Supercup Massi Banyoles: Siege für Carod und Richards

Beim Massi Super Cup in Spanien waren die Arbeitszeiten kurz, vor allem für ein HC-Rennen: Siegerin Evie Richards (Trek) benötigte nur 1:07:42 h, Tituan Carod (BMC) für eine Runde mehr 1:15:46 h

Es war eine staubige Angelegenheit, das erste europäische HC-Rennen der noch jungen Saison im spanischen Banyoles bei Girona, also quasi am Fuß der Pyrenäen. Das machte nicht nur die Luft zum Atmen schwer, es behinderte auch die Sicht und sorgte auch für den einen oder anderen Sturz, wenn ein Fahrer auf dem Sand wegrutschte. Und es waren viele Fahrer – und dafür wenige Runden auf dem 6,2 km langen Rundkurs am nördlichen Stadtrand von Banyoles: beim UCI Junior Series Rennen standen 164 junge Biker am Start, beim Rennen der Elite-Männer (es gab kein eigenes U23-Rennen) sogar unglaubliche 286!

Gruppe der nationalen Meister - und Luca Schwarzbauer © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Gruppe der nationalen Meister – und Luca Schwarzbauer
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Landesmeister ganz vorne
Und so war es denn eine lange Staubwolke, die sich durch die Startloop quälte. Während sich das riesige Feld in einer langen Kette aufreihte, machte sich vorne eine Spitzengruppen auf und davon: Neben dem Polnischen Meister Bartlomeij Wawak (Kross Orlen), dem Tschechischen Meister Ondrej Cink (ebenfalls Kross Orlen), dem Brasilianischen Meister Henrique Avancini (Cannondale), dem Südafrikanischen Meister Alan Hatherly (ebenfalls Cannondale), dem Rumänischen Meister Vlad Dascalou (Trek), dem Spanischen Meister David Valero Serran (BH), dem Italienischen Meister Luca Braidot (Santa Cruz) und den beiden BMC-Fahrern Filippo Colombo (SUI) und Titouan Carod (FRA) auch zwei, die man in dieser Weltcup-würdigen Besetzung vielleicht nicht so weit vorne erwartet hätte: den neu zum polnischen Kross-Team gestoßenen Schweizer Thomas Litscher, der aber im vergangenen Jahr bei ähnlicher Qualität des Starterfeldes schon Zweiter geworden war.

Luca Schwarzbauer © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Luca Schwarzbauer
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Schwarzbauer mit dabei
Und der Deutsche Luca Schwarzbauer im nagelneuen lila-grünen Teamtrikot des nagelneuen Teams Canyon-CLLCTV. Der 26-Jährige Schwabe hatte einen guten Start erwischt, musste aber nach gut einer Runde erkennen, dass der Kurs mit den vielen Antritten, den Unmengen an Kurven und immer wieder kurzen, steilen Anstiegen ihm eher nicht liegt: „Diese ganzen Beschleunigungen konnte ich nicht immer mitgehen“, musste er nach dem Rennen einräumen. Auch in der Kurven habe er immer wieder ein bisschen zeit verloren: „Das war nicht ideal.“ Schwarzbauer musste die Spitzengruppe aufgeben, konnte aber dennoch mit relativ konstanten Rundenzeiten schließlich als 14. und damit bester Deutscher finishen: „Das Fundament ist sehr gut“, freute sich der Nürtinger über seine Punkte im ersten HC-Rennen des Jahres.

Siegerehrung der Männer © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Siegerehrung der Männer
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Litscher muss erst am letzten Anstieg reißen lassen
Auch Thomas Litscher zeigte sich im Ziel sichtlich zufrieden mit seinem dritten Platz, wenngleich einen Platz schlechter als im Vorjahr. Erst in der Vorwoche war er von seinem Team mit dem neuen Material ausgerüstet worden, daran musste sich der 32-jährige Schweizer erst einmal gewöhnen. „Ich hoffe, dass ich dieses Jahr noch einmal richtig durchstarten kann“, gibt sich Litscher optimistisch. Dass er sich auch taktisch geschickt in die Mannschaft einbringen kann, stellte er in Banyoles unter Beweis. Denn lange hatte es so ausgesehen, als würden die beiden Protagonisten des Rennens in Chelva vor einer Woche, Hatherly und Colombo, das Rennen unter sich ausmachen. Immerhin hatten die beiden schon einen kleinen Vorsprung herausgefahren. Doch gemeinsam mit seinem neuen Teamkollegen Ondrej Cink – und in ihrem Schlepptau Titouan Carod – attackierte Litscher in der vorletzten Runde und konnte die Lücke wieder schließen. Cink musste als Erster abreißen lassen, ehe am letzten Anstieg die Entscheidung fiel: „Die anderen drei haben durchgezogen“, berichtete Litscher im Ziel. „Ich selbst konnte nicht ganz dranbleiben. Aber immerhin konnte ich kurz vor dem Ziel noch Hatherly abfangen.“ Somit ging der Sieg an Carod vor seinem Teamkollegen Colombo, der sich wie schon in der Vorwoche mit dem zweiten Platz begnügen musste. „Ich bin mit dem dritten Platz happy“, zeigte sich Litscher durchaus zufrieden mit seiner Leistung.

