Gränichen: Neff zurück im Rennzirkus, Schurter hält Flückiger in Schach

Jolanda Neff und Nino Schurter sind die neuen Schweizer Meister der verkürzten Saison 2020.

Die Schweizer Meisterschaften in Gränichen glichen den Rennen in Leukerbad aus der vergangenen Woche von der Strecke her eigentlich überhaupt nicht—höchstens vielleicht in einem Punkt: die Protagonisten waren fast die selben. Bei den Damen sicherte sich Trek Factory Fahrerin Jolanda Neff den Schweizer Meistertitel, bei den Herren konnte Dauerweltmeister Nino Schurter von Scott-Sram mit Mathias Flückiger (Thömus RN Swiss Bike Racing) seinen stärksten Konkurrenten im Zaum halten und nahm sein bereits 9. Meistertrikot in der Elite mit heim.

Der Naturschutz konnte sich in einem Teilbereich durchsetzen und so konnten die Teilneher in Gränichen nicht auf den ursprünglichen Kurs gehen. Dieser neue, auf 4,2 Kilometer verkürzte Kurs hatte es aber in sich und bot herausfordernde Anstiege und knackige Abfahrten. Einige gerade Passagen machten ihn jedoch eher schnell. An der Strecke entlang fanden sich situationsbedingt sehr wenige Zuschauer ein, darunter eigentlich nur Trainer und Betreuer. Und auch das Wetter spielte mit und zeigte sich bei angenehmen Temperaturen von seiner guten Seite.

Neff sucht schnelle Entscheidung
Bei den Damen waren es 14 Eidgenössinin, die sich an der Startlinie versammelt hatten, um die neue Trägerin des roten Trikots mit dem weißen Schweizer Kreuz auszumachen. Der Start zu ihrem Rennen erfolgte dann um 12:30 Uhr und gleich zu Beginn bildete sich vorne eine große Gruppe, angeführt von Nicole Koller (Möbel Märki MTB Pro Team). Doch der Angriff der Titelverteidigerin Jolanda Neff (Trek Factory Racing) ließ nicht lange auf sich warten: Neff griff an und Koller fiel zurück. Dahinter bildeten sich mehrere Zweiergruppen, die die Verfolgung aufnahmen. Runde um Runde konnte die Führende auf die beiden Verfolgerinnen Linda Indergand (Maloja Pushbikers MTB Team) und Sina Frei (Ghost Factory Racing) Zeit gut machen; Neff fuhr quasi ihr eigenes Rennen vom Start bis ins Ziel und wusste dies anschließend so zu kommentieren: „Super cool, die fahren hier alle auch im Weltcup vorne mit. Das war sicher ein hohes und ein (für die Form) aussagekräftiges Niveau. […] Ich hatte mich letzte Woche sehr gefreut, nach so langer Auszeit (Anm. des Autors: über ihren 2. Platz hinter Sina Frei), heute auf so hohem Niveau Rennen und einfach mein Renntempo fahren zu können. Von A-Z meine Leistung abzurufen, das war super. Ohne Zuschauer sicher speziell, aber die Leute die mich auch sonst anfeuern, waren heute auch da.“

Zweieinhalb Minuten nach Neff kam dann Sina Frei ins Ziel und meinte: „Am Anfang war es ein bischen schade, ich war gut mit dabei, aber mir ist (zu Beginn) die Kette rausgesprungen und ich musste in die Tech-Zone. Aber damit war der Zug für mich heute leider abgefahren. Ich bin schon mit Silber zufrieden, aber mit dem hohen Niveau hier wie bei einem kleinen Weltcup bin ich zufrieden. Die Strecke war cool und hat Spaß gemacht. Und ohne Zuschauer war es schon schade; mit wäre es wohl lauter gewesen.“

Platz drei an Indergand
Sechs Sekunden hinter Frei konnte Linda Indergand einen soliden dritten Podiumsplatz einfahren: „Ich bin selbst zufrieden mit meiner Leistung; in Leukerbad war ich noch enttäuscht. Und heute haben Sina und ich gut harmoniert. Aber sie war dann im zweiten Teil stärker und nichts desto Trotz bin ich zufrieden. Ohne Zuschauer war es sicher speziell, aber im Rennen kämpft man eigentlich eh eher mit sich selbst.“

