Moritz Milatz: Im Spiel bleiben und Spaß haben

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Wieder zum Lachen aufgelegt: Moritz Milatz ©Armin M: Küstenbrück/EGO-Promotion

Nächste Woche beim BMC Racing Cup in Schaan greift der WM-Vierte Moritz Milatz (32) erstmals im Trikot von Koch Engineering-Müsing-Bikes ins Renngeschehen ein. Ein halbes Jahr, nachdem sich der Freiburger nach der besten Saison seiner Karriere mehr oder weniger unfreiwillig aus dem Vollprofi-Dasein verabschiedete, spricht er im Interview darüber warum er jetzt ein gewissenhafterer Student ist, wie er sich die Saison 2015 vorstellt und erklärt, warum er ihn auch Resultate jenseits der Top 20 nicht demotivieren werden.

Moritz, seit Oktober kombinierst Du Studium und Sport. Bringst Du beides unter einen Hut?
Ja, es geht eigentlich. Phasenweise ist es halt stressig. Als Prüfungen waren, habe ich halt viel gelernt und auch mal ein paar Tage nicht trainiert. Aber insgesamt geht es gut. Klar, ich habe nicht die Umfänge trainiert wie die Jahre zuvor. Aber ein bisschen was ging immer. Ich denke, ich habe meine Zeit ganz gut genutzt.

Du warst im Februar mit dem BDR auf Gran Canaria. Wie Bundestrainer Peter Schaupp sagt, sei es bei Dir von Tag zu Tag besser gegangen.

Ja gut, das war ein bisschen extrem, auch weil ich die Woche davor krank war. Am Anfang war es hart, ein bisschen von Null auf Hundert. Ich habe dort nichts Intensives trainiert, das war nicht mein Ziel. Aber ich konnte ein gutes Grundtempo fahren und das hat sich nicht so schlecht gefühlt.

Kannst Du aus aktueller Sicht sagen, wie sich deine Form unterscheidet zu den Vorjahren?
Im Moment kann ich es nicht einschätzen, wo ich stehe. Es geht dieses Jahr sowieso später los mit dem Weltcup. Deshalb habe ich mir auch keinen Stress gemacht und auch fast noch keine Intensitäten trainiert. Allgemein fühlt es sich relativ gut an, es macht Spaß und ich erhole mich auch ganz gut. Die nächsten Tage werde ich auch mal intensivere Einheiten einlegen, ein paar Intervalle und so. Damit ich zum ersten Rennen in Schaan ein bisschen reinkomme. Es ist lange her, dass ich ein Rennen gefahren bin (lacht). Da weiß man sowieso nie wo man steht. Und jetzt, mit der neuen Situation speziell noch mal. Da weiß ich erst in ein paar Monaten, was das wert ist.

Das Team Koch Engineering-Müsing Bikes wurde ja neu formiert. Gab es schon Berührungspunkte mit Deinen Kollegen?

Nein, bis jetzt noch nicht. Klar, mit Wolfram (Kurschat) habe ich mich schon getroffen und auch mit Patrick Koch (Sponsor). In Schaan werden zum ersten Mal alle zusammen sein.

Um auch die Abläufe in der Betreuung und so weiter mal zu testen?

Ja, genau.

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Das sind Milatz‘ neue Teamkollegen (von links): Wolfram Kurschat (Team-Chef), Lukas Baum und Daniel Voitl ©Team Koch Engineering-Müsing Bikes

Mit dem zeitlichen Abstand von sechs Monaten, wie siehst Du die ganze Entwicklung nachdem Du von BMC keinen Vertrag mehr angeboten bekommen hast?
Es war auf jeden Fall das Beste mit dem Studium anzufangen. Das war zwar alles etwas überstürzt, weil nur noch einen Monat Zeit blieb nach der WM. Aber letztlich war es genau richtig. Es hat mir bis jetzt auch Spaß gemacht. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wäre der Winter um einiges zäher gewesen.

