Offroad-Notizen: Im Zeichen der WM und ein Tag im Büro
Alles dreht sich um die WM und die Eurobike. Naja, nicht alles: schließlich gibt es ja auch noch die Fraktion der Marathon-Fahrer. Und für andere ist die Weltmeisterschaft, die in wenigen Tagen in Hafjell / Norwegen beginnt, schon jetzt kein Thema mehr. Und es wird auch in Deutschland noch Wettkampf-Sport betrieben, und zwar in Betzdorf. Offroad-Notizen.
Eine Woche vor der Weltmeisterschaft im norwegischen Hafjell versuchen alle Teilnehmer, noch das letzte Quäntchen Form zu finden – und das mit ganz unterschiedlichen Methoden.
Beliebt ist dabei natürlich vor allem das Training auf der Straße: so werden die beiden Französinnen Julie Bresset (BH SR Suntour-KMC), immerhin Titelverteidigerin in der Disziplin Olympisches Cross Country, und Pauline Ferrand-Prevot (Liv Pro XC) gleich ein ganzes Weltcup-Rennen auf dem Straßenrad bestreiten.
Während Bresset im Trikot der französischen Nationalmannschaft in Plouay (Bretagne) an den Start geht, wird Ferrand-Prevot wie üblich das Trikot vom Rabobank-Frauen-Team tragen. Immerhin liegt die schnelle Französin derzeit auf Platz 10 in der Weltcup-Gesamtwertung der Straßenfahrerinnen, der gleiche Platz, mit dem sie auch den UCI Mountainbike World Cup presented by Shimano abschlossen hatte.
Das allerdings nur mit drei von sieben Rennen: ihre Siege in Nove Mesto / CZE und Albstadt sowie ihr dritter Platz in Meribel am vergangenen Wochenende machen die 22-jährige zu einer großen Herausforderung für ihre eigene Teamkollegin und Gesamtweltcup-Siegerin, die Schweizerin Jolanda Neff. Beide werden aber in Hafjell schon am Freitag in der U23-Klasse am Start stehen, da im Reglement der Weltmeisterschaft ein Start in einer höheren Altersklasse nicht vorgesehen ist.
Doch auch wenn die beiden in der Elite-Klasse fehlen werden: die Titelverteidigung für Julie Bresset (25) gilt angesichts ihrer Leistungen in dieser Saison als eher unwahrscheinlich, dennoch will sie den Straßen-Weltcup als Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft mitnehmen: schließlich ist der Start gerade mal eine Stunde von ihrem Heimatort entfernt: „Es ist eine neue Erfahrung für mich, auf so einem hohen Niveau an einem Straßenrennen teilzunehmen“, schreibt sie auf ihrer Website.
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Trainieren war auch José Antonio Hermida vom Team Multivan-Merida. Doch sein „Tag im Büro“, wie er seine Trainingseinheiten scherzhaft nennt, endete im Krankenhaus. Ein Schnitt am Ellbogen des Spanischen Meisters musste mit zwei Stichen genäht werden. Der Unfall selbst muss für den 36-jährigen ein mittlerer Schreck gewesen sein: „Das war das erste meiner Katzenleben“, schreibt der Katalane auf Twitter.
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Keine Sorgen um seine WM-Form muss sich Cannondale-Fahrer Max Plaxton machen: Obwohl der Kanadier bei den prestigeträchtigen Commonwealth Games in Glasgow den vierten Platz belegt hatte (und den gleichen Platz auch den bei den Kanadischen Meisterschaften), verzichtet er auf einen Start in Hafjell: nach verschiedenen Verletzungen und Krankheiten in der laufenden Saison fühlt er sich immer noch nicht fit genug und im Status der Rekonvaleszenz:
„Es hat keinen Sinn, bei den Weltmeisterschaften zu starten, wenn man nicht in Topform ist“, teilte er dem kanadischen Online-Magazin Canadian Cyclist auf Nachfrage mit. Dennoch werden mit Manuel Fumic und Marco Aurelio Fontana in der Elite-Klasse und Kevin Swenson (USA) und Anton Cooper in der U23-Klasse vier Fünftel des Cannondale-Teams an den Weltmeisterschaften in Hafjell teilnehmen.