Max Brandl © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Max Brandl
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Zweitbester Deutscher: Max Brandl
Max Brandl (Lexware) musste nach dem Start erst einmal einen kleineren Rückstand aufholen, da er war aus der zweiten Reihe gestartet war, aber sein Vordermann Cink zumindest nicht nach den Wünschen Brandls schnell genug ins Rennen kam. „Das hat dann schon ein bisschen Kraft gekostet“, berichtete Brandl nach dem Rennen: „Und ich habe schnell gemerkt, dass ich nach drei Wochen Trainingslager hier in Spanien nicht die besten Beine hatte.“ Ähnlich wie Schwarzbauer konnte er dem technisch wenig anspruchsvollen Kurs kaum Positives abgewinnen: „Der unfassbar untechnische Kurs mit seinen Schotter- und Sandpisten lag mir überhaupt nicht. Einem technisch versierten Fahrer wie mir sagt das nicht so zu.“ Trotzdem zeigte sich Brandl mit seinem 16. Platz als zweitbester Deutscher und zehn Sekunden hinter seinem Ex-Teamkollegen Schwarzbauer zufrieden.

David List © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
David List
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List verliert schon am Start Zeit und Plätze
25 Sekunden nach Brandl überquerte der Deutsche U23-Meister David List (ebenfalls Lexware) in seinem ersten Elite-Jahr als 19. die Ziellinie. Er hatte beim Start das Pech, das ausgerechnet Schwarzbauers neuer Teamkollege, der Franzose Thomas Griot nicht ins Pedal kam und damit auch List einiges an Zeit verlor. Fast 20 Sekunden benötigte List daher länger für die Startschleife als Brandl und fast 27 Sekunden länger als die Spitzengruppe: „Es kostet Dich natürlich viel mehr Kraft, wenn Du nicht von Anfang an vorne bist“, ärgerte er sich über das Missgeschick des Franzosen: „In der ersten Runde stand ich voll im Verkehr.“ Doch danach konnte er sich mit immer kürzeren Rundenzeiten langsam wieder nach vorne arbeiten. „Und das, obwohl Überholen auf dem Kurs extrem schwer ist“, wie der Friedrichshafener nach dem Rennen sagte. „Mit ein bisschen Glück am Start hätte ich vielleicht ein bisschen weiter vorne mitfahren können. Und wenn das Rennen eine Runde länger gewesen wäre, hätte ich vielleicht noch ein paar Plätze gutmachen können. Aber ich will mich nicht beschweren: für das, dass ich direkt aus dem Trainingslager komme, bin ich sehr zufrieden. Mit diesem Einstand in der Elite-Klasse kann man arbeiten.“

