Weltcup Albstadt Nachgedreht (1): Eine runde 30 und 9+8=6

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Geschichtsträchtig: Julien Absalon holt sich seinen 30. Weltcupsieg ©Lynn Sigel

Albstadt-Weltcup Edition No 3 ist Geschichte und hat welche geschrieben. Von Rekorden und Serien. Von einer roten Übermacht. Von Gänsehaut im Bullentäle. Von einem Reißbrett. Von Fahrern, die man dreimal überholen muss. Von purzelnden Fahrern, Rechenfehlern und verrückt spielenden Körpern. Nachgedreht, was vom Weltcup in Albstadt hier noch nicht geschrieben stand.

Mit einer „30“ stand Julien Absalon (BMC Racing) in Albstadt auf dem Podium und zur Ehrung des besten Teams in der Tageswertung waren die Betreuer alle mit einem entsprechenden T-Shirt-Aufdruck erschienen. Die hatte man vorsorglich drucken lassen, nach dem Motto: irgendwann wird’s schon passieren.

„Ich habe nichts davon gewusst“, schüttelte Absalon den Kopf, freute sich aber über diese Geste genauso wie über seinen 30. Weltcup-Sieg selbst.
Ob er denn jetzt die 40 anpeilen würde, wurde er im Pressegespräch gefragt. „Noch zehn Siege in zwei Jahren, das wird wohl kaum gehen“, meinte er lachend. Soll heißen: 2016 ist dann Schluss.

Der 30. wurde ihm von Nino Schurter (Scott-Odlo) quasi auf dem Präsentierteller serviert, nachdem sich der Schweizer durch einen „dummen Sturz“ 300 Meter vor dem Ziel selbst um seinen 15. gebracht hatte.

Siege kommen natürlich immer mal wieder glücklich zustande und ein Makel ist das nicht. Es ist übrigens genau ein Jahr her, dass Absalon sein letztes Weltcup-Rennen gewinnen konnte – auch in Albstadt. Danach füllte Schurter die Saison mit drei Siegen auf.

Noch ein paar Zahlen zum Jubiläum: Es ist das 13. Jahr in Folge, dass der Franzose immer mindestens ein Weltcup-Rennen gewinnen konnte. Den ersten Sieg markierte er 2001 in Durango, 2002 gewann er keines, aber seit 2003 hält die Serie.
Er führt die ewige Bestenliste vor Thomas Frischknecht (17) und Nino Schurter (14) an. Könnte sein, dass Schurter seinem Teamchef dieses Jahr noch auf die Pelle rückt.

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Aus 3 wird 1, aus 1 wird 3, und der Rest wiederholt sich. Neues Rennen, völlig anderer Kurs und dennoch stehen auf dem Podium in Albstadt genau dieselben fünf Herren wie in Nove Mesto. Nur Absalon und Kulhavy tauschten die Plätze und damit auch das Trikot. Der Franzose trägt jetzt das weiße Leaderjersey.

Die Mode-Farbe fürs Podium scheint bei den Herren in dieser Saison rot zu sein. Abgesehen von der weißen „Verkleidung“ stecken die Top Fünf Julien Absalon (auch BMC hat Rot), Nino Schurter, Jaroslav Kulhavy, Florian Vogel und Mathias Flückiger alle in Rot-Tönen. Schurter natürlich nur weil er Schweizer Meister ist.

Diese fünf Herren liegen nach zwei Rennen auch in der Gesamtwertung vorne, natürlich. Weil’s dahinter eher kunterbunt zugeht, lautet die Rechnung dahinter: 9+8=6! Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing) ist Sechster.

Bei den Damen sind die Verhältnisse klar: Jolanda Neff (Stöckli Pro Team) hat zwei Siege auf ihrem Konto, Gunn-Rita Dahle-Flesjaa (Multivan-Merida) zwei zweite Plätze, Catharine Pendrel (Luna Pro) liegt mit Rang 3 und 4 auf dem dritten Platz. Helen Grobert (Ghost Factory Racing) ist Siebte.

