Weltcup Val di Sole Nachgedreht (1): Jetlag, Schüttelfrost und Lenkerbruch

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Erster Weltcupsieg für eine Dänin unter besonderen Umständen: Annika Langvad ©Michele Mondini

Wie frau nach 100 Meilen über 8700 Kilometer zum Sieg auf 28100 Metern kommt. Warum eine Olympiasiegerin keinen Druck aufs Pedal bekam und eine andere das Weltcup-Finale im Val di Sole abrupt beenden musste. Wie eine Deutsche ein kleines Ausrufezeichen setzt und warum einer anderen die Kraft fehlte. Positive und enttäuschende Nachrichten aus der Schweiz und ein verhindertes Comeback. Aus der Weltcup-Damenwelt nachgedreht, was hier noch nicht geschrieben stand.

 

Annika Langvad (Specialized Racing) war von ihrem ersten Weltcup-Sieg überwältig. Und vor allem überrascht. Acht Tage zuvor hatte sie das Leadville 100-Meilen-Rennen in Colorado bestritten – und gewonnen. Das liegt ungefähr 8700 Kilometer entfernt vom Val di Sole. Wie es dann zum Sieg über 28,1 Kilometern Cross-Country-Weltcup kommen kann, das war auch für die 31-jährige fast ein Rätsel. „Der Reisestress, der Jetlag, ich dachte, na, ich fahre einfach mal. Keine Ahnung, was dabei raus kommt. Ich kann es gar nicht fassen“, sagte die Dänin. Sie war in der Tat bei anderen Rennen schon mehr auf dem Zettel für ihren ersten Weltcupsieg. Es war übrigens auch der erste überhaupt für eine Dänin.

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Sabine Spitz war überhaupt nicht zufrieden mit ihrem Rennen, das sie auf Platz 16 beendete. Sie wurde in der Startphase auch durch das Getümmel gebremst, das am ersten Trail entstand. So kam sie nach 2,3 Kilometern erst als 33. an die Zeitmessung. Doch auch danach fühlte es sich „sehr zäh“ an, wie sie via Pressemitteilung wissen ließ. Bis auf Position 14 arbeitete sie sich nach vorne und den Begriff „arbeiten“ darf man hier fast wörtlicher nehmen. Eine gewisse Dynamik oder gar Leichtigkeit war in ihrem Tritt nicht zu entdecken.

„Ich habe keinen Druck aufs Pedal bekommen. Das war wirklich nicht das, was ich mir vorgenommen habe“, so Spitz.

Nachdem sie auf die Übersee-Weltcups verzichtet hatte, wollte sie beim Finale eigentlich noch mal auftrumpfen. Allerdings gab es zwei durchaus triftige Gründe, die Spitz’ Leistung nachvollziehbar machen. Einerseits lagen nur sieben Tage zwischen Trans-Schwarzwald und Weltcup und andererseits wurde sie danach von einem Magen-Darm-Infekt erwischt. Im Training habe sie sich zwar gut gefühlt, aber Training und Wettkampf sind halt zwei Paar Stiefel.

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Gunn-Rita Dahle-Flesjaa (Multivan-Merida) hatte im Val di Sole gleich zwei Probleme. Einerseits litt sie während der Woche an Magen-Darm-Problemen, die wohl von einer Lebensmittelvergiftung herrührten. Daher nahm sie das Rennen mit Bedacht in Angriff und hielt sich vornehm zurück. Sie war 14., als ihr in der zweiten Runde auf einmal der Lenker brach. Sie hatte Glück, weil das in einer Sektion passierte, in der sie ganz langsam unterwegs war. „Ich bin nicht mal gestürzt“, erzählte sie. „Ich bin froh, dass ich das heil überstanden habe und dass so was nicht passierte, als ich um den Sieg kämpfte“, zeigte sie sich dann auf eine gewisse Weise erleichtert. Glück im Unglück, nennt man so was.

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Zweitbestes Weltcup-Resultat ihrer Karriere: Nadine Rieder ©Erhard Goller

 

Nadine Rieder (AMG-Rotwild) bestätigte im Val di Sole ihre Leistung vom Sieg beim BMC Racing Cup in Basel. Platz 25 war das zweitbeste Weltcup-Ergebnis ihrer Karriere, nach einem 23. Rang vor zwei Jahren in Hafjell.

„Ich bin froh, dass ich noch mal zeigen konnte, dass sich meine Form im Cross-Country deutlich gebessert hat in dieser Saison“, kommentierte Rieder. „Während des Rennens ging es mir super und ich habe versucht mich nur auf mich und meinen Rhythmus zu konzentrieren, um ein konstantes Rennen fahren. Das hat auch gut geklappt.“

In der Startphase musste sie im Stau auch vom Rad, doch dann ging es schnell unter die besten 30. Im Gegensatz zu früher, als sie öfter mal hinten raus Boden verlor, wurde Rieder in den letzten beiden Runden wieder schneller. „Das zeigt mir, dass jetzt alles in die richtige Richtung geht“, meinte sie zufrieden. Das war schon ein kleines Ausrufezeichen, auch wenn die Saison jetzt schon langsam zur Neige geht.

