Schweizer Meisterschaften Lenzerheide: Flückiger fordert Schurter heraus

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Wieder Favorit: Nino Schurter bei seinem Titelgewinn vor einem Jahr in Balgach. ©asprosport

Die Schweizer Meisterschaften sind schon seit Jahren eine kleine Weltmeisterschaft. Zumindest bei den Herren. Vize-Weltmeister Lukas Flückiger (BMC Racing) will Teamkollege Julien Absalon zum Vorbild nehmen und Weltmeister Nino Schurter (Scott-Swisspower) angreifen. Bei den Damen wird ein Duell zwischen Esther Süss (Wheeler-iXS) und Katrin Leumann (Ghost Factory Racing) erwartet.

Dass Nino Schurter Favorit ist, das scheint vor der Schweizer Meisterschaft klar. Aber nicht mehr so klar, wie noch vor dem 23. Juni. An diesem Tag hat Nino Schurter eine klare Niederlage einstecken müssen.
War der 18. Platz in Albstadt noch eine Sache der falschen Reifenwahl gewesen, so war Julien Absalon bei der EM auf dem Berner Gurten einfach der Stärkere gewesen. Nino Schurter bekannte das auch ganz freimütig und sprach davon, dass er als Sportler halt auch nur ein Mensch sei.

Die Serie von Siegen – außer Albstadt – verlieh dem 27-Jährigen eine Aura der Unbesiegbarkeit, zumal sich auch der bis heute Größte aller Zeiten (Absalon) an ihm erfolglos aufrieb. Zumindest in der Außenwahrnehmung. Vielleicht fühlte sich Schurter sicher, aber so arrogant, dass er sich für unschlagbar hielt, war er sicher nicht. Dafür waren die Duelle mit Absalon auch zu eng und Schurter erkannte auch, dass der dem Franzosen im Downhill nicht mehr viel Zeit abnehmen konnte.

Lukas Flückiger: Die ersten 20 Minuten überstehen
Dass Absalon dem Weltcupführenden in Bern zwei Minuten abnehmen konnte, das ist auch ein Signal an die Konkurrenz. Allen voran Lukas Flückiger, der in Bern ja durch einen Defekt am Schuh ins Hintertreffen kam. „Julien hat gezeigt, dass Nino schlagbar ist“, sagt Flückiger und spricht davon, dass er seine „Chance packen“ will.

Dazu müsse er allerdings die ersten „zehn bis 20 Minuten“ schadlos überstehen. „Nino kann am Anfang so dermaßen übers Limit gehen. Da darf ich nicht zu viel verlieren. Wenn er weg ist, dann wird es schwierig. Ich brauche auf jeden Fall einen super Tag“, sagt Lukas Flückiger, der seinen Bruder Mathias (Stöckli Pro) als weiteren ernsthaften Konkurrenten sieht. Womit das WM-Podium des vergangenen Jahres dann komplett wäre. So viel zum Thema „kleine Weltmeisterschaft“.

Nino Schurter spricht derweil davon, dass „die SM keines der großen Saisonziele“ sei. Das öffnet die Tür für die Konkurrenten vielleicht noch ein Spalt weiter. Vielleicht. „Ein gutes Rennen“, 30 Minuten von seinem Wohnort Chur entfernt“, wolle er aber trotzdem fahren. Für Schurter wäre es der dritte Titel in der Elitekategorie, für Lukas Flückiger der erste bei den Herren und für Mathias Flückiger auch.

Es wäre natürlich fatal den Kampf um den Titel und um die Medaillen auf dem 4,2 Kilometer langen Kurs auf die genannten drei Namen zu reduzieren. Mit Fabian Giger (Giant Pro XC), Florian Vogel (Scott-Swisspower), Thomas Litscher (Multivan-Merida) und vielleicht sogar Martin Fanger (BMC Racing) gibt es noch weitere Kandidaten, die zu Weltklasseleistungen fähig sind.