Juniorin fährt im Frauenfeld
Besonders erwähnenswert ist auch die top Leistung der Siegerin bei den Juniorinnen. Elisa Alvarez (jb BRUNEX Felt Factory Team) blieb mit 59:16min. für die gesamte Renndistanz unter einer Stunde. Durch den zusammengelegten Start mit den Elite Frauen konnte Alvarez in ihrem ersten Jahr in der Juniorenklasse ihr Talent zeigen und weit in das Feld der Frauen Klasse hineinfahren.

1. Jolanda Neff (Trek Factory Racing) 1:23:22h
2. Sina Frei (Ghost Racing) 1:25:52h
3. Linda Indergand (Maloja Pushbikers MTB Team) 1:25:57h

Mathias Flückiger, Nino Schurter mit Tochter, Lars Forster © 2020 Human Sports Management AG
Mathias Flückiger, Nino Schurter mit Tochter, Lars Forster © 2020 Human Sports Management AG

Schurter attackiert mehrfach, bis es endlich klappt
Bei den Herren versuchte Dauerweltmeister Nino Schurter schon in der zweiten und dritten Runde wegzukommen, was ihm aber nicht gelang: „Da wusste ich, dass es hart werden würde, heute. Erst in der letzten Runde nach der fünften Attacke bin ich dann ein bischen weggekommen.“ Der Mann aus Chur, der sich mit seinem späteren Sieg bereits sein neuntes Meistertrikot holte, hatte mit Mathias Flückiger einen starken Konkurrenten und meinte dazu: „Schweizer Meisterschaften sind immer das Höchste an Meisterschaften, das man haben kann (außer EM/WM). Am Anfang habe ich davon profitiert, dass Lars (Anm. d. Autors: sein Teamkollege Lars Forster) hinter mir war. Da konnte ich mich einfach an Mathias (Flückiger) dran hängen. Heute war ich mir nicht sicher; Mathias hat wirklich einen starken Eindruck gemacht.“

Mathias Flückiger meint, es war „traurig. Aber es ist so, wie im Weltcup zur Zeit zweiter zu werden: Es ist schon gut. Ich konnte heute ein paar Sachen umsetzen, die mir letzte Woche noch nicht so gelungen waren. Die Strecke hat mir sicher nicht so gelegen; es war eine Rollerstrecke. Am Ende hat Nino das gemacht, was ich eigentlich vor hatte: Er hat an der letzten Tech-Zone überholt, wo ich es nicht erwartet hatte. Wenn ich nicht geführt hätte, hätte Lars aufgeholt und das wollte ich nicht. Deshalb habe ich das Tempo hochgehalten. Man kann es sehen wie man will: Ohne Nino als Konkurrenten wäre ich sicher nicht so gut wie ich es bin und meine Karriere würde deutlich anders aussehen. Ich komme immer näher heran, ihn zu schlagen und wenn ich es irgendwann kann, ist es viel mehr Wert als ohne ihn.“

Forster kann nicht mitgehen, wird aber dritter
Lars Forster (Scott-Sram) war dabei, als sich die Gruppe vorne gebildet hatte und „Nino einmal das Tempo erhöht hat. Und ab da war ich eigentlich nur noch am Verfolgen. Aber ich bin zufrieden. Die Atmosphäre war komisch (Anm. des Autors: wg. der fehlenden Zuschauer); es gibt sicher angenehmeres, aber in der aktuellen Situation können wir froh sein, Rennen fahren zu dürfen“, kommentiert Forster das Rennen.

Am Ende des Herren Rennens konnte sich mit Nino Schurter der Favorit gegen immer stärker werdende Konkurrenten durchsetzen. Die drei Podestplätze waren schon nach 11 Sekunden vergeben.

1. Nino Schurter (Scott-Sram MTB Racing) 1:24:28h
2. Mathias Flückiger (Thömus RN Racing) 1:24:34h
3. Lars Forster (Scott-Sram) 1:24:39h

Alle Ergebnisse gibt es hier

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