U23-DM Wombach: Das Schaufenster in die Zukunft

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DM-Titelverteidiger Georg Egger ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

So viele Medaillenkandidaten wie in diesem Jahr konnte man vor der U23-DM der Herren noch nie aufzählen. Die Qualität der deutschen U23-Herren ist aber auch international hoch, wie Georg Egger, Lukas Baum, Max Brandl, Luca Schwarzbauer und Ben Zwiehoff bewiesen haben. Der Letztere startet allerdings im Elite-Rennen. Eine kleine Gesamtschau der Nachwuchs-Kategorie – auch bei den Damen um Titelverteidigerin Sofia Wiedenroth.

 

Die U23-Kategorie findet unter den Experten seit jeher große Beachtung, weil dort die Zukunft zu besichtigen ist. Wer dort (international) auffällt, für den könnte die Tür in den Profi-Zirkus aufgehen.

Nun haben die deutschen U23-Biker bei der WM überzeugt und das eine Woche später beim Weltcup in Lenzerheide bestätigt. Drei Deutsche unter den besten Zehn bei der WM, das gab es noch nie. Und dabei kamen zwei weitere (Max Brandl und Luca Schwarzbauer) in Nove Mesto wegen Krankheit nicht an ihr Leistungsvermögen heran.

Sicher, es gab weder eine EM- noch eine WM-Medaille. Ein vierter Platz von Ben Zwiehoff (Bergamont-Hayes) bei der EM, ein vierter Platz von Georg Egger (Lexware Mountainbike Team) bei der WM, waren davon aber nicht so weit entfernt.

Dass es zwei verschiedene Fahrer sind, deutet an, dass es sich nicht um das eine Supertalent handelt. Seit den ersten 2000er-Jahren gab es diese Dichte an international konkurrenzfähigen U23-Fahrern aus Deutschland nicht mehr.

Selbst die Generation Jochen Käß, Hannes Genze (beide Jahrgang 81), Tim Böhme, Johannes Sickmüller und Manuel Fumic (alle 82), die dann 2004 im U23-Weltmeistertitel von Fumic gipfelte, war nicht so gut aufgestellt wie die aktuelle. Im Vergleich muss man einschränkend anführen, dass es damals noch keinen U23-Weltcup gab und die jungen Fahrer in der teilweise mehr als 200-köpfigen Masse eines Elite-Weltcups verschwanden.

 

Drei Junioren-WM-Medaillengewinner

Nachdem Ben Zwiehoff die Weichen bereits in Richtung Elite gestellt hat und am Sonntag bei den Herren ins Rennen geht, bleiben immer noch etliche vielversprechende Nachwuchs-Fahrer. In der U23 werden gleich drei Medaillen-Gewinner von Junioren-Weltmeisterschaften zu sehen sein. Lukas Baum (Koch Engineering-Müsing Bikes, Weltmeister 2013), Luca Schwarzbauer (Bronze 2014) und Max Brandl (beide Lexware, Silber 2015) sind DM-Medaillenkandidaten oder gar Titel-Anwärter.

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Titelkandidat und Hoffnungsträger: Lukas Baum ©Erhard Goller

Georg Egger könnte man nach seinen letzten internationalen Resultaten als Favoriten betrachten, doch wenn alle Kontrahenten in einer Startreihe stehen, ist das noch mal eine andere Art von Rennen.

„Den Weltcup habe ich gut verdaut“, lässt er nach einer Trainingseinheit am Mittwoch wissen. Er hat inzwischen drei harte Wettkampf-Wochenenden hinter sich und hat sie „so gut wie noch nie“ verdaut. Allerdings weiß er auch, dass die DM kein Selbstläufer wird.

Egger hat sich 2014 und 2015 den Titel geholt. Ein Hattrick in der U23, das gelang bisher nur Manuel Fumic, dem von 2001 bis 2004 alle vier Meisterschaften dominierte.

 

Viele Optionen für die DM und die Zukunft

Doch die Konkurrenz ist zwölf Jahre später größer. Außer den genannten Vieren, von denen Max Brandl als Lokalmatador besonders motiviert sein dürfte, darf man weitere Namen aufzählen, die zumindest als Medaillengewinner keine Überraschung wären:

Vorjahres-Vizemeister Martin Frey (Team Bulls) in seinem letzten U23-Jahr. Johannes Bläsi (Freiburger Pilsner-AfK), der knapp an einer WM-Nominierung vorbeischrammte und 2015 das KMC Bundesliga-Rennen in Wombach gewonnen hat. Sven Strähle (MHW-Cube), der im Vorjahr schon Dritter war. Tobias Eise (HWG Gedern), dessen Leistung beim U23-Weltcup in Lenzerheide (von 97 auf 49) sich vielleicht erst am Sonntag richtig einordnen lässt. Robin Hofmann (Haibike-Ötztal), auch ein Lokalmatador, der eine Option auf die Zukunft ist.

