20 Köpfe für 2020 (10): Ein kanadisches Urgestein

Journalist Rob Jones ist seit 35 Jahren mit dem Mountainbike-Sport verbunden

Zu der Personen-Gruppe, die für eine Mountainbike-Weltmeisterschaft große Bedeutung besitzen, gehören sicherlich Journalisten. Sie tragen die Nachrichten über einen Event wie die UCI Mountainbike Weltmeisterschaften presented by Mercedes-Benz in Albstadt in die Welt hinaus. Einer der profiliertesten Vertreter der Mountainbike-Presse ist der Kanadier Rob Jones. Er ist ein profunder Kenner der Materie und spielte schon in den 80er-Jahren eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung der Sportart. Einer von mehreren Gründen sich für die Serie 20 Köpfe für 2020 ausführlich mit ihm zu unterhalten.

 

Wer den Mountainbike-Weltcup in Albstadt besucht hat, dem ist Rob Jones, ein groß gewachsener Mann mit schütterem Haar, das er häufig mit einem Hut bedeckt, vielleiht schon mal aufgefallen. Bestückt mit einem roten Fotografen-Leibchen, behängt mit mächtigen Foto-Apparaten gehört er zu jenen Personen, die auf der Zielgeraden eines jeden Rennens in den Innenraum dürfen. Rob Jones ist ein fester Bestandteil der internationalen Mountainbike-Szene und das schon seit 25 Jahren. Ihn als Urgestein des Sports zu bezeichnen, ist sicher nicht übertrieben.

Das Gespräch mit Rob Jones findet per Video-Telefonat statt. Er ist zuhause in Paris, Ontario, einer kleinen Stadt ungefähr 45 südwestlich von Toronto. Im Osten der Ontario-See, im Süden der Erie-See und im Westen der Lake Huron. Rob Jones, seine Frau Tracy und die beiden Hunde sind zuhause in Quarantäne. Jones war Ende Februar, Anfang März bei der Bahn-WM in Berlin und nach der Rückkehr zeigte er Erkältungs-Symptome. Auf das Ergebnis des Tests auf den Corona-Virus wartete er zum Zeitpunkt des Interviews immer noch. Letztlich hatte seine Frau Tracy ein positives Test-Ergebnis, er aber nicht. Möglicherweise war sei Test aber fehlerhaft.

 

Rob, Sie sind gerade immer noch in Quarantäne?

Ja, sicher. Wir sind nicht verbarrikadiert, aber wir bleiben zuhause und wenn wir mit den Hunden rausgehen halten wir zwei Meter Abstand. Tracy war mal Einkaufen und sie hat es geschafft Toilettenpapier zu bekommen. Ich weiß nicht wie das bei Euch in Deutschland ist, aber hier sind die Leute verrückt nach Klopapier.

 Also genau wie bei uns.

Verrückt, ja.

UCI Track World Championships, Berlin, Germany (Photo by Casey B. Gibson)
Rob Jones (rechts) bei der Bahn-WM in Berlin neben Kollege Guy Swarbrick. Nach der Rückkehr musste Jones in Quarantäne. ©Casey B. Gibson)

Sie sind jemand, der den Mountainbike-Sport im Grunde von Beginn an begleitet hat. In verschiedenen Positionen. Es ist eigentlich schon lange an der Zeit, sich mal mit Ihnen über die ganze Geschichte zu unterhalten, vor allem über die Anfänge.

Sie meinen, bevor ich sterbe (lacht).

Da wollen wir mal keine Zusammenhänge herstellen. Okay, können Sie mir mal einen Einblick wie Sie zum Radsport gekommen sind?

In der Mitte der 70er-Jahre war ich ein Straßenfahrer. Radsport ist in Kanada nicht so groß wie in Europa, aber damals war das ein sehr, sehr kleiner Sport. Ich war aber Radsportler und bin dort eine Weile Rennen gefahren.

Wie lange sind Sie denn in Europa gefahren? Und auf welchem Niveau?

Etwa eineinhalb Jahre war ich dort. Das System war damals noch ein anderes. Man hat unterschieden in Amateure und Profis. Ich bin vor allem in Spanien und Frankreich gefahren. Ich war nicht gut genug, um ein Profi zu werden. Es gab damals ein enormes Ausmaß an Doping und nicht wirklich ein Kontrollsystem. Um ehrlich zu sein, es war ein wichtiger Grund dafür, dass ich wieder zurück bin. Für viele Leute war der Radsport damals die Möglichkeit ein besseres Leben zu führen es gab großen Druck, alles zu tun, was möglich war um dahin zu kommen (zum Profi-Status). Ich war aus Nordamerika und hatte die Chance zurück an die Universität zu gehen, die meisten Leute hatten diese Möglichkeit nicht.

