Brasil Ride: Matthias Leisling scheidet im Gelben Trikot verletzt aus

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Die inzwischen führenden Tiago Ferreira und Ex-Marathon-Weltmeister Periklis Ilias ©BrasilRide

Im Gelben Trikot fahrend ist für Matthias Leisling vom Kreidler Werksteam bei der vierten Etappe des Brasil Ride das unvermittelte Aus gekommen. Bei einem Sturz hat sich Leisling möglicherweise den Knöchel gebrochen. Dabei lagen er und sein portugiesischer Partner Luis Leao Pinto mit 18 Minuten Vorsprung in der Gesamtwertung in Führung (ak).

Der Brasil Ride im Nordosten des riesigen Landes zählt mit zu den großen Etappen-Rennen im Kalender, auch wenn er nur als „S2“ firmiert. Abwechslungsreiche Rennformate (so sind auch Einzelzeitfahren und ein Olympisches Cross-Country mit von der Partie) und viele Single Trails im landschaftlich reizvollen Naturschutzgebiet Chapada Diamantina machen das Rennen, das 2014 in bereits in seiner fünften Auflage durchgeführt wird, zu einem beliebten Event zum Saisonabschluss.

Aber der Leitspruch „More than a race … a stage in your life“ („es ist mehr als ein Rennen … es ist eine Etappe in Deinem Leben“) zeigt auch die Herausforderung: vor allem die beiden traditionellen Überführungsetappen von Mucugé nach Rio de Contas (und zurück) mit jeweils über 140 Kilometer – davon einem großen Teil (und für viele Fahrer) stundenlangen Single Trails – sind eine Belastung für Körper und Material.

Dabei sind in Brasilien diese Distanzen gar nicht so ungewöhnlich: Ultra-Marathons haben dort seit Jahren Hochkonjunktur. Doch in diesem Jahr ist es noch härter: Temperaturen weit über 40 Grad im nicht vorhandenen Schatten (manche Fahrradcomputer haben sogar 48 Grad angezeigt) machten besonders die zweite Etappe mit ihren 147 Kilometern zu einer wahren Tortur.

Ein großer Teil der Fahrer wäre schon an diesem zweiten Tag ausgeschieden, weil sie das Zeitlimit teils deutlich überschritten hatten: erste eine Sonderregelung von UCI und Veranstalter sorgte dafür, dass die Sportler zumindest am nächsten Tag zum „erholsamen“ Cross-Country-Rennen über fünf Mal 5,9 Kilometer überhaupt noch antreten durften.
Allerdings erhielten sie eine saftige Zeitstrafe: die Etappenzeit wurde für zu spät gekommene auf 17:40:09 Stunden festgelegt. Die Siegerzeit des Portugiesen Luis Leao Pinto zusammen mit seinem deutschen Mitstreiter Matthias Leisling vom Kreidler Werksteam lag dabei bei 6:22:22 Stunden.

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Das Podium des zweiten Tages von links: Tiago Ferreira, Periklis Ilias, Luis Pinto, Matthias Leisling, Henrique Avancini und Sherman Trezza de Pavia ©BrasilRide


Große Überraschung: Etappensieg für Leisling/Pinto und riesiger Vorsprung

Und damit sah es so aus, als ob bei diese Mammutetappe bereits eine Vorentscheidung für das Gesamt-Klassement gebracht hätte: denn die Verfolger von Pinto/Leisling, das Team Protek mit dem ehemaligen griechischen Marathon-Weltmeister Periklis Ilias und seinem portugiesischen Kollegen Tiago Ferreira kamen erst knappe 19 Minuten später auf dem zentralen Platz in Rio de Contas an, auf dem auch die Zelte der Teilnehmer aufgeschlagen worden waren. Und nur zwanzig Sekunden später erreichte das brasilianische Duo Sherman Trezza da Pavia und Henrique Avancini (Team Caloi) das Ziel.

