Nino Schurter: Short Track wird einiges verändern

Der Weltmeister vor dem Albstadt-Weltcup im Interview

 

Nino Schurter gewann 2017 alle sechs Weltcup-Rennen, was vorher noch niemandem gelang. Und er wurde zum sechsten Mal Weltmeister. Mit seiner unglücklichen Sprint-Niederlage gegen Sam Gaze ist die Serie gerissen, doch der Schweizer vom Team Scott-Sram wird nach zuletzt wieder drei Siegen in Albstadt wieder als Top-Favorit ins Rennen gehen. Für den Veranstalter hat der Autor mit Schurter ein Interview geführt, in dem er sich über die neue Disziplin Short Track, seine größten Konkurrenten in Albstadt und über Rekord-Marken im Hinterkopf äußert.

 

Nino, diese Saison hat für nicht ganz so wie gewünscht begonnen. Wegen einer Krankheit deines Partners Matthias Stirnemann konntet Ihr Euren Titel beim Cape Epic nicht verteidigen. Was bedeutet das Fehlen dieser acht Tage Belastung für den Rest des Frühjahrs?

Nino Schurter: Dank dem frühen Aus an der Epic konnte ich nochmals drei Wochen hartes Training einbauen, was hinsichtlich der Weltcuprennen bestimmt sogar besser war.

In Albstadt gibt es im Weltcup zum ersten Mal die Disziplin Short Track. Wie siehst Du die neue Disziplin? Wird das viel verändern?

Ich bin auch gespannt, niemand weiß genau, wie die Sache rauskommt. Es wird sicher einiges verändern. Ich finde es cool und ich freue mich drauf. Es ist sicher ein anderer Typ Fahrer gefragt, man muss etwas explosiver sein. Ich bin gespannt, wie sich da alle durchschlagen.

Bereitest Du Dich speziell darauf vor?

Ich habe schon bisschen mehr auf Sprint trainiert, ein bisschen explosiver noch. Wir müssen dann schauen, wie es läuft, ob es noch mehr braucht.

Ist es ein Ziel für Dich als erster Short Track-Weltcupsieger in die Geschichte einzugehen?

Nee, nicht unbedingt als erster Sieger. Aber sicher will ich da gut sein. Es ist für den Gesamtweltcup entscheidend, dass man da gut ist. Auch für die Startposition. In die Top Acht will ich schon fahren. Zweite Reihe geht auch noch, aber dritte Reihe (wenn man im Short Track nicht unter die besten 16 kommt), ist dann schon ein bisschen kritisch. Das wird sicher spannend.

Du bist bei den Sea Otter Classic schon mal Short Track gefahren. Wie taugt Dir das Format?

Ich glaube, es ist nicht schlecht für mich. Ich kann gut starten, komme in der Regel gut weg. Es kommt sehr auf die Strecken drauf an. Ich hoffe sehr, dass sie gute Strecken anlegen. Sie dürfen nicht zu einfach, aber auch nicht zu schwer sein.Es sollte nicht so selektiv sein, dass am Schluss nur noch einer vorne übrig bleibt, aber es sollten auch nicht 20 von 40 zum Massensprint kommen, so dass das Glück eine große Rolle spielt. Die Strecke wird extrem darüber entscheiden, ob das ein cooler Event wird oder nicht.

180310_07121_by_Kuestenbrueck_RSA_Stellenbosch_XCO_ME_Schurter_Gaze_by_Kuestenbrueck_150
Das Duell, das die Serie unterbrach: Nino Schurter rutscht in Stellenbosch aus dem Pedal und Sam Gaze gewinnt ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Beim Weltcup-Auftakt in Stellenbosch ist Deine Serie nach sechs Siegen hintereinander gerissen. Du bist im Zielsprint aus dem Pedal gerutscht, Sam Gaze hat Dich geschlagen. Du hast dich erst mal – natürlich – geärgert. Aber hat Dich der Ärger weiter verfolgt?

Klar war ich enttäuscht zuerst, aber ich kann nicht jedes Rennen gewinnen. Dass ich aus dem Pedal gefallen bin, das kann es mal geben. Aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich noch daran zu beißen habe. Es war auch eine spezielle Strecke. Albstadt wird wieder anders aussehen. Ich bin gespannt, wie sich Gaze in Albstadt schlägt. Wie ihm das taugt, mal schauen. Aber es ist schon gut, wenn nicht immer nur ich gewinne.

Kannst Du das so großzügig sagen?

Ja (lacht). Natürlich will ich immer gewinnen, aber mir ist schon bewusst, dass es nicht immer so sein kann.

Du hast alles gewonnen, was es in diesem Sport zu gewinnen gibt? Oder bleibt noch was?
Ich sehe nicht so, dass ich alles gewonnen habe. Für mich ist jedes Rennen neu, auch wenn ich es schon mal gewonnen habe. Die Olympischen Spiele in Tokio sind schon noch mal ein großes Ziel für mich. Wenn ich da meinen Titel verteidigen kann, dann wäre das schon noch mal ein Riesending.

