20 Köpfe für 2020 (14): Funktionär mit Herz und Leidenschaft

Dieter Pfänder und warum einst in Neuffen wichtige Impulse gesetzt wurden
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Die WM in Albstadt wird es wegen der Corona-Pandemie nicht geben, so viel ist seit Donnerstag beschlossene Sache. Die Serie 20 Köpfe für 2020 wird dennoch fortgesetzt, weil sich die Albstädter weiter dem Sport verbunden fühlen. Heute setzt mit Dieter Pfänder ein BDR-Vertreter die Serie fort. Keine Rennen ohne Kommissäre, keine Organisation ohne Funktionäre. Sie gehören selbstverständlich zum Inventar.

Dieter Pfänder ist einer, der von den ersten Gonso Albstadt MTB Classic 2005 an jedes Jahr in Albstadt dabei war, in verschiedenen Funktionen. Doch der Neuffener hat auch wichtige Weichenstellung im deutschen Mountainbike-Sport begleitet und mit koordiniert. Er steht stellvertretend für Viele im Hintergrund, die den Sport im Allgemeinen am Laufen halten und erzählt im Übrigen auch, warum Mountainbike-Orientierungs-Wettbewerbe gefährlicher sind als Downhill.

 

Dieter Pfänder ist kein Mensch, der sich in den Vordergrund drängt. Als Beauftragter des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) für die Ausdauer-Sportarten im Mountainbike Aber, wenn es in Deutschland ein Cross-Country-Rennen gibt, wird man ihm fast zwangsläufig über den Weg laufen.

Wer mit ihm zu tun hat, erlebt einen Funktionär mit dem Herz und Leidenschaft für den Sport am richtigen Fleck, der pragmatisch agiert. „Rustikal und hemdsärmelig“, nennt er sich selbst. Er versteht seine Aufgabe, auch als Kommissär, immer primär aus der Perspektive des Sports, des Sportlers und der Fairness – und er versucht die Dinge auch unter diesen Prämissen zu entscheiden.

Er ist kein großer Kommunikator, sagt er selbst, aber er ist immer offen für Gespräche. Und für einen Witz jederzeit zu haben.

 

Dieter Pfänder, wegen der Corona-Pandemie finden bis auf weiteres keine Mountainbike-Rennen statt. Sind Sie als BDR-Beauftragter für die MTB-Ausdauer-Disziplinen grade beschäftigungslos?

Nein, überhaupt nicht. Hinter den Kulissen versuchen wir so viele Rennen wie möglich zu retten, vor allem die deutschen Meisterschaften im Cross-Country und im Marathon. Allerdings hängen wir in Deutschland vor allem vom internationalen Kalender, also von den Weltmeisterschaften und den Weltcup-Events ab.

Erst wenn die neu fixiert sind, können wir schauen, wo wir noch Platz finden. Wenn es die Lage zulässt, wäre es wichtig, wenn wir im Herbst noch so viele Events wie möglich austragen können. Es hängen ja auch (finanziell) viele Leute an diesem Tropf.

Also trotz des verordneten Lockdown keine ruhige Phase.

Nein, die Situation verändert sich ja auch ständig. Ruhiger ist es bei mir nur, weil ich seit vergangenem Jahr in Rente bin und jetzt Zeit habe auch mal andere Sachen zu machen.

Sie sind seit 20 Jahren im Mountainbike-Sport unterwegs und haben als ehrenamtlicher Funktionär viel Zeit investiert. Was war denn Ihre Eintrittskarte ins Mountainbiking? Haben Sie selber Radsport betrieben?

Nein, bis 2000 hatte ich mit Radfahren nichts am Hut. Es waren meine beiden Kinder Christoph und Carmen, die mich dazu gebracht haben. Deren Freunde waren beim TB Neuffen beim Mountainbiken und sie wollten da auch mitmachen.

Der TB Neuffen war schon in den 90er-Jahren sehr aktiv. Kein typischer Radsport-Club, aber einer mit Mountainbike-Abteilung und vor allem in der Nachwuchs-Arbeit sehr engagiert.

