Weltcup Méribel Nachgedreht: Eine schöne Siegerin und die Blumen der Hoffnung

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Racing for Annefleur: Jolanda Neff und eine vielsagende Geste bei der Zieldurchfahrt. ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

Von einem Tag mit einem Schleier der Trauer und Betroffenheit, von der Schwierigkeit zu Leiden, von einem verdrehten Lenker – oder war’s der Sattel? und von einem Geburtstagsständchen. Von zwei Freiburgerinnen, einer Österreicherin, einer Italienerin und einer Französin – alle im gleichen Rennen. Nachgedreht, was hier noch nicht geschrieben stand.

Vieles stand in Méribel unter dem Eindruck des tragischen Unglücks vom Freitag. Der Fassungslosigkeit und die Anteilnahme am Tod von Annefleur Kalvenhaar (†) kam in unzähligen Kommentaren zum Ausdruck. Über dem finalwürdigen Weltcup-Abschluss in Frankreich lag ein Schleier von Betroffenheit und Trauer, der an vielen Stellen die Euphorie bremste und Widrigkeiten wie Defekte zu unbedeutenden Ereignissen relativierte. Freude und Jubel über Erfolge hatten ihren Platz, aber sie waren nicht so ausgelassen wie sonst und manchem Sportler und Betreuer standen Tränen in den Augen.

Die Blumen an der Startnummer und die Gedenkminuten vor jedem der vier Rennen waren Gesten, die der Erinnerung Raum gaben.
Auch Jolanda Neff, die Annefleur Kalvenhaar seit einem gemeinsamen Technik-Trainingslager mit Giant vor eineinhalb Jahren in Barcelona kannte, hat der Tod ihrer damaligen Zimmergenossin „sehr mitgenommen“.

Im Rennen habe sie das eigentlich ausschalten können, so Neff. Mit einem Finger und dem Blick gen Himmel und einer Hand auf dem Herz fuhr sie ins Ziel. „Hinterher hat es mich eingeholt“, bekannte die Schweizerin, die nach den TV-Interviews und der Flower-Zeremonie von ihren Gefühlen übermannt wurde.

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Für Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) war Platz 30 „nicht unbedingt das, was ich mir vorgestellt habe.“ Es sei schwer gewesen für ihn, „zu leiden, zu kämpfen“, obwohl er in den steilen Anstiegen schon immer gedacht hätte: „Du darfst nicht aufgeben, dass hätte Fleur auch nicht gemacht.“
Der Deutsche Meister wirkte ziemlich bedrückt. „Es war ja kein einfaches Wochenende“, meinte er. Dem ist nicht zu widersprechen.

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Simon Stiebjahn (Team Bulls) kam nach dem Start nicht mal 20 Meter weit, da ging er schon zu Boden. So wie es auf Fotos aussieht war der Spanier Carlos Coloma (MMB) nicht ins Pedal gekommen und beförderte dabei Simon Stiebjahn zu Boden. Dass danach noch Platz 44 heraus gekommen ist, das ist schon beachtlich, denn ohne Handicap kam Stiebjahn nicht aus der Nummer raus.

„Ich bin los gefahren und dachte mein Lenker sei verdreht, aber ich habe dann gemerkt, dass es der Sattel war. Nach ein paar hundert Metern gab es Stau und da habe ich versucht den Sattel wieder gerade zu drehen, aber es ging nicht“, erzählt Stiebjahn.

Bis zur nächsten Technischen Zone, einmal den Berg rauf und wieder runter, fuhr er im Stehen. Dann wurde das Malheur korrigiert und es ging von der allerletzten Position aus noch auf diesen 44. Platz. Wer würde dem Schwarzwälder widersprechen wenn er sagt: „Das hätte viel besser werden können heute.“ Die Beine seien jedenfalls ganz gut gewesen nach der Trans-Schwarzwald.

