European Games Baku: Windiges Premieren-Gold an Jolanda Neff
Favoritinnen-Sieg: Jolanda Neff vom Stöckli Pro Team hat eindrucksvoll demonstriert warum sie derzeit die Nummer eins der Welt ist und bei den European Games in Baku, Aserbeidschan für die Schweiz die erste Goldmedaille gewonnen. Kathrin Stirnemann (Haibike-Ötztal) sorgte mit Silber für einen eidgenössischen Doppelerfolg, während Bronze an Maja Wloszczowska (Kross Racing) ging.
Völlig ungewöhnliche Bilder boten sich auf dem 4,4 Kilometer langen Kurs im Mountainbike Velo Park. Bis in die dritte Runde hinein und damit bis zur Hälfte der Distanz, rollte eine achtköpfige Spitzengruppe durch den Parcour. Und „rollen“ ist vielleicht auch die beste Beschreibung, denn das Tempo war so verhalten, dass in der zweiten Runde etwa eine Lisa Mitterbauer (Habitat MTB Team) aus Österreich auf Platz elf gleich schnell unterwegs war.
Der Wind blies kräftig über das Gelände und so wollte niemand gerne die Nase vorne raus strecken. Oder gar zu früh schon alleine vorneweg strahlen. Eva Lechner (Colnago-Südtirol) tat fuhr bisweilen vorne, auch Maja Wloszczwoska und am Anfang Kathrin Stirnemann, während sich Jolanda Neff vollkommen bedeckt hielt.
Bis dann etwa bei Hälfte der Distanz von 27,9 Kilometern zum Sturm geblasen wirde. Ausgerechnet die routinierte Maja Wloszczowska verlor die Geduld. Oder die Initiative ergriff. Ende der dritten Runde setzte sie eine Attacke, die Spitzengruppe flog sofort auseinander. Jolanda Neff folgte und ging sofort zur Konter-Attacke über. Binnen weniger hundert Meter riss sie eine Lücke, ging mit sechs Sekunden Vorsprung in Runde vier von sechs und begann ihr Solo zu Gold.
Runde vier: Zwei Minuten schneller
„Niemand wollte die Führung übernehmen. In der dritten Runde habe ich dann beschleunigt, aber unglücklicherweise war Jolanda sehr stark und ist gleich davon gefahren“, erklärte Wloszczowska.
Wie sehr vorher taktiert wurde, zeigt der Umstand, dass Jolanda Neff in Runde vier gleich zwei Minuten schneller war als in Runde zwei. Sie setzte das hohe Tempo fort, während sich hinter ihr ein mit Stirnemann und Wloszczowska ein Verfolgerduo bildete, das seinerseits den Vorsprung auf Eva Lechner und Linda Indergand (Focus XC) vergrößern konnte.
Am Ende lagen 2:03 Minuten zwischen Gold und Silber, zwischen Neff und Stirnemann. „Es ist absolut großartig hier die erste Goldmedaille der ersten European Games zu gewinnen. Es fühlt sich super an“, sagte die strahlende Jolanda Neff nach ihrem souveränen Sieg. Es war der erste Wettbewerb bei dem bei den ersten European Games Medaillen vergeben wurden. Nicht viel später überquerte übrigens mit Nicola Spirig im Triathlon auch eine Eidgenossin die Ziellinie als Erste.
Podium mit Freundinnen
Dass neben ihr mit Kathrin Stirnemann eine Landsfrau und mit Maja Wloszczowska eine befreundete Ex-Teamkollegin (bei Liv Pro XC) auf dem Podest standen, hätte sie sich „nicht besser vorstellen können“.
Das Duo arbeitete mehr oder wenig zusammen – bis rund ein Kilometer vor dem Ziel das Feuer eröffnet wurde. Wloszczowska fehlte auf dem Kurs ein etwas längerer Anstieg, an dem sie ihre Stärken hätte ausspielen können. So war es die explosivere Kathrin Stirnemann, die mit drei vier kurzen Beschleunigungen einen entscheidenden Vorsprung herausfahren konnte und den Schweizer Doppelsieg perfekt machte, fünf Sekunden vor Wloszczowska.
„Es war bis zur dritten Runde ein sehr taktisches Rennen und es war wichtig im entscheidenden Moment an der richtigen Position zu sein. Das ist mir gelungen. Ich habe mich sehr gut gefühlt und Silber hinter Jolanda ist toll“, erklärte Stirnemann, die im Frühjahr lange an Lungenproblemen laboriert hatte. Erst beim Heimrennen in Gränichen wurde deutlich, in welch guter Verfassung sie sich eigentlich befindet.
Lechner und Indergand verpassen den Zug
Den entscheidenden Moment verpasste indes Eva Lechner. Sie war der Meinung, dass sie um Silber hätte mitkämpfen können. „Ich bin enttäuscht, weil ich den Zug knapp verpasst habe. Ich war in einer schlechten Position, als attackiert wurde. Jolanda ist im Moment die Stärkste, aber um die Medaillen hätte ich mitfahren können. Trotzdem, ich denke, ich habe gekämpft und ein gutes Rennen gezeigt“, so Eva Lechner.
Linda Indergand freute sich über die beiden Schweizer Medaillen, zeigte sich aber „ein bisschen enttäuscht“ über ihren fünften Platz (+4:11) hinter der Italienerin Eva Lechner (+4:03).
„Bei solchen Spielen zählen die Medaillen. Als die Attacke ging, hatte ich einen kleinen Crash in der Feedzone, so dass ich nicht mitgehen konnte. Ob es für eine Medaille gereicht hätte, kann ich natürlich nicht sagen“, erklärte Indergand.
Mit Unterstützung von Armin M. Küstenbrück!