Ja, der TB Neuffen hatte ein eigenes Rennen, im Steinbruch, das sehr bekannt war. Da ist Gott und die Welt hingekommen. Das wurde leider irgendwann nicht mehr genehmigt. Aber lange gab es den Schwaben-Kids-Cup. Eine Serie mit Neuffen, Bad Urach-Hengen, Römerstein-Böhringen, Krumbach und Sonthofen, die später mal Spätzle-Cup und Metabo Kids-Cup hieß.

Das war deutschlandweit eine Art Vorzeige-Serie.

Da waren Technik-Prüfungen fester Bestandteil. Rainer Heissenberger, bei dem damals die Fäden zusammen liefen, hatte von Thierry Nuninger (heute für die UCI erster Sekretär beim Weltcup) für den Verein eine Einladung nach Frankreich zu einem Wettbewerb bekommen. Der TB ist hin und man hat gesehen, was die alles machen.

Was haben sie denn gemacht?

Es gab neben Cross-Country auch Trial, Downhill und MTB-Orientierung. Wir waren überall chancenlos Letzter, nur im Cross-Country nicht. Rainer Heissenberger, Rolf Schneider und Hans-Jörg Ziehe haben gesagt, das ist das Richtige, wir müssen mehr Technik machen und sich überlegt, wie man das machen kann. Bei der Trial-Disziplin hat man sich den Wertungs-Modus abgeschaut und dann ist man noch Slalom gefahren. So hatten wir eine Wertung aus drei Disziplinen. Dafür haben wir auch Kritik kassiert.

Wofür gab es Kritik?

Nun, die Kinder waren natürlich den ganzen Tag beschäftigt. Das war ein bisschen viel.

Es ging um Schüler bis zur U15.

Ja. Man hat das dann reduziert. Aber die Serie war erfolgreich. Mit Hilfe des TB Neuffen hat Baiersbronn auch sieben Mal die Schwarzwald Jugendspiele ausgerichtet (1996 bis 2002). Das ging über drei Tage mit Trial, Slalom und Cross-Country. Es waren Landesverbände beteiligt, aber auch ausländische Vereine. Aus Ungarn, Elsass-Lothringen, aus Tirol. Wir hatten ungefähr 200 Teilnehmer. Der Höhepunkt war immer ein Besuch im Europapark.

2002 wurden die letzten Schwarzwald Jugendspiele veranstaltet?

Baiersbronn hat sich anders orientiert. Aber wir haben dann mit Hilfe des damaligen Oberstleutnant Christoph Stephan auf dem Truppenübungsplatz Stetten am kalten Markt dann die internationalen MTB-Jugendspiele veranstaltet. Wir hatten zum Übernachten zwei Gebäude in der Kaserne und durften in der Kantine essen.

Einen Nachmittag konnte man die Panzer besichtigen und Höhepunkt war ein Bike-Biathlon mit Schießen. Das war damals etwas sehr Besonderes. Leider ging Christoph Stephan früh in Rente und sei Nachfolger als Standort-Kommandant hatte kein Interesse daran.

Von den Kindern, die damals in Baiersbronn und Stetten mit dabei waren, sind da welche in der Nationalmannschaft oder in Profi-Teams angekommen?

Ich habe gerade noch mal die Ergebnislisten von damals durchgeblättert. Barbara Benko (vielfache ungarische Meisterin, Junioren-Vizeweltmeister und heutiges Mitglied beim Team Ghost Factory Racing) war mit dabei. Und Simon Stiebjahn (Profi im Team Bulls, Deutscher Meister im Eliminator, Vize-Meister im Marathon und fünffacher Bundesliga-Gesamtsieger), im Slalom mit einem hohen zweistelligen Platz (lacht). Nadine Rieder (Rotwild Factory Racing, Deutsche Meisterin im Eliminator, Marathon-Vizemeisterin und XC-Weltcup-Fahrerin) und Ines Thoma (heutige Enduro-Profi, Junioren-EM-Dritte 2007) kann ich auch entdecken.

Scheint eine gute Nachwuchs-Schule gewesen zu sein. Die Einführung von Technik-Prüfungen scheint einen Effekt gehabt zu haben?

Vorher hieß es einfach: Fahren, fahren, fahren, Kilometer, Kilometer, Kilometer. In Frankreich haben sie mit Kindern von elf, zwölf Jahren schon Downhill gemacht. Bei uns gab es da Gegenwind. Man könne doch so kleine Kinder nicht Downhill fahren lassen.

Woher kam der Gegenwind?

