WM Andorra Nachgedreht (2): Rekordlerin Kalentieva und Start-Stopp-Modus bei einer Favoritin
Die Weltmeisterin und ihre Schramme am Kinn. Die Vize-Weltmeisterin und ihre Medaillensammlung. Die Vierte, die sich nicht beklagen will. Und zwei zufriedene Schweizerinnen. Von der WM in Andorra aus der Damen-Welt nachgedreht, was hier noch nicht geschrieben stand.
Pauline Ferrand Prevot (Rabo-Liv), das wurde schon vermerkt, hat Geschichte geschrieben. Drei Weltmeister-Titel in drei verschiedenen Disziplinen binnen zwölf Monaten. Eigentlich sind es ja sogar vier, denn im Team Relay stand sie ja auch noch ganz oben. Mit einem Pflaster am Kinn.
Um das noch mal aufzuklären. Ja, die Schramme hatte sie vom Warmfahren vor dem Staffel-Rennen. Zehn Minuten vor dem Start blieb sie an einem Baum hängen und stürzte, mit dem Kinn voraus. „Auf einen großen Stein, den einzigen, den es da gab.“
Das führte kurzfristig zur Schnapp-Atmung. Nicht wegen der Höhenlage des Bikepark Vallnord, sondern weil sie Angst hatte, den Staffel-Erfolg zu gefährden. Aber sie bekam sich rechtzeitig wieder in den Griff und fuhr eine Zeit, die nur zwei Sekunden langsamer war als die von Annika Langvad.
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Irina Kalentieva (Möbel Märki) hat ihre Silber-Medaille aus dem Vorjahr wiederholt und damit in der Elite-Kategorie ihre insgesamt achte WM-Medaille im Cross-Country geholt (plus eine Silberne im Marathon). Damit ist die Russin übrigens Rekordlerin. Niemand hat so viele WM-Medaillen in der Cross-Country-Disziplin gesammelt wie Irina Kalentieva. Zwei Goldene, vier Silberne und zwei bronzene Plaketten hat sie im Schrank. (Hinter ihr folgen Gunn-Rita Dahle-Flesjaa mit sechs, Sabine Spitz und Maja Wloszczowska mit je 5 in der Elite-Kategorie).
Bemerkenswert ihre Aufholjagd von Rang acht auf zwei. In Runde drei begann sie ihren unaufhaltsamen Vormarsch. Ganz bewusst hatte sie am Anfang dosiert und mit ihrer großen Erfahrung dann etwas möglich gemacht, was man im Angesicht von 1:14 Minuten Rückstand auf Rang zwei nach zwei Runden nicht mehr für möglich gehalten hatte.
In Runde fünf nahm sie sogar Pauline Ferrand Prevot 33 Sekunden ab.
Gleich dreimal wurde sie nach ihrer Anreise am Mittwochabend zur Anti-Dopingkontrolle gebeten, wie auf der Homepage ihres Teams vermerkt wird. Am Donnerstag, am Freitag und am Samstag nach dem Rennen noch mal.
Gunn-Rita Dahle-Flesjaa (Multivan-Merida) hatte mehrfach im Verlauf des Rennens ihre Hand an einer Medaille, doch am Ende musste sie mit der Holz- oder, wie die Schweizer sagen, der Leder-Medaille zufrieden sein.
Als Irina Kalentieva von hinten heran und vorbei gestürmt war, da ging es um Bronze. Und erstaunlicherweise setzte sich die erst 23-jährige Yana Belomoina gegen die routinierten Dahle-Flesjaa und Catharine Pendrel durch. Obwohl das Rennen mit 1:52 Stunden Siegerinnen-Zeit extrem lang war.
„Es war ein toller Kampf. Aber ich habe am Berg nicht die Power gehabt. Wenn ich auf die letzten beiden Wochen zurückblicke, was ich mit der Lebensmittel-Vergiftung durchgemacht habe, kann ich nicht enttäuscht sein. Ich hatte eine unglaublich gute Saison und kann mich nicht beklagen“, kommentierte die Norwegerin.
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Annika Langvad (Specialized Racing) war nach ihrem Sieg im Val di Sole als eine Favoritin gehandelt worden. Und auch sie selbst hatte sich natürlich viel weiter vorne gesehen als der 16. Rang, der schließlich in der Ergebnisliste stand.
„Manchmal wird man von einer schlechten Welle erwischt und du wirst da rein gezogen. Ich denke, das ist ungefähr das, was mir heute passiert ist“ wird sie auf der Specialized-Seite zitiert.
Sie hätte sich auf die Höhe vorbereitet, aber nicht das Gefühl gehabt, an ihr Limit gehen zu können. Es hätte sich wie ein Wechsel zwischen „Start- und Stopp-Modus“ angefühlt. Und weil sie weiter hinten unterwegs war, wurde sie wiederholt von Konkurrentinnen zum Absteigen gezwungen. „Das hat mich ziemlich genervt und ich konnte das nicht abstreifen“, bekannte die Dänin.
Esther Süss (Wheeler-iXS) hatte in ihrem Rennen nicht die von ihr gewohnte Entwicklung drin. Sie war schon früh in den Top 20, fuhr lange an der 15. Stelle und heraus kam ein 14. Rang.
„Ich denke, ich darf zufrieden sein. Ich habe gekämpft, bin wieder in den Top 15 und zweitbeste Schweizerin“, kommentierte sie.
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Nathalie Schneitter (Rose-Vaujany fueled by Ultrasports) war die Nummer drei im Lager der Eidgenossinnen. Rang 19 war es für sie. Schneitter ging das Rennen dosiert an, machte in der zweiten Runde fünf Plätze gut und verbesserte sich dann noch Rang 21 auf 19. In der Schlussrunde auch weil Eva Lechner (Colnago-Südtirol), die durch einen Defekt an der Schaltung noch auf Platz 23 zurückfiel.