Katrin Leumann würde gerne das Trikot mit nach Hause nehmen
Bei den Damen ist die Leistungsdichte nicht ganz so extrem. Die Vergabe des Titels könnte auf ein Duell zwischen Katrin Leumann und Esther Süss hinauslaufen. Zumindest gemessen an den bisherigen Saisonleistungen. Jolanda Neff (Giant XC Pro) muss ja ihren U23-Titel verteidigen.
Katrin Leumann hört sich nach wie vor an, als bräuchte sie einen dicken Schal um den Hals. Die Stimmbänder geschwollen, warum, ist nicht genau geklärt. Trotz dieses Handicaps fährt die EM-Fünfte eine gute Saison, aber es dürfte ihr dennoch etwas an Leistung wegnehmen.

„Ich würde schon gerne nochmal das Trikot mit nach Hause nehmen“, sagt Leumann und erwartet eben diesen Zweikampf mit Esther Süss.
„Zumindest am Anfang wird Kathrin Stirnemann noch dabei sein. Nathalie Schneitter ist derzeit ein bisschen eine Wundertüte, da muss man sehen wie es bei ihr läuft“, meint Leumann, die 2004, 2008 und 2009 Schweizer Meisterin war.

Wie die 31-Jährige bestreitet auch Esther Süss das fünfte Wettkampfwochenende hintereinander. Die Dritte der Marathon-WM setzt deshalb im Vorfeld auf Erholung. „Mein Ziel ist auf jeden Fall der Titel“, sagt Süss, die 2010 in Gränichen Meisterin wurde. „Die SM ist mir schon sehr wichtig, zumal ich dieses Jahr auf den Marathon-Titel verzichten musste. Ich bin gespannt, wie ich mich nach den viereinhalb Stunden von der Marathon-WM erhole“, erklärt Süss.
Für Stirnemann und Schneitter geht es auch deshalb um ein gutes Resultat, weil die SM-Ergebnisse für die WM-Nominierung herangezogen werden, Süss und Leumann scheinen diesbezüglich sicher.

Eliminator Sprint: Auch hier viele Hochkaräter
Auch beim Eliminator Sprint am Freitag strotzen die Felder vor Bikern mit Weltklasseformat. Lukas Flückiger ist auch dabei und sieht auf dem Kurs mit immerhin 50 Höhenmetern durchaus seine Chancen, „wenn ich es bis ins Halbfinale schaffe“. Dann kommt das Stehvermögen mehr zum Tragen.
Thomas Litscher und Jolanda Neff sind die Titelverteidiger.

Multivan-Merida-Biker Litscher sieht in Sprint-Weltmeister Ralph Näf einen der wichtigsten Konkurrenten, weil der nach seiner Hand-Operation so langsam immer besser in Form kommt.
„Es wäre schön wieder den Titel im Sprint zu holen, aber in der Schweiz gibt es viele schnelle Sprinter“, sagt Litscher, der nach seiner EM-Enttäuschung etwas zurückhaltend ist. „Beim Sprint ist immer was drin“, bestätigt Näf ein Stück weit die Einschätzung von Litscher.
Im Lager der Eidgenossen gibt es mit dem EM-Bronzemedaillengewinner Sepp Freiburghaus (Thömus) Stefan Peter (Strüby MTB Kader), Marcel Wildhaber (Scott-Swisspower) und dem Vorjahres-Dritten Nicola Rohrbach (Goldwurstpower-Stöckli) aber noch weitere heiße Kandidaten.

Die Sprint-WM-Zweite Jolanda Neff und die aktuelle Sprint-Weltcup-Zweite Kathrin Stirnemann (Sabine Spitz-Haibike) sind die am häufigsten genannten Namen bei den Damen. „Am Freitag gibt es für mich nur ein Ziel und das ist das Trikot“, sagt Stirnemann, die sowohl bei der EM als auch bei allen Weltcup-Sprints jeweils Zweite war.
Die EM-Dritte Ramona Forchini, Linda Indergand (beide Strüby MTB Kader) und auch Andrea Waldis (Colnago-Südtirol) sind neben Neff ernstzunehmende Konkurrentinnen für Stirnemann.

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