Mit dem Württembergischen Radsport-Verband (WRSV) haben wir da sehr viele Probleme bekommen. Die haben überhaupt nicht akzeptiert, dass wir nach Frankreich gefahren sind. Wir waren immer wieder am Grand Ballon im Elsass, weil wir wissen wollten, was machen die besser. Wir sind auch da hin, um mit den Kindern das Erlebnis zu haben. Wir wollten die Atmosphäre aufnehmen. Das war dort ja ganz anders aufgezogen.

Das Schlimmste war aber nicht der Downhill, sondern die MTB-Orientierung. Wenn du dann 13-Jährige los schickst mit einer Karte, sie für 2,5 Kilometer nach zweieinhalb Stunden immer noch nicht da sind und du die Franzosen bitten musst, mit den Motorrädern los zu fahren, da haben manche Eltern Blut und Wasser geschwitzt – und wir auch. Aber wir haben alle wieder nach Hause gebracht (lacht).

 

Abgesehen von ein paar einzelnen Sportlern hinkte man in Deutschland der Entwicklung im Cross-Country-Sport ab Mitte der 90er-Jahre mehr und mehr hinterher. Der Ausbildung des Nachwuchses fehlte vor allem die immer wichtiger werdende fahrtechnische Komponente. Daher war das, was man beim TB Neuffen mit Anleihen aus Frankreich initiierte, von großer Bedeutung.

1999 berichtete der damalige Bundestrainer Klaus Jördens dem Autoren in einem Interview davon, dass Juniorin Verena Berger 1998 bei der WM im kanadischen Mont Sainte Anne Berg hoch schneller war als die Spitze, aber in den technisch schwierigen Passagen so viel Zeit verlor, dass sie mit über sechs Minuten Rückstand nur Siebte wurde. Damit war viel gesagt. Berger war ausgerechnet aus Neuffen, aber die Impulse kamen für das Talent zu spät.

 

Im Endeffekt ist man auf nationaler Ebene dann dem Weg der Neuffener gefolgt.

Ich denke, das war der Impuls für den richtigen Weg. Ob es alles richtig war, wie wir es umgesetzt haben, da lässt sich drüber streiten. Aber es war hilfreich über den Tellerrand hinaus zu schauen. Man muss nicht sagen, dass die alles besser machen in Frankreich oder der Schweiz, aber man kann trotzdem schauen, was sie anders machen.

Jedenfalls wurden die Erkenntnisse in den Schwaben Kids-Cup und den Event in Stetten übertragen. Und der wurde ein Stück weit zum Talentschuppen.

Da haben etliche Biker ihr Handwerk gelernt und in Stetten sind bekannte Namen aufgetaucht. Eliminator-Weltcupsieger Simon Gegenheimer, Junioren-Europameisterin Mona Eiberweiser oder der Junioren-EM-Dritte Martin Gluth. Der spätere U23-Meister Andy Eyring und Junioren-Meister Marcel Fleschhut waren in der Serie auch vertreten. Sascha Bleher vom RSC Hengen und die Haase-Schwestern Katharina und Julia wurden auch zu Nationalfahrern. Und ein paar mehr, die ich jetzt nicht alle aufzählen kann.

Die Serie war ein großer Erfolg. Wir hatten immer Starterfelder von über 200 Kindern (U15 und jünger) und eher Probleme, die alle durch die Trial-Prüfungen zu bekommen.

Als Vater zweier MTB fahrender Kinder am Streckenrand zu stehen, war Ihnen nicht genug? Sie haben sich früh auch organisatorisch engagiert.

Ja, das ging relativ schnell. Ich fand es nicht gut, dass ich die ganze Zeit bloß blöd rumgestanden bin. Ich dachte, fährst deine Kinder auf die Rennen und schaust was du sonst noch machen kannst. Ich war schon in Baiersbronn voll in der Organisation mit dabei und dann auch in Stetten.

 

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Der Nachwuchs-Arbeit sehr verbunden: Dieter Pfänder ©Karla Sindlinger

 

Abgesehen von der Unterstützung für Ihre Kinder, müssen Sie selbst aber auch Feuer gefangen haben für den Mountainbike-Sport.

Ja, auf jeden Fall. Es fasziniert mich heute noch, immer wieder aufs Neue.

