Karl Platt im Interview: Ich will noch mal Vollgas geben

Bulls-Urgestein will sein Lieblings-Rennen Cape Epic noch mal gewinnen

Karl Platt hat beim Team Bulls seinen Vertrag verlängert und gleichzeitig den Deal mit dem dreifachen Weltmeister Alban Lakata eingefädelt. Der zweifache Deutsche Marathon-Meister und fünffache Cape-Epic-Sieger erzählt im Interview wie es zu dieser ungewöhnlichen Konstellation kam, was sein neuer Cape-Epic-Partner bei ihm ausgelöst hat und wann er das Wettkampf-Bike tatsächlich an den Nagel hängen will.

Karl, man hört, dass du mit neuer Motivation fleißig am Trainieren bist.
Ja? Wer sagt das?

Dein Team-Manager Friedemann Schmude und dein neuer Cape-Epic-Partner Alban Lakata.
Stimmt schon. Ich habe ja praktisch mein Karriere-Ende eingeläutet.

Das heißt?
Ich möchte noch eineinhalb Jahre fahren. Bis jetzt ist geplant nach dem Cape Epic 2020 aufzuhören. Das langt ja dann auch (lacht).

Die vergangene Saison war nicht so wie du sie dir gewünscht hast. Du wolltest acrossthecountry.net auch mal kontaktieren, hast es dann aber nicht gemacht.
Ja, die Saison war durchwachsen und viele Leute haben das falsch aufgefasst und gemeint, ich hätte keinen Bock mehr. Aber das stimmt nicht. Wenn man nicht erfolgreich ist, kennen die meisten Leute die Probleme nicht, die man hat. Was dahinter steckt sehen die Leute nicht. Das hat mich, nun ja, nicht gekränkt, aber es lag mir ein bisschen auf dem Herzen und ich hätte Lust gehabt alles klar zu stellen. Viele, auch in meinem nahen Umfeld, haben gesagt: hör doch auf mit dem Rad fahren. Meine treuen Fans freuen sich allerdings, wenn ich weiter fahre.

Du bist jetzt 40 Jahre alt, da kann man schon aufhören. Gab es diese Gedanken?
Nein, für mich nicht. So wollte ich nicht aufhören. Ich habe das mit dem Beckenbruch unterschätzt. Die Verletzung selber hat mich nicht so viel gekostet, nach zwei Monaten war ich wieder fit. Aber das Problem war, dass ich im September schon meine Pause begonnen habe, dann richtig neu starten wollte und auf Mauritius gleich das Becken gebrochen habe. So waren es dann praktisch drei Monate.
Das Cape Epic wollte ich unbedingt fahren, weil es mein Lieblingsrennen ist. Im Prinzip habe ich dann in zwei Monaten eine Form hingekriegt, die fast für die Top Fünf gereicht hätte, wenn alles gut gegangen wäre (Platz zehn war es dann).

Mark Sampson.Absa Cape Epic. Sportzpics Kopi
Karl Platt und Urs Huber beim Absa Cape Epic 2018 ©Mark Sampson/Sportzpics

Und dann?
Die Form war halt so kurzfristig hochgezogen, die ist dann zusammen gekracht. Im Sommer bei der La Layenda in Kolumbien ging es dann ganz gut, da konnte halt der Tim nicht so. Ich habe dann voll auf die WM im September gesetzt.

Und da stand dann ein DNF in der Ergebnisliste. Warum?
Das kann ich nicht erklären. Du hast seriös trainiert, warst drei Wochen in der Höhe und dann merkst du, dass du vorne nicht mitfahren kannst, am ersten Berg schon drei Minuten Rückstand hast, dann bricht eine Welt zusammen, dann macht der Kopf komplett dicht. Klar wäre ich hinten raus schon noch gekommen, aber mehr als Top 20 wäre nicht raus gekommen und mein Ziel waren klar die Top-Ten.