Egger vor Baum © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Egger vor Baum
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Egger holt Punkte, Baum nicht
Auch das neue Speed Company Racing Team zeigte sich zufrieden, auch wenn sie im deutschen Ranking nur Vierter und Fünfter wurden, im Gesamtklassement hieß das 23. Platz für Georg Egger (+2:12 min auf Carod) und 29. Platz für Lukas Baum (+2:59 min). „Meine Chance auf eine bessere Platzierung wäre gewesen, wenn ich am Start schneller hätte mitfahren können“, musste Egger im Ziel einräumen: „Aber das Tempo war so hoch, dass ich nicht großartig vorgekommen bin.“ Platz genug wäre gewesen, meint Egger. „Danach hatte ich aber dauerhaft Druck auf dem Pedal, fand einen guten Rhythmus und bin weitgehend fehlerfrei durchgekommen“, berichtete Egger über den weiteren Rennverlauf. In der letzten Runde habe er sogar nochmal zulegen können und noch ein paar Positionen gut machen. Während für viele Sportler Banyoles den Saisonauftakt markierte, ist es für die beiden bereits der zehnte Renntag auf dem Sattel. Für den Wiedereinsteiger mit wenigen UCI-Punkten Lukas Baum war das Ziel, möglichst nahe an die Punkteränge heranzufahren. Ganz reichte es für den Pfälzer in dem hochklassig besetzten Feld nicht, doch auch der 29. Platz ist von Startposition 62 aus schon mal eine ordentliche Leistung, die so auf dem engen Kurs mit kaum Überholmöglichkeiten nur wenigen gelang. Auch er wäre gerne schon am Start weiter vorgefahren, konnte aber immerhin später zu Egger aufschließen. In der letzten Runde musste er aber dafür büßen und verlor wieder ein paar Plätze: „Für ein besseres Ergebnis hätte ich einen besseren Startplatz oder bessere Beine gebraucht“, meinte Baum später.

Siegerehrung der Frauen © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Siegerehrung der Frauen
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Britische Phalanx in Spanien
Das Rennen der Frauen, das schon am Samstag stattfand, war eine One-Woman-Show: Weltmeisterin Evie Richards (Trek) dominierte das Rennen quasi von Anfang an, während ihre Schweizer Teamkollegin Jolanda Neff nicht an die Leistung der Vorwoche, als sie souverän in Chelva gewann, anknüpfen konnte. Stattdessen musste sich die Schweizermeisterin mit dem 13. Platz und einem Rückstand von 2:14 min zufrieden geben. Dafür gelang allerdings einer anderen Schweizerin ein guter Einstieg in die noch junge Saison: Alessandra Keller vom Thömus Maxon Team konnte als Zweitplatzierte mit einem Rückstand von 31 Sekunden auf Richards in eine erstaunliche Phalanx britischer Fahrerinnen eindringen. Denn neben Richards standen auch noch Annie Last (Scott UK, 3.) und Isla Short (Hunt Bike Wheels) auf dem Podest der katalonischen Kleinstadt. „Es war ein megaschnelles und auch ein megakurzes Rennen, ein cooles, schnelles und intensives Rennen“, meinte Keller im Ziel. „Ich habe mich sehr gut gefühlt und meine eigene Pace durchziehen, deswegen bin ich sehr zufrieden. Aber ich freue mich, wenn’s dann wieder länger wird.“

Ames glücklich über Platz 18
„Ich freue mich, dass ich ein paar Punkte sammeln konnte“, strahlte die Saarländerin Kim Ames vom jb Brunex Superior Factory Racing Team über ihren 18. Platz, auch wenn sie ganze 4:04 min hinter der Siegerin die Ziellinie überquerte. „Es ist schön zu sehen, dass es aufwärts geht – und wenn man schnell fährt, macht das auch richtig Spaß.“ Sie hatte – im Gegensatz zu den meisten deutschen Männern – einen guten Start erwischt und sich von Position 30 aus schnell nach vorne gearbeitet, ehe sie sich an der ersten Engstelle einreihen musste. Danach fuhr Ames nach eigener Aussage ein „konstant hohes Tempo“, und auch die vielen Kurven machten der 24-Jährigen offenkundig mehr Spaß als Ärger: „Ich hatte von Anfang bis Ende Druck auf dem Pedal.“

Eibl leidet noch an Spätfolgen
Weniger glücklich zeigte sich hingegen Ronja Eibl. Die Albstädterin klagt seit dem Cross-Weltcup in Namur im vergangenen Dezember über Rückprobleme. Das sei zwar in den letzten Wochen wieder besser geworden, doch ausgerechnet in der vergangenen Woche seien die Schmerzen heftig zurückgekommen. „Ich hatte eigentlich heute deutlich mehr erwartet, aber überhaupt keinen Druck aufs Pedal bekommen“, berichtete die Olympiateilnehmerin hörbar konsterniert über ihr Rennen, das sie als 23. beendete. „Ich konnte mich nicht ans Maximum quälen.“ Unabhängig davon wird Eibl am kommenden Samstag die „Strade Bianche“ in Italien bestreiten, ein Straßenrennen der UCI Women’s World Tour. „Das wird aber dieses Jahr vermutlich der einzige Ausflug auf die Straße bleiben, denn der MTB-Kalender ist schon ganz schön dicht.“

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