Und was war oder ist das Faszinierende für Sie? Haben Sie auch über den Nachwuchs-Sport hinaus geschaut?

Mit dem internationalen Rennen in Münsingen hatte wir ja ein Parade-Rennen fast vor der Haustür. Da waren wir natürlich immer vor Ort, hat zugeschaut, Leute kennen gelernt und ich fand das einfach klasse, wie die Kameradschaft war. Unter den Eltern, aber auch, dass man mit jedem Sportler reden konnte. Alle waren zugänglich.

Mountainbiker waren zu der Zeit ein besonderer Menschenschlag, der gut zusammengehalten hat.

In dieser Zeit?

Das hat sich heute ein bisschen verändert, aber damals war es wirklich sehr, sehr eng.

 

Dieter Pfänder kann man – vom Corona-Jahr 2020 mal abgesehen – nahezu jedes Wochenende auf einem MTB-Event antreffen. Dabei ist er bis zu seinem Renteneintritt 2019 beruflich schon sehr viel unterwegs gewesen. Zwölf Mal im Jahr ist der Applikations-Ingenieur für einen schwäbischen Maschinenbauer aus Nürtingen nach China gejettet. Irgendwie hat er die Trips aber immer mit seinen ehrenamtlichen Einsätzen für den MTB-Sport koordinieren können.

2008 ließ sich das auch mit dem Besuch der olympischen Mountainbike-Rennen in Peking verbinden. Da sei der „Flug nicht gegangen“, erzählt er augenzwinkernd. Also musste er umbuchen. Durch seine Kontakte in China bekam auf dem Schwarzmarkt – aber zu einem anständigen Preis, wie er betont –Tickets für die eigentlich ausverkauften Rennen. So wurde er Zeuge des Olympiasiegs von Sabine Spitz. „Sehr emotional“ sei das gewesen, erzählt er. London 2012 klappte nicht, aber 2016 war er auch in Rio de Janeiro in der kleinen deutschen Fan-Gemeinde.

Vor rund 15 Jahren hat man mal hingeschaut und festgestellt, dass der Nachwuchs im MTB-Sport zum größten Teil keine Eltern hatte, die vorher schon mit dem Radsport in Kontakt waren. Insofern war das noch mal ein anderes Klientel, gewissermaßen eine extra Blase.

Der Spaß und das gemeinsame Zusammensitzen, auch miteinander leiden, das war anders als im Straßenrennsport.

Sie haben sich schließlich auch im Verband engagiert.

2007 habe ich mich beim WRSV für den Posten des MTB-Fachwarts aufstellen lassen.

Sie haben sich aber auch zum Kommissär ausbilden lassen.

Das habe ich schon 2002 begonnen. Fritz Feucht (Magstadt) war mein harter Ausbilder (lacht).

Was meinen Sie mit „hart“?

Konsequent, aber sehr fair.

Wenn er das liest, was würde er sagen?

Er würde lachen (lacht).

Sie haben im Duett viele Events begleitet.

 

Er ist ein Mann, den man immer fragen kann, wie man was umsetzen kann. Kannst Du ein Auge zudrücken, dass wir das so oder so machen? Er ist sehr weitsichtig und hat ein unwahrscheinliches Gefühl für Menschen.

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Dieter Pfänder (rechts) mit seinem „Lehrmeister“ Fritz Feucht ©Karla Sindlinger

Die Regelhüter sind bei Sportlern ja manchmal gefürchtet, vor allem, wenn sie zu wenig Fingerspitzengefühl besitzen.

Fritz Feucht ist da sicher ein positives Beispiel, auch UCI-Kommissär Ulf Luik. Die denken auch an die Sportler. Inzwischen legt die UCI in der Ausbildung da auch viel Wert drauf. Früher hat der Kommissär das Reglement mit Teufelsgewalt durchgesetzt, aber heute lehrt die UCI Fingerspitzengefühl – und auch der BDR. Es ist immer wichtig zu wissen, dass man ein gemeinsames Ziel hat. Ich versuche nach Rennwochenenden mit Sportlern den Event Revue passieren zu lassen und ein Feedback zu bekommen.

Wenn Sie sich die Kommissärs-Ausbildung anschauen, bzw. das Regelwerk, das sie sich aneignen mussten: da war für die Mountainbiker doch einiges von der Straße übernommen. Manches hat da nicht gleich auf Anhieb gepasst, oder?

