Weltcup Vallnord Nachgedreht: Ellbogen und Trikottausch

Mexikanische Mountainbiker im Kommen – Rieder im Trainingsrhythmus

Von aufgehenden Löchern, einem Sturz auf gebrochene Hände, von fehlender Frische und fehlender Luft im vorderen Reifen. Von Vielfalt in den Top-Ten, vom Staub im Hals und einem Novum auf dem Podium. Nachgedreht vom Weltcup in Andorra, was hier noch nicht geschrieben stand.

 

Ramona Forchini (jb Brunex-Felt) konnte sich über Rang 14 und die Erfüllung der Schweizer WM-Norm freuen. Nachdem es schon am Freitag im Short Track mit Platz vier hervorragend gelaufen war, funktionierten die Beine auch am Sonntag. Allerdings mit Verzögerung, denn in der Startphase verlor sie im Kampf mit den Ellbogen der Konkurrentinnen erst mal etliche Plätze und hatte erst mal Mühe. „Irgendwann gingen dann Löcher auf und ich konnte fahren, wie ich wollte“, so Forchini, die sich in den beiden letzten Runden noch um fünf Positionen verbesserte, den Sprint um Rang 13 allerdings knapp gegen die Südafrikanerin Mariske Strauss verlor.

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London-Olympiasiegerin Julie Bresset (BMC Racing) stand am Freitag zwar auf der Startliste des Short Track, doch dass sie nachgerückt war, erfuhr die Französin erst um die Mittagszeit, nachdem sie das Training auf dem Cross-Country-Kurs schon hinter sich hatte. Zu spät, um die Pläne zu ändern und ohne Aussicht ihre Position wirklich verbessern zu können, vor allem nicht in der Höhenlage von Pal-Arinsal.

Vom 30. Platz im Cross-Country-Rennen war sie dann aber auch enttäuscht. Seit ihrem Schlüsselbeinbruch findet Bresset nicht so richtig in die Spur. Die Französin hofft, dass in Les Gets und bei den französischen Meisterschaften eine Woche später der Knoten platzt.

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So gut ihr Comeback-Wochenende für Alessandra Keller (Thömus RN) mit dem zweiten Platz im Short Track begonnen hatte, so unerfreulich endete es am Sonntag im Cross-Country-Rennen. Und zwar mit einem DNF.

„Ich bin mega gut gestartet“, berichtet Alessandra Keller. Doch dann ging sie über den Lenker und stürzte auf ihre Hände, die sie ja Anfang Mai gebrochen hatte. „Danach habe ich meinen Rhythmus ganz und gar nicht mehr gefunden“, bekennt die U23-Weltmeisterin. Auch wenn den Händen, respektive Mittelhandknochen, nichts passiert ist, mag die gerade überstandene Verletzung im Hinterkopf eine Rolle gespielt haben. Jedenfalls entschloss sich Keller, nachdem sie bis auf Rang 32 und weiter zurück gefallen war, das Rennen vorzeitig zu beenden.

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Nadine Rieder ©Traian Olinici

 

Nadine Rieder (Rotwild Factory Racing) beendete den dritten Weltcup der Saison auf Rang 40. Den gewachsenen Ansprüchen genügt das inzwischen nicht mehr, auch wenn sie sich von 45 nach einer Runde noch verbessern konnte. „Ich hatte nicht das Gefühl Rennen zu fahren. Ans Limit konnte ich nicht gehen, deshalb bin ich einfach gleichmäßig eine Art Trainingsrhythmus gefahren. Ich hoffe, mein Körper ist dann nächste Woche wieder bereit“, sagte Rieder, die schon beim Short Track nicht wie gewohnt agieren konnte.