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Starker Auftritt: Matthias Stirnemann ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Matthias Stirnemann (Möbel Märki) tauchte in der ersten Runde an (noch) ungewohnter fünfter Position auf, registrierte dann für sich aber, dass die Luft da vorne noch ein wenig zu dünn für ihn war. Der Schweizer ließ ein wenig locker, fuhr aber mit Reto Indergand (BMC Racing) bis zur vorletzten Runde auf den Plätzen zehn und elf.

Dann musste er Tribut zollen, wie Indergand etwas später auch und verlor noch eine Position. Der zwölfte Platz war indes eine Bestätigung seiner Leistung von Nove Mesto (13.).
„Am Anfang konnte ich einfach fahren“, wird er in einer Pressemitteilung fast verwundert über sich selber zitiert. Stirnemann verwies auch auf die Stimmung: „Mein Scott Scale trug mich, gemeinsam mit der Menge im Bullentäle den Berg hoch – da kriegst du Gänsehaut“.

Reto Indergand wurde 15. und war damit der siebte Schweizer, der unter den besten 15 das Ziel erreichte.

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Thomas Litscher (Multivan-Merida) konnte seinen achten Platz von Nove Mesto nicht wiederholen. Der Schweizer startete gut, bekam dann aber Rückenprobleme und quälte sich zu einem 43. Platz. Erst in den letzten beiden Runden ging es ihm wieder besser.

Nathalie Schneitter vor Kathrin Stirnemann ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion
Nathalie Schneitter vor Kathrin Stirnemann ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Nathalie Schneitter (Rose Vaujany fueled by Ultrasports) beendete den Albstadt-Weltcup auf Platz 22. Für die Ex-Weltcupsiegerin ein weiterer Schritt in Richtung Weltspitze. Dabei ist die steile Strecke in Albstadt ist nun nicht unbedingt ihr bevorzugtes Terrain.
„Ich habe mich das gesamte Rennen über an unseren Plan gehalten,….alles lief wie erhofft. Es war ein Rennen, eins zu eins wie am Reißbrett geplant“, so Schneitter in einer Pressemitteilung zu ihrem Auftritt.

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Markus Schulte-Lünzum (Focus-XC) beendete das Rennen auf Platz 49. Das war schon mal besser als in Nove Mesto, aber es hätte im günstigen Fall auch noch weiter vorne sein können.
„Es war schon einiges besser, der richtige Rhythmus fehlt halt immer noch“, kommentierte der Deutsche Meister seine Eindrücke.
Der Start gelang nicht so gut, doch dann fing er an Plätze gut zu machen. Zweimal wurde er jedoch in seinem Vorwärtsdrang gebremst. In der zweiten Runde, da war er schon auf Platz 50 angekommen, fiel ihm bei einem Schaltvorgang die Kette vom Kettenblatt und verklemmte sich.

So musste er viele Überholvorgänge noch mal vollziehen. „Das war schon frustrierend, die gleichen Fahrern wieder zu überholen“, bekannte Schulte-Lünzum.
Dem war noch nicht genug, denn später flog er noch von der Strecke. „Da hat mich ein anderer Fahrer in einer Spitzkehre von der Strecke geschossen“, beschrieb der 23-Jährige die Situation, die ihn wiederum um mehr als zehn Positionen zurück warfen.

„So habe ich einige Fahrer gleich dreimal überholt. Sonst hätte es wahrscheinlich zu einem ordentlichen Ergebnis gereicht. Ich muss auch sagen, dass es nicht so einfach war nach den kleinen Rückschlägen direkt wieder in den Rhythmus zu kommen. Der fehlt ja zur Zeit sowieso etwas“, bilanzierte Schulte-Lünzum.

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Zeitgleich mit Schulte-Lünzum kam Wolfram Kurschat (Koch Engineering-Müsing) als 50. ins Ziel. An 45. Stelle liegend und im Vorwärtsgang fahrend, verdarb ein Sturz in der vorletzten Runde eine durchaus mögliche Top-40-Platzierung. Im Downhill Devils Corner, dem höchst gelegenen Streckenteil, stürzte der 40-Jährige. „Ich bin die Böschung runter gepurzelt in die Zuschauer rein“, berichtet Kurschat. Das kostete ihn wieder etliche Positionen.