So oder so, du wolltest deine Karriere fortsetzen. Hattest du noch Vertrag?
Nein, der ist ausgelaufen. Aber der Vorstand (der ZEG) wollte, dass ich eine andere Rolle übernehme und als Markenbotschafter wirke. Bei der La Layenda habe ich Alban ein bisschen näher kennen gelernt. Wir haben uns vorher schon respektiert, hatten aber auch ein Konkurrenz-Verhalten. Wir haben in Kolumbien ein Glas Wein getrunken und Alban erzählte mir, dass Canyon den Laden dicht macht und mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihm das Cape Epic zu fahren. Ich dachte, boah, das ist ein Ding. Aber dann habe ich länger nachgedacht.

Wie das wäre?
Stiebi (Simon Stiebjahn) hat schon länger Ambitionen mit einem stärkeren Partner zu fahren. Ich habe ihm immer gesagt, wenn ich das Gefühl habe, dass er stark genug ist, dann mache ich den Weg frei. Das war dann bei der Transalp so. Ich war der Transalp etwas müde, so dass Stiebi mit Urs (Huber) ein Duo gebildet hat. Die beiden sind auch super gut gefahren. Da war schon klar, dass ich den Weg frei mache.

So dass du für das Cape Epic keinen top Partner mehr hattest.
Mit Urs hatte ich eine gute Zeit, fünf Jahre hat das sehr gut funktioniert. Klar, die letzten zwei Jahre waren wir enttäuscht, aber das hatte Gründe. Mit dem Wechsel war ich dann ohne Partner für mein Lieblingsrennen Cape Epic,

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Karl Platt gewinnt vor Simon Stiebjahn 2015 seinen zweiten Marathon-Meister-Titel ©Erhard Goller

aber dann kam Alban ins Spiel und er sagte, er könne sich das gut vorstellen. Ich bin mit mir dann ins Gericht gegangen und habe mir das vorgestellt.
Hinten raus können wir beide einen brutalen Dampfhammer abliefern. Alban ist auch ein Taktiker und bergab ist er auch besser geworden. Zudem ist er heiß auf das Cape Epic, weil er es noch nie gewonnen hat. Dann war das eigentlich klar. Zudem ist es so: auch wenn wir nicht so gut fahren sollten, dann sind da auch noch Urs und Stiebi und es hat auf jeden Fall einen guten PR-Wert für Bulls. Ich habe mich für Alban eingesetzt. Es hat dann gedauert, weil die Chefs (der ZEG) im Urlaub waren, aber sie waren dann sofort bereit dafür.

Und Albans Verpflichtung hat bei dir persönlich auch etwas ausgelöst?
Auf jeden Fall. Jeder frische Wind ist gut. Unser Team gibt es jetzt seit zwölf Jahren und lange in der gleichen Besetzung. Mich motiviert das (die neue Konstellation) extrem.

Mit Alban Lakata schrauben sich auch die Erwartungen nach oben. Hast du deshalb sonst noch was verändert?
Ja. Ich arbeite jetzt mit Björn Kafka (WaytoWin) zusammen. Wir hatten schon immer ein freundschaftliches Verhältnis, aber im Oktober habe ich ihn kontaktiert. Björn hat sich unheimliches Wissen angeeignet und die Zusammenarbeit motiviert mich auch.
Es ist bei mir zum ersten Mal seit 15 oder 18 Jahren, dass jemand den Überblick behält. Ich muss sagen, im Moment motiviert mich das alles. Ich will noch mal komplett Vollgas geben, das läuft grade echt gut. Es ist auch neu, dass ich mir von Jemand was sagen lasse (lacht), da haben sich schon mehrere Leute die Zähne ausgebissen.

Gibt es aus dieser Zusammenarbeit neue Impulse?
Das ist kein Hokus Pokus. Ich habe ein sehr gutes Gefühl für meinen Körper, Björn bestätigt das und wir machen dann ein Feintuning. Früher bin ich nach Gefühl gefahren, was auch nicht falsch war, aber jetzt gibt es eine ordentliche Sturkur. Er nimmt mir auch den Stress weg, wenn er etwas vorgibt. Ich muss sagen, ich bin mit dem Output sehr zufrieden. Es macht Spaß, wir sind auf einer Wellenlänge. Das motiviert mich. Früher habe ich über Weihnachten auch mal gar nichts gemacht, jetzt ziehe ich das durch.

