Weltcup La Bresse Nachgedreht (2): Große Sprünge, Olympia-Stress und schlechte Nächte

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Anspannung vor dem Start der Herren in La Bresse ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Halbzeit für die Herren-Welt. Ein Schweizer verfolgt von zwei Franzosen. Ein Deutscher mit Rekordwert. Die Freude am Rennen, Champagner gibt’s erst in Runde zwei und Olympia ist halt vor allem: Stress. Aus La Bresse Nachgedreht was hier noch nicht geschrieben stand.

Die Weltcup-Gesamtwertung ist bei den Herren bei Halbzeit völlig offen. Nino Schurter (Scott-Odlo) führt mit 40 Punkten Vorsprung auf Julien Absalon (BMC Racing). Das ist nicht mal der Unterschied zwischen Platz eins und zwei (50 Zähler). Auch Maxime Marotte (BH-Sr Suntour-KMC) liegt nur 90 Punkte zurück. Dann aber tut sich zu Luca Braidot (Forestale) eine Lücke von 257 Punkten auf (250 gibt’s für einen Sieg).

Ab Platz vier tummeln sich die Fahrer, die gewisse Unregelmäßigkeiten in ihren Weltcup-Bilanzen aufweisen. Jaroslav Kulhavy (Specialized Racing) fehlt das Rennen in Cairns, weshalb er nur auf Rang sieben liegt. Bis Platz elf sind er und der Italiener Braidot die einzigen „Nicht-Schweizer-Franzosen“. Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing) ist jetzt 17., was ihn in Lenzerheide erneut auf dieser Startposition festklopfen wird. Es sei denn es fehlt vor ihm einer.

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In der männlichen U23 bleibt es beim Duell zwischen Titelverteidiger Titouan Carod (Scott Creuse Oxygen) und Sam Gaze (Specialized Racing), der als Dritter in La Bresse seine Gesamtführung verteidigte. Ben Zwiehoff (Bergamont-Hayes) verbesserte sich hinter Andri Frischknecht (Scott-Odlo) auf Rang elf, Georg Egger bleibt als 14. trotz Nullnummer (67. mit schlechter Verfassung und Defekt) in den Top 16, was ihm auch in Lenzerheide einen Start aus der zweiten Reihe garantiert.

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Max Brandl und Georg Egger, der sich im Hintergrund im Drop befindet, sind in der Gesamtwertung punktgleich ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Allerdings extrem knapp. Denn gleich vier weitere Fahrer haben wie er 30 Punkte auf dem Konto. Dann entscheidet das beste Einzel-Ergebnis (7.) über die Platzierung und bei Gleichheit das aktuellste. Lexware-Teamkollege Max Brandl hat auch 30 Punkte, aber „nur“ einen 11. Platz zu bieten. So ist er 17. und wird in Lenzerheide wieder nach Weltrangliste aufgestellt. Was ihn etwa zwei Startreihen kosten dürfte.

In der weiblichen U23 sind es mit Sina Frei (jb Brunex Felt), Kate Courtney (Specialized Racing), Evie Richards (Großbritannien) und Anne Tauber (Habitat MTB Team) vier Fahrerinnen, die binnen 70 Punkten liegen (für Siege gibt es 90).

Als beste Deutsche hat sich Sofia Wiedenroth auf den 13. Platz geschoben, was ihr in Lenzerheide eben diesen Startplatz beschert. Hannah Grobert (Ghost, 18.) profitiert dort dann nicht mehr von ihrem Start in Australien. Sie gab in La Bresse das Rennen auf, nachdem sie schon in der ersten Runde weit zurückgeworfen wurde.

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Die Kollegen von mtbcrosscountry.com haben mit ihrer Leidenschaft für Statistik zu Tage gefördert, dass Christian Pfäffle (Stevens MTB Racing) im Herren-Rennen den größten Sprung nach vorne gemacht hat.

Er hatte Startnummer 125, wurde an 113. Stelle zum Start aufgerufen und beendete das Rennen auf Platz 48. Damit hat er 65 Fahrer überholt. Der Italiener Michele Casagrande war von 119 auf 56 nicht viel schlechter und Thomas Litscher (siehe unten) hat 61 Leute hinter sich gelassen.Christian Pfäffle fuhr, wie schon in Albstadt, ab der dritten Runde Top 40-Rundenzeiten.

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Gerade hat er wieder einen überholt und gleich kommt der Nächste dran: Christian Pfäffle hat in La Bresse die Rekordmarke in Sachen Überholvorgänge gesetzt. ©Erhard Goller

Bei den Damen ist Katarzyna Solus-Miskowicz die Spitzenreiterin in dieser Wertung. Sie sprang von 73 auf 27, während Ghost-Bikerin Alexandra Engen immerhin von 62 auf 32 kletterte.