Da hat viel nicht gepasst. Jahr für Jahr wurde das Reglement angepasst, bzw. korrigiert. Ich glaube aber, dass wir heute auf einem guten Stand sind. Anfangs war es tatsächlich sehr straßenlastig. Mit den Generalausschreibungen hat man dann manches angepasst. Beim TB Neuffen haben wir auch ein Mitglied, das uns im Hintergrund in den Technik-Sektionen stark unterstützt hat.

Wer war das?

Das war Speedy (der heutige Bundestrainer Peter Schaupp. Er ist heute noch Mitglied beim TB Neuffen. Durch seinen Downhill-Hintergrund war er technisch sehr gut ausgebildet und wir durften auch auf seiner Haus-Strecke in Grötzingen Technik-Training machen. Für uns war das super. Speedy ist über Rainer Heissenberger zum TB Neuffen gekommen, auch Markus Kaufmann (Zweifacher deutscher Marathon-Meister) hat seine Lizenz über den TB Neuffen gelöst.

Radsport-Vereine, die sich auch um Mountainbiker gekümmert haben, gab es in den 90ern und auch Anfang der 2000er nicht so viele.

Da hat niemand das Know-How gehabt und kaum jemand hat auch wissen wollen. In Neuffen hatten wir keine Straßenradsportler, da war das nicht so.

Und im württembergischen Verband?

Da hat anfangs nur Straße und Bahn gezählt. Man hat mir mehr oder weniger erzählt, dass Mountainbike unwichtig ist. Aber es hat sich relativ schnell verbessert. Ein, zwei Jahre hat man hart gestritten, dann wurde es besser. Wir haben die Zahlen auf den Tisch gelegt mit den Lizenznehmern aus dem Mountainbike und auf der Straße, dann wurde es besser.

Und wie war die Verteilung?

Ich würde sagen, 40 Prozent MTB und 60 Prozent Straße und Bahn. (Inklusive kleinerer Anteile BMX und Kunstrad). Wir waren hier in Württemberg schon sehr stark. Der damalige Landestrainer

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Dieter Pfänder ©Karla Sindlinger

Thomas Schediwie hat auch immer wieder Punkte gesetzt, auf seine unwahrscheinliche Art. Als jemand, der vom Straßenrennsport kam, wusste er dort Bescheid, konnte aber für den Mountainbike-Sport unheimlich gut argumentieren und aufzeigen, wo man was vernachlässigt hatte.

So dass Sie zusammen den MTB-Sport im WRSV gut etablieren konnten?

Ja, das haben wir wirklich.

Und wie haben Sie in diesem Zusammenhang den BDR erlebt?

So wie alle (lacht).

Wie denn?

Ich habe mir über den BDR am Anfang meiner Tätigkeit für den WRSV nicht viel Gedanken gemacht. Irgendwann hatte man dann mal die Gelegenheit zu Tagungen in Frankfurt. Da kam ich mir schon alleingelassen vor.

Zum Glück habe ich Udo Sprenger kennen gelernt (damaliger Vize-Präsident des BDR), der ein wenig getickt hat wie ich und ich konnte gut mit ihm zusammenarbeiten. Er hat uns immer gut unterstützt. Mit Thomas Freienstein (im BDR zuständig für U17 und U15) hatte ich durch die Frankreich-Fahrten einen guten Kontakt und so konnten wir das eine oder andere durchwinken.

Durchwinken?

Wir sind das eine oder andere Mal von den Wettkampf-Bestimmungen abgewichen. Einfach um den Sport im Nachwuchs-Bereich weiter zu entwickeln.

Das liegt vielleicht zehn Jahre zurück. Dass man da noch solche Umwege gehen musste, das ist schon bemerkenswert.

Ja, aber es sind jetzt Welten zu dieser Zeit. Wir sind viel offener und viel freier. Heute ist das Bewusstsein, über die Bedeutung der Nachwuchs-Wettbewerbe für die Zukunft des Sports deutlich größer geworden. Dass sich die Jungen entwickeln müssen und eine Plattform brauchen, das hat man früher gar nicht so gesehen.

