Irina Kalentieva: Neue Farben, neue Rolle

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Irina Kalentieva: Nicht nur ein Wechsel von Grün auf Rot ©Tino Pohlmann

In neuen Farbe und in neuer Rolle geht Irina Kalientieva in die Saison 2014. Die Russin fährt künftig in Rot für RusVelo und ist ungebrochen motiviert für Großtaten. Aller Rückschläge zum Trotz. Ein Text, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Carlo Rosenkranz, respektive der Rhein-Zeitung (www.rhein-zeitung.de).

Für Irina Kalentieva ist eine neue Zeitrechnung angebrochen. Die zweifache Cross-Country-Weltmeisterin hat am vergangenen Sonntag in Montichiari erstmals nach acht Jahren nicht das Trikot des Koblenzer Profiteams Topeak-Ergon getragen. Vor allem aber ist die 36-Jährige zur Führungspersönlichkeit im neu gegründeten russischen Team RusVelo geworden, dem ansonsten ausschließlich junge Fahrerinnen angehören. Vor kurzem verlor die neu formierte Mannschaft durch einen tödlichen Verkehrsunfall ihren Trainer Marek Galinski.

Drei Wochen haben die seit 2011 in Koblenz wohnende Kalentieva, ihre Teamkameradinnen von RusVelo und Trainer Marek Galinski im März auf Zypern verbracht, um sich auf die Rennsaison vorzubereiten, wobei Kalentieva noch auf Wettkämpfe verzichtete.

Nach dem Rückflug verunglückte der Pole auf der Fahrt vom Flughafen nach Hause. Ein harter Schlag für das neue Projekt und auch für Kalentieva. Galinski nämlich, der auch Nationaltrainer Russlands war, hatte die Russin im vergangenen Jahr in Hafjell nach drei Jahren wieder zu einem Weltcupsieg geführt.

„Er hat von morgens bis abends alles für uns Athleten getan. Er wollte, dass wir uns weiterentwickeln“, beschreibt die 36-Jährige ihre Erfahrung aus dem Trainingslager ihres neuen Teams. „Wir halten an seinen Zielen und Vorgaben fest und werden unser Rennprogramm so fahren, wie wir es mit ihm besprochen haben“, sagt Kalentieva. Jetzt, da die Teamführung fehlt, lastet auf ihr noch mehr Verantwortung. „Ich bin die Leaderin und muss die Mädchen motivieren.“

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Man wird sich nach acht Jahren Grün-Schwarz erst dran gewöhnen müssen. Irina Kalentieva fährt jetzt in Rot. ©Carlo Rosenkranz

Für die Russin ist die Rolle neu, denn bei Topeak-Ergon hatte sie nur kurze Zeit, die bis dato eher auf Sprint spezialisierte Nadine Rieder an ihrer Seite. Nachdem sie im Juli 2013 auf Galinskis Rat das Training umstellte, verpasste sie bei der WM im Folgemonat nur knapp die Bronzemedaille. Dann zeichnete sich ab, dass ihr Arbeitgeber sich künftig auf die Langdistanz konzentrieren will und den Kader umbaut.

Im September fuhr sie im norwegischen Hafjell den achten Weltcup-Sieg ihrer Karriere ein. Es war gleichzeitig das letzte Rennen im Trikot des Koblenzer Teams. Danach ging sie auf die Suche nach einem neuen Job.

„Es war sehr schwierig für mich zu entscheiden, wie es weiter geht“, sagt die 36-Jährige. Im Herbst sei es zu spät gewesen, um noch einen Platz in anderen etablierten Profiteams des Mountaibikesports zu bekommen. „Ich musste selbst etwas bewegen“. Sie habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, dem russischen Mountainbike-Nachwuchs eine eigene Mannschaft zu widmen.

Beim nationalen Radsportverband rannte sie weit offene Türen ein, denn mit dem 2008 ins Leben gerufenen Russian Global Cycling Project, das von potenten Sponsoren unterstützt wird, hat die Entwicklung russischer Fahrer derzeit höchste Priorität. Allerdings konzentrierte man sich bislang auf Straße und Bahn.