Der Umstand, nach Deiner bisher besten Saison, von BMC kein Angebot mehr bekommen zu haben, scheint Dich lange Zeit beschäftigt zu haben. Hast Du die Enttäuschung und den Ärger inzwischen hinter Dir gelassen?

Enttäuscht bin ich immer noch. Aber es ist nichts, was an mir nagt.

Gibt es so Gedanken wie: jetzt erst recht, denen zeig’ ich’s?
Ja klar, das gibt’s schon. Aber alles zu seiner Zeit. Es ist kein Gedanke, wegen dem ich mir Stress mache oder so. Aber im Grunde habe ich letztes Jahr ja schon gezeigt, was ich kann. Und wenn das nichts wert ist, was dann? Deshalb ist schon gut so wie es ist. Hätte ich ein halbherziges Angebot angenommen, daraus hätte ich keine Motivation schöpfen können.

Andere Optionen haben sich zerschlagen, das Team Koch Engineering-Müsing Bikes steht erst am Anfang und kann noch keine professionellen Bedingungen bieten. Wie siehst Du Deine Situation jetzt?
Insgesamt bin ich schon zufrieden. Ich habe inzwischen auch von der Sporthilfe Bescheid bekommen, dass ich in der Elite-Förderung (1500 Euro monatlich für 18 Monate) aufgenommen bin. Wäre das nicht zustande gekommen, dann hätte ich mir überlegt, ob ich überhaupt noch weiter mache. Ich muss das gegenüber meiner Familie ja rechtfertigen, dass ich so viel Zeit investiere in meinen Sport. Dass es mehr ist als ein Hobby. Aber so ist das schon gut und motiviert mich auch. Ich hoffe natürlich, dass die Situation nächstes Jahr eine bessere ist, im Olympia-Jahr. Dass ich möglichst professionell trainieren kann. Aber jetzt warten wir mal dieses Jahr, dann weiß ich mehr.

Wie stellst Du Dir Deine Saison 2015 vor? Du hast schon angedeutet, dass Du bei den Weltcups in Nove Mesto und in Albstadt mit einer ordentlichen Form am Start stehen willst.
Werde ich auf jeden Fall versuchen. Beim Weltcup musst Du immer mit einer ordentlichen Form am Start stehen, sonst kannst Du das vergessen. Ich muss halt versuchen die Zeit, die ich habe, zu nutzen. Was dabei heraus kommt, werden wir sehen. Ich mache mir auf jeden Fall keinen Druck. Fernziel ist Olympia in Rio, das bleibt. Trotzdem werde ich mich nicht drauf versteifen, dieses Jahr die Quali-Norm zu erfüllen. Ich will im Spiel bleiben, um nächstes Jahr alle Chancen zu haben.

Das heißt, es ist dieses Jahr nicht unbedingt Dein Ziel, die Norm zu erfüllen?
Nun, wenn ich Weltcup fahre, will ich auch gut fahren. Aber nach so vielen Jahren Profi weiß ich, wie schwer das ist. Wenn ein Ticken fehlt und das kann dieses Jahr mit der Umstellung auch passieren, dann bist du schnell mal 30 Plätze weiter hinten. Das kann man vorher schwer abschätzen. Natürlich will ich möglichst viele Weltcups fahren, auch wegen den Punkten. Aber außen rum, werde ich wahrscheinlich nicht viel fahren. Ein paar Bundesliga-Rennen und Schaan. Vielleicht komme ich auf zehn, zwölf Rennen, viel mehr wahrscheinlich nicht. Aus minimalem Aufwand möglichst viel herausholen, das ist das Ziel. Und Spaß haben, das ist wichtig. Wenn ich den nicht habe, brauche ich es auch nicht machen.