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Kein Thema sind die Weltmeisterschaften auch für Marathon-Spezialist Urs Huber vom Team Bulls. Doch der konnte im schweizerischen Grimetz den für ihn persönlich wichtigsten Erfolg seiner Karriere feiern: der Schweizer Marathonmeister schlug in einem harten Zweikampf bei der 25. Auflage des Schweizer Traditionsrennen „Grand Raid“ seinen Dauerkonkurrenten Christoph Sauser (Specialized).
Dabei war der Sieg an sich zunächst einmal nichts Ungewöhnliche für Huber: immerhin hatte er vorher schon drei Mal das Rennen von Verbier (wo in ein paar Wochen auch das neue Schweizer Sechs-Etappen-Rennen Swiss Epic starten wird) über 125 Kilometer und gigantische 5.025 Höhenmeter gewonnen.
Stolz war Huber vor allem darauf, den mehrfachen Marathon-Weltmeister Sauser im fairen Wettkampf – beide ohne Defekt – geschlagen zu haben. Immer wieder hatte Huber attackiert, ehe am letzten Berg der endgültige Durchbruch gelang.
Auf dem höchsten Punkt, auf dem Pas de Lona mit 2787 Meter ü.d.M., hatte Huber 33 Sekunden Vorsprung, die bis ins Ziel zwar noch auf 6,7 Sekunden schrumpften, doch Huber hatte auf den letzten Kilometern nicht mehr alles riskiert, um den greifbaren Sieg nicht mehr zu gefährden. Seine Siegerzeit betrug 6:05:13,5 Sekunden, Zweiter wurde Sauser, Dritter bei einem der traditionsreichsten und anspruchsvollsten Marathons der Welt mit Lukas Buchli ebenfalls Schweizer, der aber schon fast zehn Minuten Rückstand hatte.
Als bester Deutscher überquerte Hubers Teamkollege Karl Platt als sechster das Ziel in Grimentz (+6:21:34 h), Robert Mennen (Topeak-Ergon) wurde Neunter im Sprint vor Hannes Genze (Centurion-Vaude). Mit Tim Böhme und Matthias Leisling folgten gleich noch zwei weitere Deutsche im Peloton der 774 Starter, die Langstrecke auf sich genommen haben (angekommen sind 603, der letzte, der Spanier José Sustacha, nach 12:17 Stunden). Nicht eingerechnet sind dabei die 17 Frauen, die auf der gleichen Strecke unterwegs waren. Hier war die Ariane Kleinhans die Schnellste in einer Zeit von 7:49:55 Stunden.
Ein Erfolg konnten die Deutschen aber auf der Mitteldistanz von Nendanz zum gemeinsamen Ziel in Grimentz feiern: Texpa-Simplon-Fahrer Andreas Kleiber (23) stellte auf der 93 km langen Strecke einen neuen Streckenrekord auf und gewann in 5.23:44 Stunden.
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Eine Woche vor der Weltmeisterschaft wird noch in Betzdorf im Dreiländer-Eck von Rheinland-Pfalz, Nordrheinwestfalen und Hessen die Landesverbandsmeisterschaft von Rheinland-Pfalz ausgefahren. Im Mittelpunkt der Rennen, denen kein Nationalfahrer mehr gemeldet hat, steht aber der vorletzte Lauf zum Deutschland-Cup, den derzeit Gerrit Rosenkranz (Focus Rapiro) anführt. Bei den Rennen im Westerwald wird auch Lukas Baum (AMG Rotwild), noch amtierender Junioren-Weltmeister und jetzt in der U23-Klasse unterwegs am Start sein.
Bei den Damen stellt sich die Führende im Deutschland-Cup und Lokalmatadorin Hannah Traupe (Bicycles and More / Fliesen Heukäufer )den Weltcupfahrerinnen Stefanie Dohrn (Bergisch Brooklyn) und Majlen Müller (Fujibike Rockets), der Deutschen Vizemeisterin in der U23-Klasse, die am vergangenen Sonntag noch im französischen Méribel beim U23-Weltcup am Start war.
Text: Armin M. Küstenbrück