Nationalcoach Galinski gelang es, das Engagement der unter dem Namen RusVelo fahrenden Mannschaft auf den Mountainbikesport auszudehnen. „Es war seine Idee, das Team zu gründen“, sagt Kalentieva.
Auf der Internetseite von RusVelo ist über Kalentieva und ihre vier jungen Mitstreiterinnen bislang nichts zu finden, denn: Ein Mountainbiketeam existiert offiziell gar nicht. Es wurde so spät gegründet, dass die Frist für einen Lizenzantrag beim Weltverband verstrichen war, erläutert die 36-Jährige.

Die Latte selbst sehr hoch gelegt
Deshalb seien die Fahrerinnen offiziell im Straßenkader gelistet. Der nationale Radsportverband stehe aber voll und ganz hinter dem Mountainbikeprojekt. Über Kalentievas Pläne für 2014 ist selbst in den Fachmedien noch nicht berichtet worden. Schon bald aber will sie wieder weit vorne in den Ergebnislisten zu finden sein. „Ich habe mir die Latte selbst sehr hoch gelegt“, sagt sie.

Im Weltcup will sie um Siege mitfahren. Und bei der Europameisterschaft im saarländischen St.Wendel Anfang Juni will sie unbedingt eine Medaille. Dort hat sie vor 14 Jahren nicht nur den Einstieg ins Profigeschäft vollzogen, sondern sie gewann dort 2001 ebenfalls bei einer EM Bronze. Auch bei der WM schließt sich für die Russin ein Kreis: Sie findet im September in Hafjell statt, wo ihr im Herbst 2013 das Comeback gelang.

„Die Weltmeisterschaft ist mein großes Saisonziel“, lässt die Weltcup-Gesamtsiegerin von 2007 keinen Zweifel an ihren Ambitionen auf eine Medaille oder gar ihren dritten Titel. Da sie von sich selbst sagt, Probleme und Rückschläge motivierten sie und spornten ihren Kampfgeist an, ist mit ihr wieder zu rechnen. Denn von beidem hatte sie zuletzt reichlich.

Ergon sponsert das RusVelo-Team
Ihrer Wahlheimat Koblenz und ihrem bisherigen Hauptsponsor bleibt Kalentieva verbunden. „Ich habe hier ein Zuhause gefunden“, sagt die Russin, die 2003 nach Deutschland kam, weil hier viele Spitzenteams ansässig sind und hochkarätige Rennen ausgetragen werden. 2006 holte Franc Arnold, Geschäftsführer der am Rhein-Mosel-Eck ansässigen Firma RTI Sports, sie zu Topeak-Ergon, und Kalentieva verlegte 2011 ihren Wohnsitz nach Pfaffendorf.

Auch nach dem Wechsel zu RusVelo hält sie engen Kontakt zu Arnold. „Was er für mich getan hat, vergesse ich nie“, sagt die 36-Jährige. Auch wenn der Markenname künftig nicht mehr auf dem neuen roten Trikot prangt: Ergon unterstützt Kalentieva weiterhin mit in Koblenz designten Griffen, Sätteln und Handschuhen. Ihre Karriere will die 36-Jährige mindestens bis zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio fortsetzen, vielleicht sogar länger. „Nach einem solchen sportlichen Höhepunkt, auf den man sich über Jahre vorbereitet, kann man nicht einfach aufhören“, sagt sie.

Dem Mountainbike-Kader von RusVelo gehören neben Irina Kalentieva die Russinnen Vera Andreeva, Ekateryna Anoshina, Nadezhda Antonova und Kristina Kirillova an. Größtes Talent ist Ekateryna Anoshina. Sie gewann 2012 in der U23 schon ein Weltcuprennen. „Ich möchte den jungen Fahrerinnen ein Ansporn sein und mit meiner Erfahrung helfen“, beschreibt Kalentieva ihre Rolle im neuen Team. „Ich würde mich freuen, wenn mich eine von ihnen irgendwann mal im Rennen überholt.“

Text: Carlo Rosenkranz

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