Christoph Sauser: Vor jedem Marathon ein großer Favorit

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Immer 110 Prozent: Christoph Sauser ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Christoph Sauser ist der wohl erfolgreichste Marathon-Fahrer der Welt. Auch bei der Marathon-EM in Singen gehört er zu den Top-Favoriten. Der zweifache Langstrecken-Weltmeister fährt dieses Jahr zum ersten Mal keine Cross-Country-Weltcups mehr und damit auch nicht die EM in Bern. Im Interview spricht er über eines seiner Lieblingsrennen, über den veränderten Trainingsaufwand, über seinen Cape-Epic-Partner Jaroslav Kulhavy und über die Highlights in seiner ersten echten Marathon-Saison.

Christoph, in acht Wochen finden in Bern, fast vor Deiner Haustür die Cross-Country-Europameisterschaften statt. Schmerzt das ein wenig, da nicht mehr dabei sein zu können?

Der Gurten war immer eines meiner Lieblingsrennen. Und es ist natürlich schade, aber irgendwann muss man einen Schlussstrich ziehen. Es gibt jedes Jahr ein neues Highlight. Wenn ich für ein anderes Land fahren würde, dann wäre ich wahrscheinlich trotzdem dabei. Aber in der Schweiz gibt es halt zu viele gute Leute, da müsste ich mich in Albstadt und Nove Mesto qualifizieren.

Wirst Du trotzdem vor Ort sein?
Es ist eine Woche vor der Marathon-WM, da werde ich das BerCi-Bike in Fribourg fahren. Dadurch werde ich am Tag vorher wahrscheinlich als Zuschauer kommen oder auch beim Eliminator da sein.

Es ist Deine erste Saison, in der Du auf den Cross-Country-Weltcup ganz auslassen wirst. Hat sich der Trainingsaufwand dadurch verändert?
Ja, ich habe schon ein paar Stunden eingebaut, aber nicht extrem.

Mehr eingebaut?
Ja, 2, 3 Stunden pro Woche mehr. Ich weiß nicht, aber vielleicht hat sich das schon bei der Cape Epic ausbezahlt. Ich hatte noch nie ein so gutes Finish wie dieses Jahr.

Du trainierst also eher mehr, weil die Distanzen länger sind?

Ja. Auch die Intervalle werden länger. Marathon ist halt meist ein sehr konstanter Speed.

Ist dieses Jahr für Dich ein wenig entspannter als die Jahre zuvor, weil der Druck vom Cross-Country nicht mehr so da ist?
Nein, eigentlich wie jedes Jahr. In den vergangenen zwei Jahren war ich auch nicht mehr so der Favorit bei den Cross-Country-Rennen. Ich habe da auch nicht mehr so den Druck verspürt. Richtig realisiert habe ich das nach der Olympia-Quali (die er knapp verpasst hat) vor der Cross-Country-WM. Da bin ich am Tag vorher gar nicht mehr so mit dem Kopf auf die Strecke. Es war vor dem Rennen ein fast zu gutes Gefühl. Im Marathon bin ich vor jedem Rennen der große Favorit. So habe ich auch mehr Druck. Es ist also nicht so, dass ich eine easy Kugel schiebe. Dafür sind Marathon-Rennen zu hart.

Es ist also nicht so, dass Deine Karriere langsam austrudelt.
Nein, das hat man ja auch bei der Cape Epic gesehen. Momentan ist natürlich schon so, dass mir ein bisschen das direkte Ziel fehlt. Aber nach der Transvesubienne bin ich sicher voll da für die Marathon-WM. Klar, die EM in Singen ist für mich auch wichtig, aber ich war ja bei den Sea Otter Classic. Das ist sicher nicht so ideal als Vorbereitung auf die EM. Aber Specialized zu besuchen, Produkte zu testen, die Leute zu sehen, das ist grade so wichtig wie ein Sieg bei einem Rennen.
Wie nimmst Du dann die Marathon-EM?
Es ist nicht so, dass ich perfekt darauf vorbereitet wäre. Aber wenn ich am Start stehe, dann gebe ich 110 Prozent, das ist klar.