Wenn heute ein Marc Schäfer (U19-Bundestrainer) sagt, die Sportler müssen, aus der U17 kommend, wissen was ein Trainingsplan ist und wie man sich ernährt, ist das selbstverständlich. Damals war das nicht so. Die Trainer waren auch nicht so weit. Das hat sich wirklich erst weiter entwickelt mit dem Speedy (der seit 2013 verantwortlicher Bundestrainer ist). Er hat da sehr viel Wert drauf gelegt und viel investiert.

Seit 2013 sind Sie beim BDR Beauftragter für die MTB-Ausdauer-Disziplinen.

Da hatte ich auf einmal mit Leuten zu tun, die ich sonst nur von Protokollen kannte.

Wenn Sie auf die bisher sieben Jahre zurückblicken, haben Sie Ihre selbst gesteckten Ziele erreicht?

Im Moment muss ich sagen: ich habe mein Ziel verfehlt. Ich habe gehofft, den Sport weiter pushen zu können. Ich wollte mehr Fahrer, mehr Veranstaltungen, mehr Zuschauer. Das ist – mit wenigen Ausnahmen – nicht der Fall.

Und an was hängt’s?

Ich vermute, es ist ein gesellschaftliches Problem. Ehrenamtliches Engagement in Vereinen ist seltener geworden. Überspitzt gesagt, wollen die Leute ihre Kinder abgeben und drei Stunden später wieder abholen. Aber sich selber engagieren, wollen wenige.

Sie beklagen, dass dauerhaftes Engagement – was für Planung und Organisation von Events wichtig ist – seltener wird.

Die professionellen Event-Services machen das für’s Geld. Ein Stephan Salscheider mit Skyder ist da eine Ausnahme, weil der als ehemaliger Rennfahrer auch Herzblut investiert. Ich halte es einfach für wichtig, dass wir möglichst viele Nachwuchs-Rennen haben.

Es werden nur wenige an der Spitze ankommen, aber es sind dann auch Menschen mit der Erfahrung Mountainbike, die später an Schaltstellen sitzen können. Wir haben versucht die Wettkämpfe so aufzubauen, dass man sie überall machen kann. In manchen Bundesländern wurde es angenommen, aber wir haben effektiv nicht mehr Nachwuchs-Rennen bekommen.

Sie haben vorher die anfänglichen Differenzen mit den Verbänden angesprochen. Wie ist das jetzt mit dem BDR?

Absolut, man lässt mich machen. Sicher, man muss sich abstimmen, sehr gute Unterstützung der Technischen Kommission, Vize-Präsident Günther Schabel ist ein sehr guter Partner, auch in der Geschäftsstelle und mit dem Vorsitzenden der Radsportjugend Jan Schlichenmaier habe ich eine gute Kommunikation.

Lassen Sie uns noch mal zurückkommen Ihrem persönlichen Verhältnis zum Sport. Sie haben ja als Funktionär nicht aufgehört als ihre Kinder aus gesundheitlichen Gründen mit dem Sport aufgehört haben. Was hat sie motiviert weiter zu machen?

Das ist mir heute noch schleierhaft, warum ich nicht aufgehört habe (lacht). Ich weiß nicht. Es ist die Kameradschaft, es sind die Freundschaften, die man pflegt, der Sport, der mir immer noch Gänsehaut verschafft. Das ganze Flair, der Respekt voreinander. Du kommst mit allen ins Gespräch, auch mit den Sportlern, das ist einfach prima. Ich habe mir das schon oft überlegt. Eigentlich wollte ich nach der WM in Albstadt aufhören, aber im Moment frage ich mich, ob ich das nach so einem Jahr (Stichwort: Corona-Krise) kann.

Auf was würden Sie sich denn bei der WM in Albstadt am meisten freuen?

Wenn Ronja (Eibl) den U23-Titel holt und Manuel (Fumic) gewinnt (lacht). Auf interessante Rennen und dass der oder die Richtige gewinnt.

Kurzporträt: Dieter Pfänder

Alter: 65

Verheiratet, zwei Kinder

Heimatort: Neuffen

Funktionärsposten: BDR Radsport-Kommissär, MTB-Fachwart im Württembergischen Radsport-Verband, BDR Beauftragter MTB-Ausdauersportarten (Cross-Country, Marathon, Eliminator, Short Track)

www.wm2020albstadt.de

Offenlegung: Der Autor hat den Text für die Pressearbeit der WM in Albstadt erstellt

 

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