„Auf dieser Strecke ist man gezwungen in den breiteren Anstiegen zu überholen. Ich hatte direkt zuvor fünf Leute passiert und habe dann schon gemerkt, dass ich nicht mehr zu hundert Prozent konzentriert war“, so Kurschat.
Kurz vor dem Ziel kam noch Schulte-Lünzum angeflogen und jagte an ihm vorbei.

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Wolfram Kurschat: Sturz in der vorletzten Runde kostet Plätze ©Lynn Sigel


Simon Stiebjahn
(Team Bulls) blieb als 55. hinter seinen eigenen Erwartungen zurück. Der Start gelang ihm nicht so gut, doch auch als sich der Stau aufgelöst hatte, lief es nicht wie gewünscht. „Wenn ich gut drauf gewesen wäre, dann hätte ich Plätze gut gemacht. Aber ich habe mich so eingependelt auf meiner 65. Position“, so Stiebjahn. Nur in seiner letzten Runde habe er sich gut gefühlt. Das brachte auch gleich zehn Positionen ein, doch um auch noch in die achte Runde zu kommen, hätte er zu diesem Zeitpunkt ungefähr eine Minute schneller sein müssen.

Direkt hinter ihm wurde Martin Gluth (Novus-OMX) aus dem Rennen genommen. Er war als 56. der sechste deutsche Fahrer, der Weltcup-Punkte verbuchte. Wenn auch nicht viele.

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Bei Adelheid Morath (BH-Sr Suntour-KMC) platzte bei ihrem Lieblings-Weltcup nicht wie erhofft der Knoten. „Es geht in die falsche Richtung“, sagte sie nach ihrem 29. Platz. Die Deutsche Meisterin fühlt sich im Training gut, aber in den Rennen konnte sie das in den vergangenen Wochen nicht mehr umsetzen.

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Bisschen verrechnet worden: Hanna Klein ©Lynn Sigel

Hanna Klein (BH Sr Suntour-KMC) beendete das Damen-Rennen auf Rang 36. Im Moment scheint für die studierte Sportwissenschaftlerin nicht viel mehr möglich. Dass ihr Team-Manager Pierre Lebreton durch einen Rechenfehler noch eine harte letzte Runde bescherte, fiel nicht zu sehr ins Gewicht.

Lebreton hatte ihr in der vorletzten Runde mitgegeben, dass sie Gas geben müsste, um der 80-Prozent-Regel zu entgehen. Aber es hätte auch so gereicht. Lebreton entschuldigte sich bei seiner Fahrerin für das große Leiden in der Schlussrunde, wo sie Rang 35 noch an Katrin Leumann (Ghost Factory Racing) verlor.

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Die Schweizerin überstand ihr Comeback nach Knochenbrüchen und Blinddarmentzündung im Rennzirkus einigermaßen passabel.
„Für meine Konstitution bin ich wirklich froh das Rennen recht konstant zu Ende gefahren zu haben“, heißt es in einer Pressemitteilung des Teams. „Klar hätte es etwas schneller gehen dürfen, aber aufgrund der Umstände bin ich wirklich zufrieden.“

Teamkollegin Lisi Osl gab „erstmals seit Jahren“ wieder ein Rennen auf. Am Morgen hatten sich Halsschmerzen bemerkbar gemacht. Sie versuchte es, beendete die Konkurrenz aber in der zweiten Runde. „Im Nachhinein wäre es vielleicht besser gewesen das Rennen gar nicht zu fahren. Mein Körper hat verrückt gespielt und ich hätte mir wohl mehr Schaden zugefügt (wenn ich nicht aufgegeben hätte)“.

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Elisabeth Brandau (Radon-EBE Racing) hat als 50. Weltcup-Punkte gesammelt. Das war für die junge Mutter ein weiterer kleiner Schritt nach vorn. Am Berg konnte sie in diesen Regionen schon ganz gut mithalten, nur bergab tat sie sich noch ein wenig schwer. So war sie mit sich ganz zufrieden, wie es in einer Pressemitteilung des Teams heißt.

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