Haben Sie mit dem Sport Geld verdient?

Nein, nein. Manchmal durftest du nicht mal einen Satz Reifen annehmen, sonst wärst du Profi gewesen. So streng waren die Regeln für Amateure. Ich meine, das heißt nicht, dass einige unter dem Tisch nicht doch bezahlt wurden. Aber erlaubt war gar nichts. Es gab viele Klubs, die dich bei den Rennen unterstützt haben, aber kein Sponsoring. Wenn man dich erwischt hat, hast du deinen Amateur-Status verloren. Um bei den olympischen Spielen dabei zu sein, musstest du damals Amateur sein. Deshalb hatten auch die guten Amateure kein Interesse diesen Status zu verlieren.

Von was haben Sie dann gelebt?

Ich hatte Ersparnisse und es war damals wirklich günstig in Spanien zu leben.

War es eine Art Traum, den Sie da verfolgt haben oder warum sind Sie dieses Abenteuer eingegangen?

Es war eine Art Traum. Wenn du wirklich ein Radrennfahrer werden wolltest, musstest du damals nach Europa gehen. Es gab gute Fahrer in Nordamerika, aber es gab wenig Rennen und wenn du Leidenschaft dafür hattest, dann musstest du nach Europa gehen. Vielleicht so wie es für einen deutschen Eishockeyspieler vielleicht umgekehrt die NHL ist. Ich war nicht auf diesem Niveau, ich war ein guter Kletterer, aber niemals wäre ich ein Superstar geworden (lacht).

Sie haben die Szene dort also wieder verlassen?

Ende der 70er bin ich zurück nach Kanada um mein Universitätsstudium fortzusetzen und zu beenden. Aber ich bin dem Sport verbunden geblieben und habe in dieser Zeit auch meine Frau Tracy getroffen. Etwas, was wir gleich zu Beginn gemacht haben, war gemeinsam Rad zu fahren.

In den 70ern begannen junge Amerikaner in Kalifornien mit ihren Fahrrädern die Berge, insbesondere den Mount Tamalpais herunter zu brettern, passten ihre Sportgeräte an die Bedingungen an und das Mountainbike an sich war geboren. 1981 brachte die Firma Specialized ihren „Stumpjumper“ auf den Markt, das erste Mountainbike in Massenproduktion. Damit nahm in den USA, respektive dem nordamerikanischen Kontinent dieser neue Offroad-Sport seinen Lauf.

Und wie ging es weiter?

Warten Sie, ich glaube, ich sollte weiter vorne anfangen. Ich habe in Mathematik graduiert und hatte im Sommer einen Job in einem Bikeshop, dem größten in Kanada. So kam ich mehr und mehr in diesen Sport. Ich bin wieder mehr Rad gefahren, habe lokale Rennen bestritten. Und es war in dieser Zeit, als die ersten Mountainbikes auftauchten.

Wann war das?

Das war Anfang der 80er-Jahre. Während ich in diesem Bikeshop arbeitete, kam die erste Lieferung mit Specialized Stumpjumper und ich habe eins davon bekommen. Es war ziemlich cool, ich bin viel gefahren und es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich bin dann mit anderen allmählich dahin gekommen eine Mountainbike-Organisation zu gründen.

Zu der Zeit hatte weder die UCI noch der kanadische Radsport-Verband Mountainbiking als Disziplin anerkannt. Ich war Straßenradsport-Kommissär und deshalb hatte ich einen gewissen Background in Sachen Regeln und so weiter. Deshalb wurde ich gefragt, ob ich helfen könnte da was zu entwickeln.

Das heißt, Sie haben das erste Regelwerk geschrieben?

Nein, in den USA gab es schon die NORBA (National Off Road Bicycle Association), das war der erste offizielle Verband (für Mountainbiking). Ich habe mit Glen Odell zusammengearbeitet, dem Chef der NORBA. Wir haben eine Vereinbarung unterzeichnet, dass wir unsere Lizenzen gegenseitig anerkennen.