Egal wo Du startest, bei einem Marathon-Rennen wirst Du immer zu den Favoriten gehören, so oder so.
Ja. Das ist vielleicht auch ein bisschen anders, als bei einem Cross-Country-Rennen. Da muss jedes Detail zusammen stimmen, damit man gewinnen kann. In den Marathon kannst du vielleicht auch ein bisschen zu müde oder auch zu erholt rein gehen. Über drei, vier Stunden kann es dann trotzdem noch zusammen passen. Das habe ich in Schaan (BMC Racing Cup) gesehen. Da bin ich so schlecht Downhill gefahren, ich hatte keine Chance auf die Top-Fünf. Fehler darfst du dir da nicht erlauben.

Das Terrain in Singen kommt Dir sicher nicht entgegen. Hast Du Dir das schon angeschaut?
Ja, ich habe gesehen, dass es nicht viele Höhenmeter gibt, ziemlich kurz und es wahrscheinlich sehr schnelles Terrain ist. Aber ich meine, ich habe auch die Sparkasse Trans-Zollernalb gewonnen. Die ist wahrscheinlich noch schneller. Am Schluss, es wird trotzdem drei, dreieinhalb Stunden Fahrzeit geben und bei einer EM wird bestimmt von Anfang an hart gefahren. Am Ende summiert es sich dann trotzdem auf 2000 Höhenmeter. Ich hoffe, dass die Aufstiege schon ein bisschen Steilheit haben.

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Christoph Sauser bei der Sparkasse Trans-Zollernalb: „Im Marathon bin ich ein Allrounder“. ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

In der Vergangenheit hat in Singen die Taktik immer eine Rolle gespielt. Aber die Leistungsdichte wird dieses Jahr eine andere sein. Weltmeister Periklis Ilias ist am Start und auch Ex-Weltmeister Alban Lakata. Da könnte es auch anders aussehen.
Das stimmt. Taktik spielt schon eine Rolle, aber wenn Du in die Vergangenheit schaust, dann gewinnt doch meistens immer der Beste. Das ist ja das Coole am Bikesport.

Bei einer internationalen Meisterschaft geht es eigentlich um nationale Verbände, aber die Fahrer eines Teams fahren ja nicht gegeneinander. Das Team Bulls ist stark aufgestellt. Denkst Du, es wird ein Nachteil für Dich sein, dass Du alleine bist?

Hm. Es könnte auch ein Vorteil sein. Wenn ein Bulls-Fahrer weg gefahren ist, können die anderen ja nicht nachführen. Ich denke, Alban oder Periklis ist auch ziemlich frei und wir haben die gleichen Interesse bis kurz vor der Ziellinie. Aber man muss natürlich aufpassen und immer vorne fahren. Es ist nicht zum ersten Mal so, dass ich mit diesem Problem konfrontiert bin.

Periklis Ilias wird auch am Start sein. Der Titelverteidiger Kristian Hynek wohl auch..
..es ist gut, wenn ein starkes Feld da ist.

Du warst zweimal Marathon-Weltmeister und einmal Marathon-Europameister…
…,der Titel ist mir in den Schoß gefallen (lacht). Aber ich musste hart arbeiten dafür.

Weil Christoph Soukup damals eingebrochen ist?
Ja, ich dachte, ich werde Dritter und plötzlich war ich Zweiter und am Schluss ist Soukup ein paar hundert Meter vor dem Ziel so was von eingegangen.

Zur Cape Epic, die Du zum vierten Mal gewonnen hast. Zum ersten Mal mit Jaroslav Kulhavy. Wie hat sich das angefühlt, nachdem Ihr alle Burry Stander durch den tragischen Unfall verloren habt?
Es war ein unglaublicher Erfolg, aber im Gegensatz zu dem was Burry passiert relativiert sich das ganze! Es war einfach auch schön etwas zurück geben zu können, seiner Familie und seinen Fans. Ich habe gespürt, dass ganz Südafrika hinter uns war. Das hat uns natürlich auch Flügel verliehen. Aber der Druck war umso größer, als wir neun Minuten hinten waren. Das hat gezeigt, dass Jaro und ich nie aufgegeben haben und immer daran geglaubt haben.

