Keine Überraschungen: BDR schlägt Mountainbiker für Tokio vor

Drei Schwaben und ein Bayer mit Wohnsitz in Baden sollen Deutschland bei den Olympischen Spielen in Tokio am 26. und 27. Juli repräsentieren. Das letzte Wort hat aber Ende Juni der DOSB

Am 5. Juli ist Meldeschluss beim Internationalen Olympischen Komitee für die Olympischen Spiele in Tokio. Bis dahin muss Deutschland, respektive der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), alle Athlet*innen nominiert haben, die an den Olympischen Spielen Tokyo2020 teilnehmen werden. Und der DOSB orientiert sich üblicherweise an den Vorschlägen, die ihm seine Fachverbände unterbreiten. Entscheiden wird der DOSB in letzter Instanz allerdings erst in zwei Wochen, genauer am 29. Juni, also ziemlich genau vier Wochen vor den beiden olympischen Mountainbike-Rennen, das der Männer am 26. Juli und und das Frauen am 27. Juli im Mountainbike-Park am Velodrome der Halbinsel Izu, rund zwei Autostunden südwestlich von Tokio.

Heute hat der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zunächst entschieden, wer aus seiner Sicht die geeigneten Kandidat*innen sind, Deutschland bei Tokyo2020 zu repräsentieren:

Ronja Eibl 2019 beim Test-Event auf Izu © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Ronja Eibl 2019 beim Test-Event auf Izu
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Bei den Frauen sind das Ronja Eibl (Alpecin-Fenix) aus Grosselfingen und Elisabeth Brandau (EBE Racing) aus Schönaich, die als einzige Sportlerinnen die geforderten Qualifikationskriterien vollständig erfüllt haben. Allerdings ist gerade die Nominierung von Brandau nicht ganz unumstritten. Seit Monaten fährt die ehemalige Deutsche Meisterin ohne zumindest äußerlich erkennbaren Grund ihrer Form und vor allem den anderen Weltklasse-Athletinnen hinterher. Die zweifache Mutter scheiterte am vergangenen Wochenende beim Weltcup in Leogang / AUT sogar an der 80%-Hürde und wurde zwei Runden vor Schluss aus dem Rennen genommen, bei der Deutschen Meisterschaft eine Woche zuvor in Gedern konnte sie eine Überrundung durch Leonie Daubermann gerade so vermeiden.

Elisabeth Brandau 2019 beim Test-Event auf Izu © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Elisabeth Brandau 2019 beim Test-Event auf Izu
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

„Das ist der Tiefpunkt meines Tiefs“, sagte Brandau den Tränen nah nach dem Wettkampf in Österreich. Dennoch hat der BDR trotzdem rein rechtlich kaum eine andere Wahl, als Brandau dem DOSB zur Nominierung vorzuschlagen, auch wenn es derzeit möglicherweise aussichtsreichere Kandidatinnen für Tokio gäbe, allen voran die amtierende Deutsche Elite-Meisterin Leonie Daubermann (Stevens Bikes) oder auch die für das Schweizer jb Brunex Superior Factory Team startende Nina Benz. Benz hat nur eine von zwei notwendigen B-Normen erfüllt, Daubermann nach ihrer langen Verletzungspause ebenfalls nur eine, beim Weltcup in Nove Mesto na Morave schrammte sie als Sechste allerdings äußerst knapp an der zweiten B-Norm für eine U23-Fahrerin vorbei. Dabei stand sie wegen ihrer Verletzungspause nicht mal auf der sogenannten „Long List“ der Olympia-Kandidaten des BDR, also des erweiterten Olympia-Kaders.

Max-Brandl_WC19_Lenzerheide_U23men
Max Brandl 2019 auf der Lenzerheide
©Traian Olinici

Formal leichter gestaltete sich dagegen die Nominierung der Männer: eine ganze Handvoll hatten die Nominierungskriterien erreicht: gleich vier Lexware-Fahrer (Max Brandl, Luca Schwarzbauer, Georg Egger und Nachwuchshoffnung David List) sowie der wieder frisch aufgebackene Deutsche Meister Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing). Am Ende zählte dann das sogenannte „Trainerurteil“, die Einschätzung, wer auf Izu die größten Chancen haben könnte.

Manuel Fumic 2019 beim Test-Event auf Izu © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Manuel Fumic 2019 beim Test-Event auf Izu
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Und hier entschied sich der BDR für die Deutschen Meister der vergangenen Jahre, den Wombacher Franken Max Brandl, der jetzt in Freiburg/Breisgau studiert, und den Deutschen mit kroatischen Wurzeln Manuel Fumic aus Stuttgart, auch wenn beide in Leogang nicht ihren besten Tag hatten: Brandl wurde in Leogang 30., Fumic nach einem Platten Ende der zweiten Runde sogar nur 40.