Patrice Drouin hat dasselbe zur gleichen Zeit in Quebec getan. Er hatte dort mit AQVM (Association québécoise de vélo de montagne ) auch eine Organisation für Mountainbiker ins Leben gerufen. So gab es ein NORBA North in Ontario, die ich organisiert habe, die AQVM, die Patrice organisiert hat und NORBA in den USA. Worauf ich stolz bin: Wir haben in unserer Serie das gleiche Preisgeld für Frauen und Männer ausgeschrieben.

Das war etwa Mitte der 80er-Jahre?

Die ersten Weltmeisterschaften, die von der NORBA organisiert wurden, fanden 1987 in Mammoth Mountain statt. Dafür habe ich ein kanadisches Team aufgestellt um dort als offizielles Nationalteam an den Start zu gehen. 1988 wurden Patrice und ich vom kanadischen Radsportverband (CCA) nach Ottawa eingeladen und sie fragten uns: Was ist das mit dem Mountainbike-Ding? (lacht).

Sie Beide konnten es offenbar gut erklären.

Was vorher passiert ist: Marc Lemay, Präsident der CCA, stand beim UCI-Kongress auf und fragte den damaligen UCI-Präsidenten Hein Verbruggen und die Versammlung, was sie mit dem Mountainbike-Sport vorhaben. Dann hieß es: Das ist eine gute Frage und Du bekommst den Auftrag diese Frage zu beantworten. Als er zurückkam, wollte er erst wissen, was in Kanada vor sich ging. Er

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Rob Jones auf einem Fotografen-Motorrad bei der Tour de Beauce in Kanada

hat Patrice und mich eingeladen und wir haben erklärt, was wir machen. Marc Lemay wurde, wenn ich recht erinnere, zum ersten Vorsitzenden der Mountainbike-Kommission der UCI und sie haben die erste offizielle WM 1990 vorbereitet.

Rob Jones hat Mathematik studiert und als Lehrer gearbeitet. Parallel dazu begann er für Radsport-Magazine zu schreiben und zu fotografieren. Phasenweise konzentrierte er sich mit seiner Frau Tracy auf den Journalismus, doch ganz verlor er seine Lehrtätigkeit nie aus den Augen. Seit vergangenem Jahr hat er an einem College wieder einen Lehrauftrag.

Jones ist Generalsekretär der Mountain Bike Press Association, einer kleinen, internationalen Journalisten-Vereinigung und vertritt als Solcher die Belange der MTB-Journalisten bei der UCI. Zum Beispiel markiert er mit den Verantwortlichen der UCI die speziellen Zonen, die akkreditierten Fotografen vorbehalten sind.

Seine journalistische Tätigkeit beschränkt sich allerdings nicht auf die Mountainbike-Disziplinen. Er ist sowohl bei internationalen Bahn-Wettkämpfen als auch bei großen Straßenrennen wie der Tour de France und im Cyclo-Cross zu sehen. Insgesamt war er in seiner Karriere bei sage und schreibe 78 Radsport-Weltmeisterschaften akkreditiert.

 

Sie waren also bereits Teil der Mountainbike-Szene als die Disziplin von der UCI anerkannt wurde und die Dinge ihren Lauf nahmen. Wie muss man sich diese ersten, noch inoffiziellen Weltmeisterschaften 1987 vorstellen?

Ned Overend war der große Name und John Tomac war der junge Kerl. Damen waren noch nicht am Start. Es waren Cross-Country-Rennen. Da war kein extra Downhill, obwohl es damit ja begonnen hat, in Marin County. Haupt-Event war Cross-Country, aber es war ganz anders wie heute. Es ging los mit einem Uphill-Rennen, den Kamikaze-Downhill hoch. Ich bin das auch mitgefahren, um die Flaschen zu reichen. Dann haben sie es rumgedreht und sind auf den gleichen Bikes Downhill gefahren. Und am nächsten Tag dann Cross-Country. So haben sie das auch noch 1991 beim ersten Weltcup in Mont Sainte Anne gemacht.

Wurde der WM-Titel dann als Kombination aus allen drei Disziplinen vergaben?

Nein, es war das Cross-Country. Aber die Leute sind immer alles gefahren. Ich kann mich erinnern, Alison Sydor ist ihr erstes Mountainbike-Rennen beim Weltcup in Mont Sainte Anne gefahren. Sie war eine Straßenfahrerin zu dem Zeitpunkt, hatte Bronze bei den Weltmeisterschaften gewonnen. Ihr Coach wollte sie ein wenig von der Straße nehmen, weil er dachte sie fährt zu viele Rennen. Aber anstatt nichts zu tun, ist sie in Mont Sainte Anne mitgefahren. Sie gewann das Uphill-Rennen, das von der Talstation bis zum Gipfel führte. Ich kann mich nicht erinnern, was sie im Downhill wurde, aber im Cross-Country war sie dann Fünfte.

