Ben Zwiehoff: 100 Prozent für Olympia

Interview zum Team-Wechsel und zur Konkurrenz-Situation im Kampf um Tokio 2020

Kurz nach Weihnachten verkündete Ben Zwiehoff seinen Wechsel von Bergamont zu Centurion-Vaude. Dass der Cross-Country-Vizemeister und Olympia-Aspirant damit zu einem, auf Marathon-Rennen spezialisierten Team gewechselt ist, wirft Fragen auf. Die hat der Essener in einem Telefon-Interview beantwortet und dabei auch erzählt, wie er seine Chancen auf eine Olympia-Teilnahme sieht.

 

ACC: Ben, deine langjährige Verbindung mit Bergamont ging aus unternehmens-strategischen Gründen zu Ende, die du nicht beeinflussen konntest. Aber auf die Idee, dass du als Cross-Country Olympia-Kandidat bei einem Marathon-Team wie Centurion-Vaude unterschreibst, darauf hätten wohl die wenigsten getippt. Ist es – pardon – eine Art Notlösung, um den Sport weiter betreiben zu können?

 

Ben Zwiehoff: Dass das so gesehen wird, kann ich auf jeden Fall verneinen. Ich hatte auch Möglichkeiten bei Cross-Country-Teams unterzukommen. Der Kontakt zu Centurion-Vaude kam über Torsten Walter zustande, der seit langem mein Physiotherapeut ist und gleichzeitig für Centurion-Vaude arbeitet. Er hat mich beim Team ins Gespräch gebracht und wir haben uns vom ersten Kontakt an gut verstanden. Es wirkte von Anfang an professionell und bisher hat sich das auch bestätigt.

Auch wenn ich Englisch und Spanisch spreche, ist es von Vorteil, dass es ein deutsch-sprachiges Team ist. Hilfreich war auch, dass ich den Sportwissenschaftler Clemens Hesse ohnehin schon angefragt hatte und der auch das Team betreut. Zudem hat Centurion-Vaude sehr, sehr gutes Material. Es gab also genügend Gründe.

Hattest du schon Kontakt mit dem ganzen Team?

Ja, ich habe das Team schon kennen gelernt und wir haben uns gleich super verstanden. Es war mir auch wichtig in ein Team zu kommen, in dem ich mich direkt wohl fühle.

Wie wird die Unterstützung des Marathon-Teams im Cross-Country-Bereich ausfallen?

Es wird auf jeden Fall umfangreicher sein als ich das bei Bergamont hatte. Bisher hatte ich ja mit meinem Vater quasi eine Two-Man-Show. Bei allen Weltcups werde ich Mechaniker Dennis Schelkle und Physio Torsten Walter dabei haben. Viele Aufgaben, die ich bisher hatte, werden mir abgenommen.

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Auf Lanzarote beginnt für Ben Zwiehoff das Kapitel Centurion-Vaude ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

In der Pressemitteilung ist von Marathons und Etappen-Rennen die Rede. Was, außer dem viertägigen Club La Santa auf Lanzarote Ende Januar, ist denn sonst noch vorgesehen?

Das Programm ist straff. Nach dem La Santa fahre ich mit Jochen (Käß) zusammen zwei Tage später das Costa Blanca Bike Race. Das bin ich ja mit Anton Sintsov schon gefahren. Mit Jochen könnte das gut passen, wir kommen ja beide von der Ausdauerfähigkeit. Wenn ich das überlebt habe (lacht), dann werde ich erst mal die Füße hochlegen.

Danach kommt das HC-Rennen in Banyoles, das mache ich mit dem BDR. Das hat mir 2019 schon gut getaugt. Das nächste große Team-Ding ist Ende Februar das Andalusia Bike Race. Das wird wichtig, um in die Teamstruktur rein zu wachsen. Und um Punkte zu holen.

Womit wir wieder beim Cross-Country und Olympia sind.

Ja. Ich weiß, dass wir für die Nationenwertung Punkte brauchen. Meine Olympia-Teilnahme hängt auch vom Erreichen des zweiten Startplatzes ab. Wir gehen davon aus, dass Manuel Fumic in Tokio dabei ist, wenn er das will. (Fumic hat die besten Resultate vorzuweisen). Wenn Mani fit ist, müssen wir Jungen nicht so verblendet sein, zu glauben, wir könnten an ihm vorbeifahren. Wir brauchen also den zweiten Startplatz und sich zurücklehnen und hoffen, dass die anderen die Punkte einfahren, wäre auch nicht korrekt. Gleichzeitig will ich natürlich auch meine eigene Startposition verbessern. (Zwiehoff ist aktuell 50. der Weltrangliste).