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Elisabeth Brandau (Radon EBE Racing) stand am Sonntag am Start, trotz Fieberschub mit Schüttelfrost am Freitag. Die Reaktion wurde von einer Entzündung in der Brust ausgelöst. Erst am Sonntagmorgen entschied sie sich zum Start. Nach dem Startgetümmel fuhr sie sich bis auf Rang 31 nach vorne, bevor es wieder rückwärts ging. Dann stürzte sie auch noch auf ihr ohnehin lädiertes Handgelenk. Am Ende war es mit einer Runde Rückstand Platz 50. „Die Kraft hat halt gefehlt“, bekannte Elisabeth Brandau nach dem Rennen. „Schade, dass ich das Fieber hatte“, sagte die Schönaicherin, bereits wieder mit Sohn Maximilian auf dem Arm und einem Grinsen im Gesicht.

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Grüße an die Fans: Eva Lechner konnte nicht vom Podium ins Publikum winken ©Matteo Cappe

 

Eva Lechner (Colnago-Südtirol) blieb vor heimischem Publikum der erhoffte Sprung auf das Podium verwehrt. Die italienische Meisterin erwischte keinen optimalen Start, fuhr dann in die Verfolgergruppe um Helen Grobert nach vorne und machte dort auch ordentlich Dampf. Doch es reichte nicht.

„Ich wollte dranbleiben, aber weil ich zu Beginn nicht optimal weg kam und einiges aufholen musste, gingen mir am Ende etwas die Kräfte aus“, wird Eva Lechner in einer Pressemitteilung zitiert.

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Corina Gantenbein (Haibike-Ötztal) bot beim Weltcup-Finale ihre bisher beste Saisonleistung. Die Schweizerin beendete das Rennen auf Rang 15. „Heute ist es optimal aufgegangen. Die erste Runde war ich voll am Limit aber sonst lief es gut, ich bin zufrieden“, erklärte Gantenbein im Ziel.

Gantenbein war damit drittbeste Schweizerin, hinter Esther Süss (Wheeler-iXS), die sie in der letzten Runde noch überholt. Die 41-Jährige benötigte verhältnismäßig lange, bis sie in Schwung kam. „Ich hatte Mühe mit dem vielen Wasser in der Luft“, versuchte sie zu erklären, warum sie nicht genügend Sauerstoff bekam. „Ich bin nicht ganz zufrieden, aber immerhin habe ich gezeigt, dass ich noch zu den besten Schweizerinnen gehöre“, sagte Esther Süss.

Starke Vorstellung: Corina Gantenbein ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion
Starke Vorstellung: Corina Gantenbein ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

 

Kathrin Stirnemann (Haibike-Ötztal) wurde ihre Lungenprobleme auch beim Weltcup-Finale nicht los. Immerhin konnte sie das Rennen beenden und als 45. die Ziellinie überqueren. Die Eliminator-Europameisterin wird nach der Saison eine Desensibilisierung machen.

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Bei Nathalie Schneitter (Rose-Vaujany) ging nicht viel zusammen. Sie kam am Start nicht gut weg und fand nie wirklich ins Rennen. Platz 43 war das Resultat, das sie sich nicht wirklich erklären konnte. „Am Samstag fühlte ich mich noch megastark, aber heute war absolut keine Power in mir“, wird die Schweizerin in einer Pressemitteilung ihres Teams zitiert.

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Katrin Leumann (Ghost Factory Racing) hatte bereits in der ersten Runde Pech mit einem Hinterrad-Defekt und hatte keine Chance mehr auf ein gutes Ergebnis. Sie musste mit großem Abstand wieder ins Rennen gehen und wurde mit einer Runde Rückstand auf Platz 46 klassiert.

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Ihre Teamkollegin Alexandra Engen musste ihr geplantes Weltcup-Comeback absagen. Der Grund: ein Magenvirus drei Tage vor dem Rennen verhinderte aber einen Start der Schwedin, die mehr als ein Jahr lang kein Weltcup-Rennen mehr bestritten hat.

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Auch Nina Wrobel (Merida-Schulte) verzichtete auf einen Start und schaute sich wie Alexandra Engen das Rennen von draußen an. „Ich habe heute Nacht wieder so schlecht geschlafen, dass es einfach keinen Sinn macht. Mein Verdauungstrakt hat mich einfach nicht in Ruhe gelassen. Daher habe ich entschieden nicht an den Start zu gehen“, erklärte Wrobel.

 

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