Und die Disziplin Cross-Country war auch noch ein bisschen anders?

Ja. Das ging über zwei Stunden und hatte mehr als 3300 Höhenmeter. Die Fahrer mussten sich selber helfen, es gab keine technische Hilfe. Man musste alles selber machen. Das war hart, weil es viele Plattfüße gab.

Gab es mehrere Runden oder nur eine große Schleife?

Es war eine Runde, ich glaube man ist sie zweimal gefahren. Aber so waren fast alle Mountainbike-Rennen damals. Ganz lange Runden, bis zu einer Stunde. Das war eine der Regeln in den ersten zehn Jahre oder länger. Wir haben die Regeln so geschrieben, wir in Ontario, Patrice in Quebec und NORBA für die USA. Du musstest dir selber helfen.

 Sie selbst waren damals in welcher Funktion unterwegs?

Ich habe die NORBA North-Serie organisiert, die kanadische Version von NORBA. 1987 hatten wir nur Männer. Die ersten Sechs wurden zum National-Team. Damals konnte jeder mitfahren, man musste sich nur anmelden und konnte fahren. Wie gesagt, ich habe das Team organisiert. Ich glaube unser bester Fahrer hat Platz elf belegt. Er war ein Straßenfahrer.

 Selber sind Sie nicht mehr gefahren?

Nein, da hatte ich schon aufgehört. Mountainbike-Rennen bin ich selber nie gefahren. Ich habe als Lehrer gearbeitet und nur noch mit organisiert.

Als die UCI 1991 erstmals eine Weltcup-Serie ins Leben rief, waren Sie da auch beteiligt?

Nein, da habe ich schon als Journalist gearbeitet. Schon 1987 habe ich das eine oder andere für Magazine geschrieben. 1990 habe ich aufgehört mit der Organisation von Rennen und bin zum Journalisten geworden. Aber Patrice Drouin war sicher involviert. Mit Mont Sainte Anne hatten er und seine (Geschäfts-) Partnerin Chantal Lachance ja von Anfang an einen Event in der Serie. Er hat mit der UCI die Regeln für Mountainbiking geschrieben und das Konzept für Weltmeisterschaften und den Weltcup entworfen. Mont Sainte Anne ist ja seither ununterbrochen dabei und ich habe es als Journalist begleitet.

Sind sie damals schon der ganzen Serie hinterhergereist?

Nicht in den frühen Jahren, nein. Da habe ich immer noch als Lehrer meinen Lebensunterhalt verdient und Tracy hat einen Bikeshop betrieben. Ich bin zu einigen Rennen gegangen, vor allem zu den nordamerikanischen Rennen. Ich bin zu Weltmeisterschaften gefahren, aber nicht so oft zu Weltcups.

Wann waren Sie zum ersten Mal in Europa bei einem Weltcup-Rennen?

Oh je, keine Ahnung. Das muss Mitte der 90er gewesen sein. Ich habe für eine Anzahl von Bike-Magazinen gearbeitet, darunter auch Velonews, das größte amerikanische Radsport-Magazin. 1995 haben Tracy und ich entschieden unser eigenes Magazin heraus zu bringen, weil die amerikanischen Magazine nicht viel über Kanada geschrieben haben. Wir haben Canadian Cyclist auf den Markt gebracht und ein Jahr später Canadian Cyclist online. Nächstes Jahr haben wir also 25-jähriges Jubiläum.

 Canadiancyclist.com gehört zu den ältesten Radsport-Portalen überhaupt.

Ja, das ist richtig. Wir haben sehr früh angefangen. Als ich zu Tracy sagte, wir starten mit einer Website, fragte sie mich: was ist eine Website? Zu dieser Zeit hatte man noch Modems. 2005 haben wir mit dem gedruckten Magazin aufgehört und uns auf Online beschränkt.

