Neue Weltrangliste: Große Turbulenzen

mountainbike_acrossthecountry_UCI_LOGO (ak) Am Dienstag nach dem Weltcup wird traditionell die neue Weltrangliste der UCI veröffentlicht. Die Ausgabe vom 21. Mai birgt einige Überraschungen – im Positiven wie im Negativen.

Weltranglisten sind eine komische Geschichte. Sie spiegeln die Leistung eines Sportlers in den vergangenen 365 Tagen wieder, zumindest ist das die Grundidee dahinter. Nun finden aber selbst die wichtigen Rennen nicht jährlich im gleichen Rhythmus statt, sodass manchmal Ergebnisse aus ertragreichen Rennen herausfallen, ohne dass entsprechende Punkte nachfließen – und anders herum. Das kann individuell so sein, zum Beispiel wenn sich ein Sportler verletzt oder einen besonders schlechten oder guten Tag hat – oder auf alle Sportler zutreffen, wenn zum Beispiel ein Weltcup auf ein weitgehend rennfreies Wochenende im Vorjahr trifft.

In der aktuellen Ausgabe der Weltrangliste trifft der Weltcup in Albstadt am vergangenen Wochenende auf die Löschung der Punkte vom Weltcup im französischen La Bresse vor einem Jahr. Keinen Sorgen zu machen braucht sich dabei weiterhin Nino Schurter (Scott-Swisspower): der Schweizer Weltmeister führt die Weltrangliste so souverän an, dass ihm auch ein 18. Platz beim Weltcup in Albstadt die Suppe nicht verhagelt: Er hat mit 1.725 Punkten über ein Drittel mehr Zähler auf seinem Konto stehen als sein Verfolger auf Platz zwei, der tschechische Olympiasieger Jaroslav Kulhavy (1.271 P., Specialized). Vergangene Woche folgte den beiden noch der Deutsche Meister Manuel Fumic (1.139 P.Cannondale).

Doch sein Schlüsselbeinbruch beim Training zum Weltcup ließ den Kirchheimer Familienvater wieder zurück auf Platz sechs purzeln: in der hart umkämpften Verfolgergruppe fehlen die Punkte halt gewaltig. Seinen Platz bleibt aber weiterhin in Team-Besitz, der dritte Rang wird nun vom Italienischen Meister Marco Aurelio Fontana (1.225 P.) eingenommen.

Auf Platz sechs, wo nun Fumic zu finden ist, stand vergangene Woche noch der Französische Meister Julien Absalon (BMC). Sein abgerissenes Schaltwerk kostete ihm nicht nur den fast sicher geglaubten Weltcup-Sieg, sondern auch den Platz in der ersten Startreihe, die ja seit diesem Jahr von der Weltrangliste bestimmt wird und nicht mehr von der Weltcup-Gesamtwertung: der Olympiasieger rutschte auf Rang 12 ab. Und doch wird er sich über die Regeländerung freuen: wäre ihm das Missgeschick nämlich bei einem der Weltcup-Auftaktrennen in den vergangenen Jahren passiert, hätte er beim nächsten Rennen auf Startplatz 61 an den Start gehen müssen.

Auch Europameister Moritz Milatz (BMC) profitiert von der neuen Regelung: Obwohl er infektbedingt in Albstadt seinen Start absagen musste, darf er in Nove Mesto am kommenden Wochenende immerhin aus der dritten Startreihe ins Rennen gehen, obwohl er in Albstadt weder Punkte für den Weltcup noch die Weltrangliste sammelte: im Gegensatz zu seinen umliegenden Konkurrenten verlor er nämlich auch keine aus dem Vorjahr und kletterte so quasi vom Krankenbett aus in der Weltrangliste von Platz 25 auf Platz 24. Milatz war 2012 beim Weltcup in La Bresse auf dem Weg zu einem Podiumsplatz, vielleicht sogar zum Sieg, mit Reifendefekt ausgeschieden und hatte damals keine Punkte gesammelt, die er jetzt hätte verlieren können.

Weißes Leaderjersey aus der zweiten Reihe?
Die Schattenseite dieser neuen Regelung (die deswegen vermutlich für 2014 angepasst wird) erlebt der Überraschungssieger von Albstadt, der Australier Daniel McConnell (Trek): der amtierende Ozeanien-Meister kletterte mit 250 frischen Punkten von Platz 20 auf Platz 10 – und wird wohl laut geltendem Weltcup-Reglement trotz Leader-Jersey aus der zweiten Reihe starten müssen. Sofern sie in Nove Mesto keine zehn Fahrer auf einer Linie unterbringen.