Herausforderung olympisches Jahr
„Im Olympia-Jahr drehen alle Sportler nochmal auf“, weiß Bundestrainer Peter Schaupp und verweist auf den Schweizer Nino Schurter, der sich ebenfalls 2021 einer harten Konkurrenz erwehren muss: „In Leogang kam er lange nicht über die Top20 hinaus, ehe er in der letzten Runde doch noch mal aufdrehen konnte und schlussendlich noch Zehnter werden konnte.“ Unterschwellig hofft er wohl, dass auch die deutschen Sportler*innen bis Ende Juli eine ähnliche Entwicklung machen könnten. Schaupp ergänzt im Hinblick auf die Ergebnisse in Leogang: „Es ist schon erstaunlich, welche Namen man 2021 in den Top40 findet, die man sonst viel weiter vorne erwartet hättet.“ Bei Brandl spiele da auch eine gewisse Unerfahrenheit eine Rolle, schließlich seien es ja auch seine ersten Olympischen Spiele. Und bei Eibl und Fumic erkennt Schaupp einen deutlichen Trend nach oben: „Ich tue mein Bestes, dass alle in Form sind.“ Notfalls kann der DOSB aber bis zum Vorabend des Rennens noch einen anderen Sportler aufstellen, wenn sich jemand verletzt oder krank wird.

Manuel Fumic 2019 beim Test-Event auf Izu © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Manuel Fumic 2019 beim Test-Event auf Izu
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Freude bei den Vorgeschlagenen
„Ich freue mich, dass der BDR mich beim DOSB für die Nominierung vorgeschlagen hat“, sagt Lisa Brandau gegenüber acrossthecountry.net. Auch die anderen Vorgeschlagenen äußern sich ähnlich: Ronja Eibl „findet es toll“, Manuel Fumic „freut sich ganz arg“ und Max Brandl fällt ein Stein vom Herzen: „Ganz sicher sein konnte ich mir nicht“, sagt der Wahl-Freiburger: „Es ist eine Belohnung für die Arbeit in den vergangenen Jahren, besonders für die vergangenen 15 Monate während Corona. Für mich wäre die endgültige Nominierung ein großer Schritt, offiziell einen großen Schritt Richtung Weltspitze gemacht zu haben.“

Formdelle bei Brandl
Seine derzeitige Formdelle begründet Brandl im Gespräch mit acrossthecountry.net mit der Ausrichtung auf die olympischen Rennen: „An den Daten sieht man, dass ich auf einem guten Weg bin. Mein Trainer arbeitet mit langfristigen Bausteinen, die haben leider für die Deutsche Meisterschaft und Leogang aber noch nicht so gezündet“, sagt der Student, der sein Studium erstmal auf Eis gelegt hat, um sich auf die Vorbereitung für Tokio zu konzentrieren: „Zum Glück habe ich von der Biologischen Fakultät der Uni Freiburg keinen Druck und kann mich jetzt optimal auf die Spiele vorbereiten“, freut sich der 23-Jährige.

Strecke in Izu © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Strecke in Izu
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Fumic: Vorbereitung in Kroatien
Während Brandl das in den heimischen Gefilden im Schwarzwald und der Rheinebene tut, zieht es Manuel Fumic für die Vorbereitung in seine kroatische Heimat: „Da kenne ich mich aus, da kenne ich die Trails. Und ich kann mich schon mal an die Hitze gewöhnen.“ Denn wie schon in Rio vor fünf Jahren wird es Ende Juli wohl ein sehr heißes Rennen auf der Halbinsel Izu werden. „Ich freue mich schon auf das Rennen dort“, meint denn dann auch Ronja Eibl, die 2019 beim offiziellen Test-Event auf der Strecke Fünfte wurde: „Der Kurs hat mir damals schon ziemlich gut gefallen.“ Die Strecke am Velodrome mit ihren künstlichen, aber auch natürlichen Elementen hat keine langen Anstiege, sondern viele kurze Rampen und ebensolche Abfahrten. Manche haben sie daher schon mit einem Cyclo-Cross-Kurs verglichen.

Strecke in Izu © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Strecke in Izu
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Am 14. Juli nach Japan
Sollte der DOSB die Vorschläge am 29. Juni bestätigen, werden die deutschen Olympionik*innen am 14. Juli nach Tokio fliegen und zunächst einmal ihr Trainingslager in Gotemba am Fuße des Mount Fuji aufschlagen, rund eine Autostunde nördlich der Rennstrecke von Izu, um das Jetlag zu verdauen und sich an die Hitze zu gewöhnen. Nach vier Tagen geht es dann in die Außenstelle des Olympischen Dorfs in der Nähe des Velodromes, in dem die Sportler*innen untergebracht sein werden, die dort ihre Wettkämpfe haben werden: neben den Mountainbikern auch Straßen- und Bahnrad-Sportler.

Die Wettkämpfe finden am 26. Juli (Männer) und 27. Juli (Frauen) statt, Start ist jeweils um 15:00 Uhr Ortszeit, also 8:00 Uhr MESZ.

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