Das ist die langfristige Perspektive, die Du Dir gesteckt hast?

Ja, genau.

Ist die Rekord-Marke von 33 Weltcupsiegen, die Julien Absalon hält, auch ein Ziel?

Irgendwann schon, ja.

Solche statistische Marken, spielen die in Deiner Motivation und Zielsetzung eine Rolle?

Es ist nicht das Wichtigste, aber es ist schon cool, wenn ich mal aufhöre und habe alle Marken knacken können. Im Hinterkopf habe ich das schon. Aber es ist nicht das Allerwichtigste. Jede Zeit ist ja ein bisschen anders und du kannst nicht alles vergleichen. Julien war in einer anderen Zeit der Beste und auch Vergleiche mit Frischi (sein Team-Manager Thomas Frischknecht) gehen nicht eins-zu-eins.

Was ist denn das Allerwichtigste?

Spaß daran zu haben, was ich mache. Ganz einfach.

 170528_04103_by_Kuestenbrueck_GER_Albstadt_XCO_ME_Schurter
Umjubelt: Nino Schurter bei seinem Albstadt-Sieg 2017. ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

In der Schweiz bist Du inzwischen eine Sport-Größe, warst bei der Wahl zum Sportler des Jahres 2016 und 2017 jeweils Zweiter. Wird Dir der Rummel manchmal schon zu viel?

Es kann schon mal zu viel sein, aber insgesamt kann man das gut steuern. Mittlerweile weiß ich was, machen muss und was nicht. Ich mache, was mir Spaß macht.

Wirst Du auf der Straße erkannt?

Ja. Immer öfter (lacht). Das ist auf der einen Seite schön, auf der anderen hat es auch Nachteile.

Mit den Weltmeisterschaften in Lenzerheide in diesem September wird das sicher nicht weniger werden..

..nein (lacht)..

Die WM ist nur eine halbe Stunde von Deinem Wohnort Chur entfernt. Löst das in Dir noch mal spezielle Gefühle aus?

Irgendwie schon, irgendwie auch nicht. Bis jetzt noch nicht so, aber wenn es näher kommt, bestimmt. Aber für mich ist es die gleiche Saison wie immer.

2011 hat es in Champery nicht geklappt mit dem Titel vor heimischem Publikum…

.., die letzten beiden Weltmeisterschaften in der Schweiz war ich immer Zweiter hinter Jaroslav (Kulhavy). 2003 in Lugano als Junior und in Champery in der Elite. Ich hoffe, dass es nicht noch mal so endet.

Und bei der EM in Bern hinter Julien Absalon.

Ja, ich war eigentlich immer Zweiter zuhause. Nur im Weltcup nicht.

Die Motivation ist eines, wie sieht es mit dem Erwartungsdruck aus?

Bis jetzt ist nichts spürbar. Aber der Erwartungsdruck wird schon kommen. In der Schweizer Medienwelt wird dann schon ein bisschen Druck entstehen. Kommt jetzt auch ein bisschen drauf an, wie die Weltcup-Saison verläuft, was dann von mir erwartet.

Wie lautet Deine Parole für den zweiten Weltcup in Albstadt?

Natürlich möchte ich wieder ganz oben stehen. Es ist keine Lieblingsstrecke von mir, aber ich glaube, mittlerweile liegt sie mir gar nicht so schlecht.

 170528_13973_by_Dobslaff_GER_Albstadt_XCO_ME_VanDerPoel_Schurter
Mathieu van der Poel (links) forderte Nino Schurter schon 2017 ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Dass Du sagst, sie liegt Dir mittlerweile nicht so schlecht, hat das auch damit zu tun, dass man sich über die Jahre als Fahrertyp anpasst, verändert?

Sicher daran, dass ich mich ein bisschen verändert habe, aber auch dass meine Gegner andere geworden sind. Absalon war da vielleicht noch ein bisschen besser, aber die Gegner, die ich momentan habe, sehe ich nicht im Vorteil. Mathieu van der Poel sehe ich in den nächsten Weltcup-Rennen als den härtesten Gegner. Wenn der wieder frisch ist. Albstadt liegt nicht unbedingt einem Sam Gaze.

Er war bisher auch nicht so konstant.

Ich glaube, dass er dieses Jahr schon konstanter sein wird. Vielleicht nicht unbedingt in Albstadt, aber er ist sicher einer für das Short Track-Race. Da ist er einer der Favoriten. Wenn er das gewinnen kann, gibt ihm das auch Vertrauen für das Cross-Country. Mal schauen.

Nino, vielen Dank für das Gespräch.

 

Facebook Auto Publish Powered By : XYZScripts.com