Für Leisling war der Sieg auf der zweiten Etappe eine große Überraschung: schließlich ist der Brasil Ride sein erstes Etappen-Rennen überhaupt – und die Entscheidung dafür war höchst kurzfristig gefallen: Erst am Dienstag letzter Woche erhielt er einen Anruf, ob er denn für den ursprünglichen Partner von Pinto einspringen würde – und der Flug nach Brasilien würde schon am Donnerstag, also binnen 48 Stunden, gehen. Pinto, der den Brasil Ride schon 2011 (fast) und 2012 endgültig gewonnen hatte, erwies sich als kongenialer Partner: „Luis hat mich perfekt auf die Königsetappe eingestellt und durch seine Erfahrung mir alles gesagt, was wichtig war“, erklärte Leisling den Erfolg auf dem Kurs, „der uns Marathonfahrern entgegen kam“.

Am Tag zuvor, beim Prolog, einem Zeitfahren über 20 Kilometer, hatten die beiden sich noch etwas zurück genommen: „Hier wussten wir, dass die Cross-Country-Fahrer angreifen werden. Wir wollten so wenig Zeit wie möglich verlieren und Kräfte für die zweite Etappe aufheben. Dies ist uns gelungen.“

Maletz in Top-Form aber im Pech
Für ein anderes deutsch-österreichisches Team kam auf der Königsetappe schon vorzeitig das Aus: Nachdem Christopher Maletz und mit seinem Partner Wolfgang Krenn beim Prolog nur den 16. Platz belegt hatten, nachdem sie versehentlich mitten im Hobbyfeld starten mussten und dadurch öfter von langsameren Sportlern ausgebremst wurden, wollten sie auf der zweiten Etappe so richtig angreifen: „Die Form war top“, berichtete Maletz auf seiner Facebook-Seite. Doch bei Kilometer 85, wenn in Europa die meisten Marathons schon längst beendet sind, in Brasilien aber noch über 60 Kilometern vor den Sportlern lagen, versagt das Schaltwerk seinen Dienst, nachdem ihm ein Stock in die Quere gekommen war.

„Nach zehn Kilometer Single-Speed-Gewaltakt brach schließlich auch noch der Rahmen. Zu Fuß ging es noch fünf Kilometer zur nächsten Feedzone, wo wir aber auch nichts mehr retten konnten. Somit waren wir raus“, kommentiert Maletz sein Ausscheiden trocken. Da nützte ihm natürlich auch die Kulanzregelung für die zu langsamen Sportler nichts mehr.

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Wolfgang Krenn (links) und Christopher Maletz ©Maletz-Facebook

Auf der dritten Etappe erwies sich das Team Protek am stärksten: mit Platz drei und vier in der Einzelwertung waren sie die besten in der Teamwertung, doch es waren nur wenige Sekunden, die sie Leisling/Pinto abnehmen konnten – ein Bruchteil des riesigen Vorsprungs. Tagesschnellester war der Spanier Sergio Mantecon Gutierrez (Trek) vor dem Brasilianer Henrique Avancini, der erst kürzlich seinen Wechsel zum Cannondale Factory Racing Team bekannt gegeben hatte.

Leisling stürzt bei Fluss-Durchquerung

Die vierte Etappe mit Start und Ziel in Rio de Contas versprach zunächst wenig spektakuläres: eine große Schleife mit 84,7 Kilometer mit 2.156 Höhenmetern erwarteten die Teilnehmer, eine ganz normale Etappe eines ganz normalen Etappen-Rennens also.
Doch für Leisling/Pinto sollte es das Aus bedeuten: bei einer Fluss-Durchquerung stürzte Matthias Leisling so unglücklich, dass er sich nach ersten Mutmaßungen den Knöchel brach. Eine Bestätigung dafür gab es bis zum Donnerstagmorgen aber noch nicht.
Mit dem souveränen Tagessieg übernahmen Ilias/Ferreira auch das gelbe Leader-Trikot, ihre Verfolger, die beiden Brasilianer Avancini und de Paiva verloren am Mittwoch jedoch als Vierte 7:20 Minuten auf die Führenden, ihr Gesamtrückstand liegt nun vor der fünften von sieben Etappen bei 7:45 Minuten.