 

Bis inklusive 2004 war im Cross-Country-Sport Hilfe von außen nicht erlaubt. Die Biker mussten bei Defekten selbst reparieren, ein Wechsel des Laufrads war ausgeschlossen. Das hatte in der Regel zur Folge, dass der Wettkampf an diesem Tag gelaufen war. Man steckte Schläuche in die Trikot-Taschen und ein bisschen Werkzeug, es gab jedoch auch Methoden, die das Reglement umgingen. So lange es kein Kommissär entdeckte und kein Konkurrent sich beschwerte, konnte man den Zeitverlust verringern. Seit 2005 ist in den Technischen Zonen Hilfe und der Tausch der Laufräder erlaubt. Vor allem aus Nordamerika gab es gegen diese Regel Widerstände.

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Ein kleiner Teil seiner Akkreditierungen. Rob Jones war bei Radsport-Events auf der ganzen Welt. ©Rob Jones

Wenn Sie auf diese Zeit zurückblicken, in der Sie den Mountainbike-Sport beobachten. Was würden Sie sagen, waren die großen Entwicklungsschritte?

Ich denke, der größte Schritt war wohl 2005 technische Hilfe von außen zu erlauben. Das hat die Dinge dramatisch verändert, die Art wie die Leute die Rennen gefahren sind. Ein Plattfuß hat dann nicht mehr bedeutet, dass das Rennen vorbei war. Man kann seither immer noch ein vernünftiges Resultat erzielen. Es wurde sicherlich härter gefahren, mit mehr Risiko. Und der andere Punkt ist die Reduzierung des Formats von über zwei Stunden auf 90 Minuten.

Das hat eine ganze Generation von Rennfahrern betroffen. Ich erinnere mich an ein Interview mit Julien Absalon dazu. Er sagte, er müsse viel schneller sein und viel intensiver fahren auf eine kürzere Zeit. Einige haben den Transfer geschafft, andere nicht, weil sie einen anderen Stil bevorzugten. Frühe Stars wie Tinker Juarez (USA) haben sich davon verbschiedet, weil sie sagten, das ist nicht das, was ich mag.

Um diese Schritte, diese Entscheidungen der UCI, gab es viele Diskussionen. Die Traditionalisten wollten bei der alten Struktur bleiben.

Wenn man es genau betrachtet, dann wurde der Effekt der technischen Hilfe von der Verkürzung der Rennen fast wieder aufgehoben. Bis ich jetzt zur Technischen Zone komme und mein Rad tausche, geht so viel Zeit verloren, dass ich auch keine Chance mehr habe, weil die Rennen so kurz sind und so schnell gefahren werden. Je nachdem an welcher Stelle des Kurses du den Defekt hast. Auf diese Art birgt es Ironie.

Inzwischen gibt es aber auch Reifentechnologie wie die Latex-Milch, die das Problem eines Defekts lindern kann.

Ja. Einerseits, aus der Sicht der medialen Verwertung des Sports, kann ich die Entscheidungen verstehen. Und auch für die Zuschauer vor Ort ist es besser. Früher war es langweiliger. Aber es ist nicht mehr derselbe Sport. Ob das nun besser oder schlechter ist, darüber können wir tagelang streiten.

Und Sie persönlich, wie denken Sie darüber?

Persönlich liebe ich diese Idee von langen Strecken durch die Landschaft, auf sich selbst angewiesen sein. Für mich ist das die ursprüngliche Essenz des Mountainbikens. Aber auf der anderen Seite ist es so: wenn du sehen willst, dass der Sport wächst und sich entwickelt, dann funktioniert das nicht. Ohne diese Veränderungen hätte sich der Sport nicht so entwickelt, wie er es getan hat. Es war nötig, um Teil des olympischen Programms zu sein, aber er hat dabei seine Wurzeln etwas verloren. Heute können die Rennen wirklich sehr aufregend sein. Die Old Style-Rennen waren im Grunde Zeitfahren, da kam jeder Fahrer alleine daher. Deshalb sind die modernen Rennen viel aufregender.

Wenn man sich die alten Ergebnisse anschaut, dann gab es zwischen Platz eins und zehn oft zehn Minuten Unterschied.

Oder mehr. Ich erinnere mich an Rennen auf 15 oder 18 Kilometer langen Runden. Wir haben am Start Fotos gemacht, sind in einen Van gesprungen, wie verrückt gefahren, haben in der Nähe der Strecke angehalten, sind in die Büsche gesprungen und versucht sie zu finden. Wenn wir Glück hatten, waren wir vor den Fahrern dort und konnten Fotos machen. Dann sind wir zurückgerannt und ins Ziel gejagt.

