. Beim Damen-Rennen füllte Adelheid Morath (Sabine Spitz-Haibike) die Lücke die Rolle als deutsche Identifikationsfigur hervorragend aus.

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Eine schöne Zuschauerkulisse beobachtet hier Herren-Sieger Henrique Avancini ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

Bei den Herren gab’s allerdings ein kleines Debakel, nachdem Markus Schulte-Lünzum (Focus) kraftlos ausgestiegen war.Weder Bulls-Biker Simon Stiebjahn („noch nicht erholt von der Cape Epic“), noch Andy Eyring (Bergamont) oder Marcel Fleschhut („es geht langsam aufwärts“) waren in der Lage an den Top-Ten zu kratzen. So musste sich Torsten Marx (black tusk) wundern, dass er als 17. bester Deutscher wurde. „Schon krass“, meinte er mit Blick auf die 21 Nationen, „da sieht man wie international die Bundesliga geworden ist.“ Oder aber, wie weit die zweite Reihe hinter Fumic und Milatz noch weg ist von der Spitze. Zumindest in Münsingen. Warten wir mal wie es in Heubach geht.

Ein zweiter Wermutstropfen im Wochenende, waren die Zeitverzögerungen beim Eliminator Sprint. Ein System-Crash beim Zeitmesser, ein zu enger Zeitplan und eine zu wenig straffe Handhabung beim Start der Finalläufe zogen den Event in die Länge.

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