In der Gesamtwertung liegen nun drei Tschechen und ein Niederländer auf Rang drei und vier: Hans Becking und Jiri Novak (Superior Brentjens) haben als Dritte 29:13 Minuten Rückstand auf die Führenden, Martin Horak und Michal Kanera (Ghost-Rubena) 30:02 Minuten. Auf Platz 5 folgen der Brasilianer Hugo Prato Nego und der in Brasilien wohnende Schweizer Lukas Kaufmann (Focus Océ, +34:16 min), auf Platz acht die einzigen verbliebenen Deutschen in der Männer-Gesamtwertung Daniel Gathof und Jochen Weißenseel (Craft-Rocky Mountain). Ihr Rückstand auf die beiden Führenden beträgt 53:30 Minuten.

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Sieht harmlos aus, hier, ist aber extrem hart: Der BrasilRide. ©BrasilRide

Und noch mehr Pech für Maletz
Christopher Maletz, der außer Konkurrenz auf einem Ersatzbike unterwegs war, musste erneut einen Rückschlag einstecken: nachdem er zunächst aus Startblock D an die Spitze gesprintet war, dabei aber seinen Partner Wolfgang Krenn verloren hatte, musste er sich wieder zurückfallen lassen. Dann verfuhren sich die beiden ein paar Kilometer, verbrachten einige Zeit beim verletzten Matthias Leisling, ehe sich ein Nagel in den Reifen bohrte.
Danach verlor Maletz „alle Schrauben des kleinen Kettenblatts und hatte einen weiteren Tag Kraftausdauer“, wie er auf seiner Facebook-Seite schreibt. Schlussendlich versagte auch noch Krenns Gabel ihren Dienst. „Schließlich erreichten wir irgendwann noch das Ziel. Unglaublich, aber wahr!“ schreibt Maletz weiter.

Mixed: Deutsche auf Platz eins und drei
Deutlich erfreulicher aus deutscher Sicht sieht bei den Mixed Teams aus: hier führt Mountainbike-Urgestein Ivonne Kraft mit ihrem langjährigen, portugiesischen Etappen-Rennen-Partner Mateus Ferraz mit einer Gesamtzeit von 17:10:39 Stunden vor der italienischen, der in der Vergangenheit des Doping überführten Paarung Annabella Stropparo und Piero Pellegrini (17:35:37 h) und – wieder ein deutsch-brasilianisches Team – Lucas Soares mit der Freiburgerin Agnes Naumann (18:59:33 h). Deren Vorsprung auf die Viertplatzierten beträgt allerdings über zwei Stunden, sodass sich Naumann berechtigte Hoffnungen auf einen Platz auf dem Podium bei der Gesamtsiegerehrung am Samstagabend in Mucugê machen darf.

Ebenfalls zwei Stunden Vorsprung auf ihre Verfolgerinnen hat das führende reine Frauen-Team aus den USA, Sonya Looney und Nina Baum. Mit einer Gesamtfahrzeit von 16:43:08 Stunden sind sie aber fast schon eine halbe Stunde schneller unterwegs als das beste Mixed-Team.

Am heutigen Donnerstag ging es erneut in einer großen Schleife über 94,7 Kilometer und 1.881 Höhenmeter erneut von Rio de Contas nach Rio de Contas, ehe es morgen wieder 143,3 Kilometer und 2.854 Höhenmeter in einer zweiten Königsetappe zurück zum Ausgangsort Mucugê sein werden, ehe am Samstag die siebte und letzte Etappe über fast schon erholsame 72,1 Kilometer und 928 Höhenmeter auf dem Programm steht.
Text: Armin M. Küstenbrück

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