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José Antonio Hermida
(Multivan-Merida) erreichte das Ziel als Zehnter und bekam ein Ständchen. Der Spanier wurde am Sonntag 36 Jahre alt. Insgesamt sah er einen Fortschritt gegenüber den Nordamerika-Weltcups. „Mein Start war diesmal besser, nur am Schluss bin ich eingegangen. Er hatte sich in bester Kameradschaft befunden. Mit seinen beiden Ex-Teamkollegen Ralph Näf und Moritz Milatz (jetzt beide bei BMC) hatte er sich in einer Gruppe von Platz acht bis zehn befunden, ehe er in der Schlussphase „einbrach“, wie er bekannte. Na ja, hoffen wir, dass er da nicht mal ein Handicap gegen ein anderes eingetauscht hat…

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Nathalie Schneitter, Lisi Osl und Hanna Klein im zweiten Anstieg. ©Erhard Goller

Auch für Hanna Klein (BH Sr Suntour-KMC) war der Tag in den Savoyen nicht so, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Dass die Form nicht mehr die vom Frühjahr ist, warum auch immer, das war das eine. Sie beklagte auch, dass sie die Slowakin Janka Stevkova ewig lange nicht los werden konnte.

„Sie war am Berg zu stark, so dass ich nie an ihr vorbei gekommen bin, um als Erste in die Abfahrt zu gehen. Da konnte ich nie mein Tempo fahren. Das war ganz schön nervig“, meinte Klein. Mit dem 34. Rang wird es für sie wohl nichts werden mit der Weltmeisterschaft.

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Nina Wrobel (Merida-Schulte) kam als 36. 50 Sekunden hinter Klein ins Ziel. Auch sie hatte sich mehr erhofft. „Beim Warmfahren war es super, aber im Rennen war dann Schluss sobald das Laktat kam“, erzählte Nina Wrobel. Sie wird von ihrem Stoffwechsel nach wie vor immer mal wieder überrascht. „Ob es mit der Höhe zu tun hatte, das weiß ich nicht. Die letzten zwei Runden liefen besser. Platz 36 ist nicht gut, aber auch nicht soo schlecht“, meinte sie.

Pauline Ferrand Prevot (Liv Pro XC) stürzte während sie mit Gunn-Rita Dahle-Flesjaa um Rang zwei kämpfte. Der Bremshebel war verbogen und das Handgelenk schmerzte. „Nichts gebrochen, nur geprellt“, meldete die Französin nach einer Röntgenaufnahme. „Vor dem Sturz habe ich auf mehr gehofft, aber es war mein Fehler“, meinte die zweifache Saison-Siegerin zu ihrem dritten Rang.
Und per Twitter verteilte sie noch Komplimente: „Unglaubliches Publikum“ an die lautstarke Zuschauerkulisse. Und an eine „sehr schöne Siegerin“ (très belle vainqueur) „in Person von Jolanda Neff. Glückwunsch an sie.“
Angesichts des Zwistes nach den U23-Europameisterschaften in St. Wendel, seit der sie nicht mehr aufeinander getroffen waren, darf man das als eine nette Geste werten.

Eva Lechner (Colnago Südtirol) beendete in Méribel eine längere Durstrecke. Nachdem sie im April den Weltcup in Australien noch gewonnen hatte, wurde sie durch Probleme mit den Atemwegen zurück geworfen. Jetzt ist die Italienische Meisterin wieder da.
Nachdem sie in der Startphase durch einen Rempler beinahe zu Fall gekommen war und deshalb nicht optimal weg kam, arbeitete sie sich von Rang neun noch aufs Podium nach vorne. In der letzten Runde überholte sie noch Maja Wloszczowska (Liv Pro XC) und wurde Fünfte.

„Ich bin erleichtert“, sagte sie, während sie sich auf der Rolle ausfuhr und dabei das Herren-Rennen beobachtete. „Es gibt im Leben und im Sport eben Höhen und Tiefen“, sagte sie und es schwang dabei auch die Betroffenheit um den Tod von Annefleur Kalvenhaar mit.

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Lisi Osl (Ghost Factory Racing) war in der Startphase in den Sturz verwickelt, der auch Adelheid Morath ausgebremst hatte. Das brachte die Österreicherin so aus dem Konzept, bzw. kostete sie in der Aufholjagd so viel Energie, dass am Ende nur ein enttäuschender 30. Platz in der Ergebnisliste stand. Das Positive an diesem Tag war immerhin, dass sie in ihrem Ellenbogenkopf keine Schmerzen mehr hatte. Den hatte sie vor fünf Wochen gebrochen.

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