David Horvath (Lexware) mag dieses Jahr nach dem Abitur noch nicht so weit sein, doch als Vierter 2015 (im jüngsten Jahrgang) gehört er ebenfalls zum deutschen Talentschuppen. Sein ein Jahr jüngerer Teamkollege Lars Koch ebenfalls.

Philipp Bertsch (MHW-Cube), gleicher Jahrgang wie Egger und Baum (95) ist ein wenig von der Bildfläche verschwunden, besitzt aber ebenfalls Potenzial.

Zwölf Namen, die bei der U23-DM für eine spannende Ausgangslage sorgen. Und man müsste da noch gar nicht aufhören. Mit Mark Kindler (Link Rad Quadrat, Jahrgang 97), zum Beispiel, ist da auch noch einer, der sein Talent noch, auch aufgrund von Verletzungen, noch nicht so richtig entfalten konnte.

 

Fumic: Über die U23 hinaus denken

Was beim Blick ins Schaufenster Zukunft Hoffnung macht, ist die Leistungsdichte. Nur ein kleiner Teil wird es ins Profi-Lager schaffen, doch je größer die Anzahl an Talenten, desto größer die Chance, dass der eine oder andere oben ankommt und in die Lücke stößt, die Manuel Fumic und Moritz Milatz bald hinterlassen werden.

Wie schwer das ist, auch bei Erfolgen in der U23, zeigen die Beispiele von Markus Schulte-Lünzum (U23-Weltcup-Sieger 2013) oder Julian Schelb (U23-Vizeweltmeister 2013). Der eine sucht nach der Balance, dem anderen machte die Allergie einen Strich durch die Rechnung.

Mit Erfolgen bei den Junioren und in der U23 darf sich ein Sportler nicht zufrieden geben. „Er muss schon darüber hinaus denken und sich eine Perspektive als Profi zu eigen machen“, sagt mit Manuel Fumic einer, der es wissen muss.

Das Ergebnis bei der DM wird für den Einzelnen von unterschiedlicher Bedeutung sein, internationale Resultate sind wichtiger. Doch das Rennen ermöglicht einen unverstellten Blick auf die Relationen.

 

U23 Damen: Eine dünne Schicht

Jetzt ging es hier viele Zeilen lang um die Herren. Bei den Damen stellt sich die Situation völlig anders dar, zum Jubeln gibt es da aus Sicht des BDR nicht so viel. Aus einer großen Masse konnte man da noch nie schöpfen, was im Übrigen auch im erfolgreicheren Nachbarland Schweiz nicht der Fall ist. Die Schicht ist ebenfalls dünn, es kommen aber mehr oben an.

In der Vergangenheit gingen einige deutsche Hoffnungsträgerinnen durch Verletzungen verloren. Mona Eiberweiser und Johanna Techt zum Beispiel.

Schwer einzuschätzen, was die aktuelle Generation künftig imstande ist zu leisten.

Titelverteidigerin Sofia Wiedenroth (AMG-Rotwild) ist international von den Allerbesten noch etwas entfernt, doch wenn sie gesund bleibt, könnte sie nächstes Jahr noch mal einen Sprung machen.

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Titelverteidigerin: Sofia Wiedenroth ©Erhard Goller

Am Sonntag könnte Lena Putz (Genesis Entireinfra) in ihrem letzten U23-Jahr die große Konkurrentin sein, doch bis dato gab es noch kein Aufeinandertreffen. Nach ihrer schweren Verletzung im vergangenen Jahr hat sich Putz im Cross-Country (zwangsweise) rar gemacht.

Dahinter sind mit Antonia Daubermann (Global Fine Arts/Stevens) und Clarissa Mai (Link Rad Quadrat) zwei aus dem jüngsten U23-Jahrgang, denen man mittelfristig durchaus was zutrauen kann. Wenn sie den langen Atem beweisen, der notwendig ist.

Jessica Benz (raceextract), Felicitas Geiger (Haibike-KMC) besitzen Anlagen, von denen man nicht weiß wie weit sie reichen werden. Und ob sie die Chance bekommen, sie zu entfalten.

Von Majlen Müller (Fujbikes-Rockets), die in ihrem letzten U23-Jahr unterwegs ist, konnte man 2016 noch nicht viel sehen. Aber die Qualitäten, in Wombach um eine Medaille zu kämpfen, hat sie sicherlich.

 

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