Etliche Leute sagen, beim Cape Epic würde inzwischen viel schneller losgefahren, vielleicht bedingt durch mehr Cross-Country-Fahrer, die am Start sind. Arbeitet ihr auch daran?
Nee, ich kann das nicht bestätigen. Vielleicht in einigen wenigen Phasen, ja. Aber was sich geändert hat, ist die Leistungsdichte. Die ist jetzt viel höher. Früher waren vielleicht zehn Fahrer, jetzt sind 40 Fahrer auf einem Niveau. Dadurch gibt es am Anfang viele Positionskämpfe, das macht die erste Stunde sehr stressig. Der Ziehharmonika-Effekt nervt und wenn vorne einer durchzieht, dann musst du das Loch erst wieder schließen.

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Als Duo zu harmonieren, ist bei Zweier-Etappenrennen sehr wichtig. Hier, bei der Transzollernalb 2011 waren Alban Lakata und Karl Platt noch keine Teamkollegen ©Sportograf

Das heißt, du kommst in der Anfangsphase eigentlich schon gut mit?
Ja, da habe ich eigentlich keine Probleme. Je besser die Form ist, desto einfacher ist es, logisch. Du brauchst dann aber auch ein gutes Auge, musst wachsam sein und motiviert. Du musst das einfach jeden Tag wollen, musst klar im Kopf sein und den Willen haben.

Das Cape Epic liegt dir. Warum?
Das kommt einfach meinem Biorhythmus entgegen. Ich war im Team fast immer der Stärkere, bis auf die letzten zwei Jahre. 2018 war klar, wegen der Verletzung, aber 2017 weiß ich auch nicht warum es nicht lief, nachdem wir das Tankwa Trek noch souverän gewonnen haben. 2016, beim Sieg mit Urs, da hätte ich immer schneller fahren können. Das Cape Epic passt für mich einfach vom Timing her, in dieser Zeit des Jahres bin ich immer stark.

Bedeutend ist bei einem Zweier-Team-Rennen ja auch, wie gut man harmoniert, wie sehr man sich aufeinander einstellen und die jeweiligen Schwächen ausgleichen kann. Wie schätzt du das mit Alban ein?
Ich bin auf jeden Fall top motiviert und freue mich tierisch auf die Alban. Und er auch, das ist eine ganz wichtige Grundlage. Ich muss ehrlich sagen: es fühlt sich nach einer richtig guten Zusammenarbeit an. Wir hatten vorher schon Respekt, aber es ist schon ein freundschaftliches Verhältnis geworden. Ich war selber überrascht, dass es auf einmal so eine Verbindung gab. Wir können offen über alles reden.

 

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Karl Platt im Nationaltrikot: Eine WM-Medaille fehlt noch im Palmares ©Team Bulls

Mit Alban Lakata verändert sich ja auch die Team-Statik. Urs Huber und Simon Stiebjahn sind kein Backup-Team, sondern können ihre eigene Chance suchen. Es kann im Rennen ja aber trotzdem zu Konkurrenz-Situationen kommen, in denen man sich entscheiden muss, für wen jetzt gefahren wird, wer wem jetzt hilft.
Urs und Stiebi können auf eigene Rechnung fahren, das ist ganz klar. Und wenn sie die Stärkeren sind und das Ding

 

sogar gewinnen, würde ich mich super freuen. Wir sind professionell genug, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aber ich bin kein Mensch von Planerei. Ich mag es einen roten Faden zu haben, aber ich bin jemand, der gerne auch improvisiert.

Das Cape Epic ist im März. Für den Rest der Saison, was hast du da für Ziele?
Eine Medaille bei einer WM, das war immer noch ein Ziel. Ich bin gespannt ob ich mit Björn noch was rausholen kann, wenn er Feingefühl für mich entwickelt. Und dann habe ich eine Schnapsidee. Gemeinsam mit Tim und zwei Freunden wollen wir als Vierer-Team das Race Across America in Angriff nehmen.

Wird das nicht die folgenden Wochen negativ beeinflussen?
Nein, im Vierer-Team ist das keine Tortur. Man wechselt sich ab und teil das Team in Zweier-Paarungen auf. Jeweils zwei haben dann acht Stunden Pause.

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