Marathon-WM: „All in“ lautet die Devise bei Platt und Kaufmann

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Karl Platt, hier bei den Bike Four Peaks, vor der Marathon-WM: „Es wird sakrisch schwer. ©Sportograf


Die Hoffnungen der deutschen Marathon-Spezialisten auf eine WM-Medaille sind gering. Es gibt eine Hand voll Top-Ten-Kandidaten, aber in Sachen Medaillen sind die BDR-Vertreter am Samstag in Kirchberg/Tirol nur Außenseiter.

Tim Böhme ist skeptisch weil es nicht seine Strecke ist, Karl Platt (beide Team Bulls) kämpft mit seinem persönlichen „Mai-Juni-Loch“, Jochen Käß mit den Folgen seines Val-di-Sole-Sturzes.

Bei Markus Kaufmann (beide Centurion-Vaude) ist indes kein relativierendes Statement zu entdecken. „All in, volles Risiko“, sagt er und bekräftigt das noch mit dem alten Radfahrer-Spruch: „Lieber vorne sterben als hinten nichts erben.“ Der Deutsche Meister wurde von Alban Lakata (Topeak-Ergon) mit in den Stand eines Medaillenkandidaten erhoben. Der Österreicher weiß natürlich warum. Bei den Bike Four Peaks, wo es teilweise über die WM-Strecke ging, da konnte Kaufmann seinem Kontrahenten ziemlich wehtun. „In den ganz steilen Passagen hatte Alban Mühe“, sagt Kaufmann rückblickend. Kann natürlich sein, dass Lakata dieses Defizit durch Training inzwischen entschärft hat.

Kaufmann hat noch vergleichsweise wenig Erfahrung wenn es bei EM oder WM um den Kampf um die Medaillen geht. Genaugenommen: gar keine. Dass er eine prächtige Form aufweist, hat er bei den Bike Four Peaks gezeigt (Gesamt-Dritter hinter Sauser und Lakata) und am vergangenen Sonntag beim Black Forest Ultra Bike in Kirchzarten. Er kämpfte mit Karl Platt um den zweiten Platz und verlor knapp, gehandicapt durch ein Sandkorn im Auge.

„Am Berg fühle ich mich sehr, sehr gut. Die Strecke bin ich letztes Jahr zum ersten Mal gefahren und sie hat mir sehr gut gefallen. Die gleichmäßigen Anstiege liegen mir und nur die letzte Abfahrt ist wirklich technisch“, so Kaufmann, der fahrtechnisch gegenüber Leuten wie Christoph Sauser (Specialized Racing) oder Karl Platt Rückstände aufweist.

Karl Platt: Das wird sakrisch schwer
Der wiederum gehört seit einem Jahrzehnt zu den besten Marathon-Fahrern der Welt, aber eine internationale Medaille hat er noch nicht gewonnen. Offiziell zumindest. 2008 war er Vierter hinter dem gedopten Peter Riis Andersen, faktisch also Bronzemedaillengewinner. Karl Platt reist mit Teamkollege Urs Huber direkt aus dem Höhentrainingslager am Stilfser Joch an. Das zitierte „Mai-Juni-Loch“ scheint aber Ende Juni überwunden, betrachtet man Platts Vorstellung in Kirchzarten. „Das hat mich überrascht, dass es so gut ging“, meint er denn auch, „die Form kommt, ich habe ein gutes Gefühl. Kirchzarten war eine Bestätigung.“

So geht er also gar nicht wirklich skeptisch in die WM, allerdings mit dem nötigen Respekt. „Das wird sakrisch schwer. Ein paar Kollegen sind am Berg super stark“, sagt Platt und verweist auf Sauser, den WM-Dritten des vergangenen Jahres Kristian Hynek (Elettroveneta Corratec) und auf Leonardo Paez (TX Active Bianchi), der aus der Versenkung wieder aufgetaucht ist. Dazu auch noch Urs Huber. Platt ist sicher einer, der in der letzten Abfahrt zu den Schnellsten zählen wird.
Sein Motto ist das gleiche wie das von Kaufmann: „All-in“ und schauen was dabei raus kommt.

Keine optimale Vorbereitung für Käß
Jochen Käß traut man einiges zu. Vielleicht aber noch mehr, wenn er durch seinen Sturz im Val di Sole nicht ein paar Tage „nicht gescheit trainieren“ hätte können. „Normalerweise hätte ich da schon noch mal Reize gesetzt. Eine optimale Vorbereitung ist das nicht“, meint Käß.
Der 32-Jährige dreifache Deutsche Marathon-Meister kann sich – im Gegensatz zur EM – diesmal ganz auf sich selbst konzentrieren. Teamwork, da sind sich alle einig, ist auf den 95 Kilometer des Kitzalp-Bikemarathons nur im Falle eines Defekts denkbar. Ansonsten kämpft jeder alleine mit sich und dem Berg.
Käß weiß, dass sich sein Kumpel Hannes Genze (Centurion-Vaude) auf die WM vorbereitet hat und rechnet auch mit ihm.

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Zeigte bei den Bike Four Peaks mit seinem Solosieg auf der dritten Etappe seine Klasse: Jochen Käß. Start der Etappe war übrigens Kirchberg/T. ©Stephan Ortwein/BikeFourPeaks

Tim Böhme blickt eher verhalten auf die WM. Seine Skepsis rührt weniger an der Form. „Die ist nicht schlecht“, meint der EM-Vierte, „aber solche Profile liegen mir nicht, das habe ich auch in Kirchzarten wieder gesehen. Mit Strecken, auf denen es öfters Tempowechsel gibt, komme ich besser zurecht.“
Solche Rennen sei er immer schlecht gefahren, fügt Böhme noch hinzu. „Realistisch gesehen, habe ich keine Chance vorne mitzufahren. Ich bin dann nächstes Jahr wieder dran“, sagt der Wahl-Frankfurter mit Blick auf die WM 2014 in Pietermaritzburg, Südafrika.

Aus deutscher Sicht, können auch Matthias Leisling und Torsten Marx (beide BlackTusk) und Robert Mennen (Topeak-Ergon) eine gute Rolle spielen, wenn auch nicht im Kampf um die Medaillen. Obwohl, bei Leisling weiß man nie. Und bei Mennen ist die Frage, wie fit der Deutsche Hochschulmeister (XCO) nach seinem unglücklichen Frühjahr mit Schlüsselbeinbruch und langwierigem Infekt schon wieder ist.

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