Ihr seid drei Fahrer, die diesen zweiten Startplatz haben wollen. Vielleicht sogar vier, wenn Luca Schwarzbauer noch mal auftrumpft. Wie schätzt du deine Chancen ein?

Olympia ist mein erklärtes Ziel. Ich werde 100 Prozent alles geben und ich glaube, dass ich es schaffen kann. Ich glaube nicht an Wunder, sondern ich arbeite an meinen Zielen. Wenn ich meinen Startplatz verbessert habe, dann sind meine Chancen auch größer weiter vorne zu landen. Ich traue mir ein Top-Ten-Resultat zu, wenn alles zusammenpasst.

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Bei der EM in Brünn machte Ben Zwiehoff als 13. den zweiten Teil der Olympia-Norm perfekt ©Niklas Hartmann/EGO-Promotion

Ihr kommt untereinander eigentlich gut miteinander klar. Wie erlebst du die Situation jetzt?

Man spürt den Konkurrenzkampf, die Anspannung ist höher. Aber es bleibt ja auch nichts anderes übrig als gemeinsam die Punkte zu holen. Ich habe den Eindruck, dass alle an einem Strang ziehen. Das ist eine super Mentalität.

Und du selbst? Spürst du den Druck?

Ich denke, ich habe eine Riesen-Vorteil: Meine Karriere hängt nicht von Olympia ab. Ich kann die Lockerheit ins Olympiajahr tragen. Wenn ich da hinkomme, ist es super. Aber wenn es nicht klappt, ist es auch nicht schlimm. Ich bin an die Fern-Uni Hagen gewechselt und arbeite weiter an meinem Jura-Studium. Nebenher was zu haben, ist für mich hilfreich. Deshalb habe ich auch kein Urlaubssemester eingelegt. Ich kann ich mir auch vorstellen, noch mal was anderes, wie z.B. Straßenrennsport zu probieren.

Gibt es denn eine Ansage, auf welche Art die Entscheidung gefunden wird?

Nein, es gibt keine. Mani und Max (Brandl) haben A-Norm gefahren. Aber Max hat das in der U23 getan. Wie er sich 2020 im ersten Elite-Jahr schlägt, muss man abwarten. Alles wird in großem Maße davon abhängen, wie die Ergebnisse bei der EM in Graz und beim Weltcup in Nove Mesto sein werden. Ich finde das nicht schlecht, denn es geht auch darum, wer Deutschland in Tokio am besten vertreten kann. Die EM-Strecke in Graz taugt mir sehr gut.

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In Albstadt bei der WM mit hoher Zielsetzung: Ben Zwiehoff nach dem Weltcup in Albstadt 2019 ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Neben Olympia gibt es 2020 ja noch einen weiteren Höhepunkt, besonders für deutsche Cross-Country-Biker. Wie wichtig ist dir die WM in Albstadt?

Die WM im eigenen Land ist mir persönlich selbstverständlich sehr, sehr wichtig. Albstadt zählt zu den Strecken, die mir rein vom Profil her liegen. Liegen müssen, auch wenn ich da noch nicht so oft super Ergebnisse gebracht habe. 2019 war es okay, wenn man die Startposition in Betracht zieht. Es hängt viel von der Startposition ab. Wenn ich eine gute Ausgangsbasis habe, dann ist da viel möglich. Gerade auch, getragen von den Fans und den vielen Zuschauern, die immer da sind, ist das ein Highlight. Meine Zielsetzung ist extrem hoch, da will ich zeigen, was geht. Vor allem, weil es wohl auch die letzte WM im eigenen Land ist, die ich bestreiten kann. Das ist eine einmalige Geschichte und hat einen ähnlichen Stellenwert wie Olympia.

Du hast in der Pressemitteilung angedeutet, dass du für 2020 an ein paar Stellschrauben gedreht hast, drehen willst. Was für Details sind das denn?

Ich werde mit Clemens Hesse als Co-Trainer arbeiten, der gleichzeitig auch für das Team Centurion-Vaude tätig ist. Mein Vater Hansjörg bleibt weiter mein Coach, aber Clemens Hesse schaut auf die Geschichten drauf und gibt Impulse. Zudem arbeiten wir mit Trainalyse, dem Moxy Muskel Sauerstoff Monitor und versuchen zudem die Ernährung zu optimieren. Das sind Bausteine, um das Training genauer zu steuern. Das Paket war im Übrigen auch ein Grund für mich, zu Centurion-Vaude zu gehen. Die Ansätze von Clemens Hesse und von Team-Chef Bernd Reutemann haben mich überzeugt.

 

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