Wie war es, sich auf Jaroslav als neuen Partner einzustellen?
Da war keine große Einstellung. Jaro ist ein Rennfahrer. Ich habe mir da nie groß Gedanken gemacht. Ich habe ihm ein bisschen erklärt, wie das ist mit der Verpflegung, aber sonst…Jaro ist keine Patisserie (soll heißen: kein Weichling). Er geht raus und fährt sein Rennen, er ist keiner der Bücher liest zum Thema. Nach Burry kam für mich nur Jaroslav in Frage.

Wie hat es menschlich zwischen Euch funktioniert?
Er ist ein super easy Typ. Mit dem Team und ihm hatten wir eine super Epic, auch als es nicht gut lief. Natürlich ist er keiner, der mit dem großen Smile im Gesicht herum läuft. Er ist ein trockener Typ, aber er hat auch einen guten Humor. Und er ist ein einfacher Mensch. Er braucht nicht den Luxus und alles Drumherum.

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Duo bei der Cape Epic: Jaroslav Kulhavy und Christoph Sauser ©Shaun Roy/Absa Cape Epic/Sportzpics

Du bist ja schon jemand, der detailliert auf sein Material schaut und herumfeilt. Jaroslav sagt man nach, dass er vergleichsweise locker damit umgeht.
Jaaa, hmm, er hat zum Beispiel eine spezielle Sitzposition, die muss haargenau stimmen. Doch das Material ist schon sehr wichtig für ihn, aber er verliert sicher nicht den Kopf dabei und tüftelt viel.
Es wäre sicher besser, wenn er mit dem Ketten-Tool besser umgehen könnte (lacht, als seine Kette riss, hat Kulhavy das Tool bei der Reparatur kaputt gemacht). Nach dem Tag habe ich das Tool auch mit getragen. Was das Gewicht angeht, macht er sich auch nicht so viele Gedanken. Ich wusste das gar nicht, aber er hat noch ein weiters ganzes Imbus-Schlüssel-Set dabei gehabt, das hat mich schon erstaunt (lacht). Wenn ich ihm sagen würde, die 800-Gramm-Reifen sind die besten für das Cape-Epic, dann würde er die einfach fahren.

Werdet Ihr nächstes Jahr auch wieder zusammenfahren?
Ich hoffe es. Es kommt aber auf seine Cross-Country-Saison an. Für ihn war es auch ein riesiger Erfolg, auch wenn er Olympiasieger ist. Obwohl er in London den Sprint um Gold gewonnen hat, er hat bei der Epic auch Nerven gezeigt, mit seinen zwei Stürzen auf den letzten fünf Kilometern. Das war sicherlich auch eine Kopf-Sache. Ich habe auch gemerkt, als wir im Ziel waren, auch bei den Interviews, dann war die Anspannung und Druck weg.

Nach der Marathon-WM im Juni, was bleiben dann noch für Highlights in diesem Jahr?
Leadville 100 möchte ich gewinnen, das wäre auch für Specialized wichtig. Dann die Klassiker-Saison, Grand Raid, Nationalpark-Bikemarathon. Zuvor fahre ich zur WM-Vorbereitung noch die Four-Peaks (bisherige Trans-Germany). Die Transalp fahre ich mit Max Knox.

Die bist du noch nie gefahren, oder?
Nein, das wird meine Premiere.

Und was kommt sonst noch?
Nach Estland gehe ich wahrscheinlich wieder ein Rennen fahren, die Trans-Zollernalb vielleicht, das Brazil Ride wahrscheinlich. Aber so genau weiß ich noch nicht, was ich noch für Rennen fahre.

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