Man hat nicht viel gesehen von den Rennen. Auch in dieser Hinsicht ist auf jeden Fall vieles besser geworden. Wir sind ja nicht bei der Tour de France, wo du vier Helikopter hast und Motorräder im Feld. Wie gesagt, es musste sein. Ich finde nur ein wenig schade, dass das, was Mountainbiking so einzigartig gemacht hat, dieses auf sich selbst angewiesen sein, verloren ging. Ich denke, das gibt es kaum in einem anderen Sport.

Sind Sie trotzdem noch begeistert von diesem Sport?

Oh ja. Ein großer Teil (meiner Begeisterung) sind die Athleten. Es ist immer spannend die Kämpfe zu sehen und wenn junge Fahrer aufkommen. Und es ist für mich immer noch schön, zu verfolgen, wenn junge Kanadier besser werden und in die Weltspitze vorstoßen. Ich hatte das Vergnügen Alison Syder, Roland Green, Ryder Hesjedal, Catharine Pendrel oder Marie-Hélène Prèmont zu verfolgen. Dann Emily Batty und jetzt Peter Disera und Haley Smith. Ich habe drei Generationen von Sportlern begleitet. Das finde ich spannend. Strecken, ja sind zum Teil interessant. Aber ohne die Sportler bedeutet das nichts. Die Fahrer machen das Rennen, so war es immer.

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Rob Jones im Interview mit dem damaligen Weltmeister Jose Antonio Hermida ©Privat

Was hat sich über die 30 Jahre aus Ihrer Sicht als Journalist verändert?

Es ist sicher professioneller geworden und Social Media hat vieles verändert. Auch in der Art, wie wir Journalisten mit den Sportlern kommunizieren. Die Mountainbike-Community ist klein und wir Journalisten sind automatisch ein Teil des Ganzen. Am Anfang bist Du Mr. Jones und irgendwann Rob. Das ist ja okay, aber mir gefällt eine Entwicklung nicht. Der Unterschied zwischen Medien und Public Relation verschwimmt immer mehr. Es sind zu viele Leute als Pressevertreter akkreditiert, die gar nicht journalistisch arbeiten, sondern nur für ihr Team oder ihren Sponsor. Das müsste aus meiner Sicht mehr getrennt werden.

Sie kommen seit 2013 nach Albstadt. Welchen Eindruck haben Sie von dem Event gewonnen?

Große Zuschauermengen, eines der besten Zuschauer-Events überhaupt. Ein Stück weit ein spezieller Kurs, weil die Anstiege so steil sind. Das ist eine der Strecken, die die manchen Fahrern liegen und anderen nicht. Es gibt Leute, die sagen, ich mag den Kurs nicht und andere sagen: ich mag die Strecke sehr. Sie ist zum Teil extrem und ein bisschen anders als die meisten Strecken. Aber das finde ich großartig.

Wir brauchen solche Kurse. Es muss nicht jede Strecke so sein, aber wir brauchen einen Mix aus verschiedenen Charakteristika für verschiedene Arten Rennen zu fahren. Deshalb bin ich froh, dass wir ihn haben. Natürlich, wenn es regnet, verändert das alles. Manche werden sich beklagen, aber ich finde das gehört zu dem Outdoor-Sport dazu. Man muss auch bei schlechtem Wetter mit seinem Bike zurechtkommen.

Auf was freuen Sie sich in Albstadt am meisten, wann immer die WM auch stattfinden wird?

Ich hatte gehofft die Sportler zum letzten Mal vor den olympischen Spielen zu sehen. Das wird jetzt nicht mehr so sein. Wenn die WM im Herbst stattfindet, kann sich vieles ändern. Aber wie immer bei den Weltmeisterschaften, ich freue mich zu sehen, wie junge Leute überraschen. So wie es zum Beispiel 2018 Kate Courtney gelungen ist.

 

Kurzporträt Rob Jones

Alter: 61

Wohnort: Paris, Ontario in Kanada

Beruf: Mathematik-Dozent und Radsport-Journalist

Verheiratet mit Tracy

Sportliche Karriere: Rad-Amateur

Berufliche Karriere: 78 Radsport-Weltmeisterschaften, 4 olympische Spiele und weit über 100 MTB-Weltcup-Rennen

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Zum Schluss was zum Schmunzeln: Nein, das ist NICHT echt, sondern ein Photoshop-Produkt. Rob Jones bei einem Zeitfahren am Straßenrand

Mehr Informationen finden Sie auf www.wm2020albstadt.de

Offenlegung: Der Autor produziert diese Serie für die Pressearbeit der WM in Albstadt

 

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