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Moritz Milatz bei seinem fünften Platz beim Weltcup in Albstadt 2014. Ob es als Student auch für Podiums-Plätze reichen kann? ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Wenn Du sagst, ganz schnell ist man 30 Plätze hinten…
…ja, das ist mir 2013 passiert, das war so eine verkorkste Weltcup-Saison. Da bist du am Anfang krank, dann stehst du zwei Reihen weiter hinten, kommst in einen Sturz rein, stehst noch weiter hinten…

Wenn Du in Nove Mesto ohne Probleme durchkommen würdest und am Ende 25., könntest Du das akzeptieren?
Ja, kann passieren.

Auf so was bist Du vorbereitet?
Ja, natürlich.

Und das würde Dich auch nicht demotivieren?
Nee, glaube ich nicht. Ich weiß ja was ich kann, wenn alles stimmt und ich eine perfekte Vorbereitung habe. Ich weiß nur nicht, was ich unter diesen neuen Umständen kann.

Wie sehen denn die kommenden Wochen aus? Welche Rennen fährst Du?

Schaan und Heubach fahre ich auf jeden Fall. Vielleicht auch Wombach, aber da bin ich mir noch nicht sicher. Und dann die Weltcups in Nove Mesto und Albstadt. Ich kann sicher nicht jede Woche Rennen fahren, das geht nicht.

Da liegen dann drei Wochen zwischen Heubach und Nove Mesto. Kommst Du damit klar, wenn Du vor einem Höhepunkt keine Wettkampf-Belastung hast?

Na ja, muss halt (lacht). Nee, ich denke schon. Was halt schwierig werden könnte, ist die Erholung zwischen den Rennen. Einerseits weil ich im Winter nicht die Umfänge gemacht habe und andererseits weil ich während der Woche in der Uni sitze.

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2015 „im Spiel bleiben“ für die dritte Olympia-Teilnahme: Moritz Milatz, hier bei seinen zweiten Olympischen Spielen in London ©Jahn Ekman

Das Studium macht noch Spaß?
Ja, ja. Voll. Ich habe auch alle vier Prüfungen gut rumgebracht. Eine war eine Zitterpartie (lacht), aber ich habe sie bestanden. Das motiviert dann auch, wenn man merkt, dass man es noch kann. Auch nach zehn Jahren Pause.

Ich stelle mir das schwierig vor, nach so langer Zeit wieder in den Uni-Betrieb einzusteigen.
Ich muss sagen, ich habe es mir schlimmer vorgestellt. Vor allem weil ich null Anlaufzeit hatte. Ich habe mich nicht vorbereitet auf irgendwas, bin einfach ins kalte Wasser gesprungen.

Ist das mit zehn Jahren Abstand eine andere Art des Studierens? Für Dich?
Ja, ich glaube schon. Ich nehme es schon ernster als vor zehn Jahren (lacht). Damals war ich mit dem Kopf nur beim Radfahren. Vor allem im letzten Sommersemester, das ich gemacht habe. Das ist jetzt schon anders. Ich bin gewissenhafter, motivierter, das gut zu machen. Der Kopf funktioniert ganz gut noch, das Lernen und so, vielleicht sogar besser als damals. Teilweise zumindest.

Hat das mit dem Alter zu tun, oder auch damit, was man im Profi-Sport so lernt, an Fokussierung und Konzentration?
Mit allem, glaube ich. Auch mit Erfahrung. Was mir gut getan hat, war sicher das Studium an der Fern-Uni, was noch eine Zeit lang gemacht habe. Da kam ich zwar nicht vom Fleck, weil du dir da alles selber beibringen musst, das ist so was von zäh und langsam. Trotzdem lernst du, dir Sachen selber beizubringen und das ist schon wichtig. Das alles zusammen hat mir schon viel gebracht.

Wann fängt das Sommer-Semester an?
Am 20. April und es geht bis 20. Juli. Und dann sind die Prüfungen. Aber die Termine kenne ich noch nicht. Davon hängt auch ab, ob ich beide Weltcups in Übersee bestreiten kann oder nur einen.

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