In der U23 schaffte Lukas Baum (Koch Engineering-Müsing Bikes) tolle 57 Überholvorgänge von 73 auf 16. Noah Blöchingler konnte sogar 60 Leute passieren (129-69). Mehr dazu hier.

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Thomas Litscher (Multivan-Merida) fuhr von Startposition 79 ein starkes Rennen, das er auf dem 14. Rang beendete. Schon nach einer Runde lag er auf Platz 32. „Ich bin zufrieden, heute ist mal alles aufgegangen. Ich mag es, wenn die Strecke so technisch ist, ich habe Freude gehabt“, kommentierte er sein bisher bestes Saisonresultat.

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Teamkollege José Antonio Hermida hadert schon seit Beginn der Saison mit seinem Start. „Ich werde alt, in der ersten Runde habe ich einfach keinen Punch, nur ein Tempo. Ab der zweiten Runde ist es, als würde man eine Flasche Champagner öffnen“, sagte der Spanier, lachend über sich selbst. „Daran muss ich unbedingt arbeiten.“ Später verlor er Luft aus dem Reifen, entschied sich aber damit weiter zu fahren. „In der letzten Runde wäre das Rennen rum gewesen. Jetzt bin ich 23. und bin damit ganz zufrieden.“

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Champagner-Flasche erst in Runde zwei entkorkt: José Hermida ©Thomas Weschta/EGO-Promotion

 

Ondrej Cink (Multivan-Merida) war schon nach einer Runde nicht mehr auf der Bildfläche. Der Tscheche kam am Start nicht ins Pedal und wurde bis auf Platz 80 durchgereicht. „Dafür habe ich heute die Beine nicht gehabt“, schüttelte er enttäuscht den Kopf, nachdem er sich in Richtung Team-Zelt aufgemacht hatte.

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Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) verschwand bereits in der ersten Runde vom Livetiming. Der Deutsche Vize-Meister gab das Rennen auf. „Es hat vom Fokus her nicht geklappt“, erklärte er gegenüber acrossthecountry.net. In der Nacht zuvor habe er kaum ein Auge zubekommen und sich davon „leider zu sehr beeinflussen lassen“. Die Hoffnung, dass der Startschuss den Schalter umlegen würde, hat sich nicht erfüllt. „Ich wäre wohl lieber im Bett geblieben“, meinte Schulte-Lünzum. Er werde das mit seinem Mental-Coach aufarbeiten, abhaken und „nach vorne schauen“.

Im Nachsatz meinte er noch: „Die Beine wären gut gewesen“…

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Fabian Giger (Kross Racing) sah man zu Beginn des Rennens am Berg das Tempo machen. „Ich habe es probiert und auch nicht überzogen“, fand Giger. Er wollte die letzte

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Fabian Giger beißt – hinter Jordan Sarrou und vor Marco Fontana ©Erhard Goller

Chance wahren noch ins Schweizer Olympia-Geschäft einzusteigen, in die Top Fünf zu fahren und die Norm zu knacken, nachdem er in Albstadt, an dritter Stelle liegend, gestürzt war und einen Defekt erlitten hatte.

Doch den Anfangsschwung konnte er nicht fortsetzen. „Anschließend fehlte mir etwas die Energie“, bekannte Giger gegenüber acrossthecountry.net. „Es war eine schwierige Woche und ich denke, das hat etwas Kraft gekostet. Als ich nicht mehr in den Top Ten war, ging eh gar nichts mehr.“ Am Ende war es Rang 28 und das Ende jeglicher Olympia-Träume.

„Albstadt hat mich schon gestresst, ich fühlte mich anschließend die ganze Woche nicht wohl, kein Vergleich mit der Woche vorher. Aber ich will nicht klagen, ich hatte meine Chance und habe sie nicht genutzt.“

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Auch Lars Forster (BMC Racing) hat der Druck um die Quali für die Olympischen Spiele möglicherweise einen Streich gespielt. Er konnte an seine Leistungen von Cairns (6.) und Albstadt (5.) nicht anschließen. „Ich war irgendwie im Kopf nicht ganz klar und habe bereits am Anfang schon viele Fehler gemacht“, sagt Forster. Immerhin sei er da aber noch in den Top Ten, bis Ende Runde drei noch in den Top 15. Doch dann erwischte ihn ein Plattfuß. „Danach lief gar nichts mehr und es kamen auch noch Stürze dazu.“ Unterm Strich: Rang 41 und eine etwas kleiner gewordene Chance aufs Rio-Ticket.

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„Im Kopf nicht ganz klar“: Lars Forster in La Bresse ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion
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