Im Ergebnis wenig brachte sein U23-Weltcup-Sieg dem Halterner Markus Schulte-Lünzum (427 P., Focus). Er verbesserte sich in der Weltrangliste um gerade mal einen einzigen Platz nach vorne von 46 auf 45. Sein Kontostand veränderte sich nur unwesentlich zur Vorwoche, da der Deutsche U23-Meister beim Weltcup in La Bresse vor Jahresfrist den zweiten Platz geholt hatte: damit wurden dem deutschen Hoffnungsträger fast so viele Punkte gestrichen wie durch den Sieg in Albstadt hinzukamen.
Auch er wird in Nove Mesto unter der neuen Regel „leiden“: denn die Nummer 1 im zweiten U23-Weltcup-Rennen wird der Niederländische U23-Meister Michel van der Heijden (628 P., Giant) tragen, der immerhin noch stattliche 201 Punkte mehr als der Deutsche aufzuweisen hat.

Einen wahren Absturz erlebt hingegen derzeit Wolfram Kurschat (Topeak-Ergon). Der Pfälzer, der am vergangenen Freitag seinen 38. Geburtstag feiern durfte, hat aktuell nur noch 97 Punkte auf seinem Weltranglisten-Konto und rangiert damit auf dem 240. Platz – fast doppelt so weit hinten wie noch vor einer Woche, als er noch 142. War. Ihm wurde sein 18. Platz aus La Bresse gestrichen und durch magere drei Punkte für den 89. Platz in Albstadt ersetzt: in diesem Bereich der Weltrangliste ist das natürlich eine ganze Menge.

Sabine Spitz bleibt trotz Ausfall vorne
Ganz anders hingegen sieht das an der Spitze aus: da sind die Sprünge zwischen den einzelnen Fahrern oft größer, ein Ausfall kann leichter mal verkraftet werden. Deswegen kann auch Sabine Spitz (Sabine Spitz Haibike) vermutlich noch eine Woche lang ihren Spitzenplatz verteidigen: die Deutsche Meisterin, die sich am Samstag beim Training eine Schultereckgelenkssprengung zugezogen hat und nun einige Wochen ausfallen wird, hat mit 1.365 Punkten noch 54 Punkte Vorsprung auf die Schwedische Meisterin Alexandra Engen (Ghost), die sich diese Woche von Rang vier auf zwei vorgeschoben hat.
Sie profitiert damit ebenfalls von einer Verletzten: die französische Olympiasiegerin Julie Bresset (BH Suntour KMC), die kurz nach dem Start in Münsingen so unglücklich gestürzt war, dass sie sich das Schlüsselbein gebrochen hatte und seither natürlich keine Rennen mehr bestreiten konnte, ist nun Vierte – und wird wohl in der nächsten Ausgabe der Weltrangliste noch weiter zurückfallen.

Währenddessen arbeitet sich Adelheid Morath (900 P., Sabine Spitz Haibike) immer näher an die TopTen heran. Für sie gilt oben gesagtes leider andersherum: so leicht man einen Platz an der Spitze auch trotz eines einzelnen schlechten Ergebnisses auch mal halten kann, so schwer ist, sich von unten herauf in die Toppositionen vorzuarbeiten. Denn trotz der guten Resultate aus diesem Jahr ist die 28-jährige Freiburgerin immer noch erst auf Platz 14 zu finden (Vorwoche: 17.).

Gunn-Rita Dahle (3. => 6., Multivan Merida) Elisabeth Osl (10. => 15., Ghost) und Annie Last (11. => 16., Brentjens Superior) bekommen aber langsam zu spüren, dass die Saison 2013 nicht ganz wunschgemäß verläuft. Zwischen Platz 43 und 52 finden sich gleich vier erfolgreiche deutsche Sportlerinnen:
Silke Schmidt (43., 396 P., Team Herzlichst Zypern), Elisabeth Brandau (44., 387 P., EBE Racing), Anja Gradl (50., 356 P., Bulls) und Hanna Klein (52., 351 P., Lexware-Rothaus). Ebenfalls in den Top100 ist auch die erst 21-jährige Helen Grobert (Focus) auf 67. Rang mit 306 Punkten – ehe es eine weitere große Lücke gibt: erst auf Platz 132 folgen Lena Putz (150 P.) und auf 138 Nadine Rieder (149 P., Topeak Ergon), die einen Riesensprung gegenüber der Vorwoche macht: damals belegte sie noch Rang 201 – und macht damit fast die Verluste ihres Team-Kollegen Wolfram Kurschat wieder wett. Die nächste Ausgabe der Weltrangliste gibt es in einer Woche, am 28. Mai 2013. Text: Armin M. Küstenbrück Hier geht’s zur aktuellen Ausgabe: http://www.uci.ch/templates/BUILTIN-NOFRAMES/Template1/layout.asp?MenuId=MTY2MDM&LangId=1

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