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Hanna Klein (Scott-Sparkasse) erwischte keinen schlechten Start, doch dann erlitt sie im zweiten Teil der ersten Runde einen Hinterrad-Defekt. Bis an der Technischen Zone war, das Laufrad gewechselt und das Rennen wieder aufgenommen hatte, war weit und breit keine Konkurrentin mehr zu sehen. „Es war dann ziemlich zäh, ich habe ewig gebraucht bis ich jemand vor mir gesehen habe und als ich dann überholt habe, bin ich auch nicht mehr so richtig ins Rennen gekommen“, erklärte Klein. „Schade, das habe ich mir anders vorgestellt. Ich hoffe, dass es in Les Gets anders läuft.“

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Hanna Klein ©Erhard Goller

 

Henrique Avancini (Cannondale Factory Racing) verbuchte mit Rang drei sein bisher bestes Weltcup-Resultat in der Cross-Country-Disziplin. Der Brasilianer hatte am Freitag schon den Short Track gewonnen.

„Ich werde Schritt für Schritt besser“, meinte Avancini im Interview auf Red Bull-TV. „Heute hat mir am Schluss der Punch gefehlt, was mich normal auszeichnet. Ich habe mich nicht speziell auf die Höhe vorbereitet, nur versucht gut in Form zu sein. Für mich ist das ein guter Auftakt in diese zweite Hälfte der Saison.“

Er sei weiter am Lernen, aber käme immer näher. „Irgendwann werde ich diese Jungs auch schlagen können“, so Avancini und meinte in dem Fall Nino Schurter und Mathias Flückiger. Jedenfalls hat der Marathon-Weltmeister mit seiner mutigen Fahrweise zu einem höchst spannenden Rennen beigetragen.

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Vorjahres-Sieger Gerhard Kerschbaumer (Torpado-Ursus) wurde diesmal Vierter. „Im Sprint hatte ich noch gute Beine, aber heute war ich nicht so frisch wie letztes Jahr hier oder wie in den letzten Rennen“, erklärte der WM-Zweite. „Aber jedes Rennen ist anders.“ Warum er nicht ganz so locker war wie zuletzt, konnte der Südtiroler aber auch nicht beantworten.

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Florian Vogel, hier hinter Maxime Marotte und vor Jose Ulloa ©Traian Olinici

Florian Vogel (KMC Ekoi Orbea) verlor bereits in Runde eins Luft aus dem Vorderrad verlor und konnte damit in den Abfahrten nur noch mit Vorsicht agieren. Er wollte nicht gleich wechseln, um nicht so viele Positionen einzubüßen und entschied sich dann im Verlauf gar nicht zu wechseln. Das Vorderrad hielt bis zum Schluss und Vogel war der Meinung, „die richtige Entscheidung“ getroffen zu haben. Ohne dieses Handicap wäre ein Top-Ten-Ergebnis wohl möglich gewesen. „Aber so ist es halt in unserem Sport“, meinte Vogel und zog, nicht unglücklich über seine Leistung, von dannen.

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Ben Zwiehoff (Bergamont) hat in der Ergebnisliste ein DNF hinter seinem Namen stehen. Der Start des Esseners verlief bescheiden, zwei Leute vor ihm mussten ausklicken, Zwiehoff sah sich plötzlich etwa an Position 100 fahrend. In Andorra bedeutet das, Stau im Downhill, viel Laufen und Rückstand, der sich rasch ansammelt.

Zwiehoff arbeitete sich nach vorne, fuhr dann vor bis Platz 53 und lag nur zehn bis 15 Sekunden hinter Markus Schulte-Lünzum. Doch dann ging es für den Deutschen Vize-Meister wieder rückwärts. „Bei Rennen, in denen es sehr staubig ist, habe ich extreme Probleme“, erklärte Zwiehoff. Schon im Frühjahr in Marseille gab er deshalb auf. „Mein Hals verschleimt total, ich bekomme sehr schlecht Luft und kriege auch fast nichts zu trinken runter“, beschreibt er das Phänomen.

Er versuchte dann zwar konstant weiter zu fahren, kam bis etwa an die 45. Stelle nach vorne, doch dann ging es wieder rückwärts. „Ich habe mich dann dazu entschlossen meine Kräfte zu sparen und auf die nächsten Wochen zu gehen“, so Zwiehoff, der auf für ihn günstigere Bedingungen in Les Gets hofft.

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Ben Zwiehoff ©Traian Olinici

 

Noch ein kleines Bonmot aus dem U23-Rennen der Herren. Das Möbel Märki-Team hatte unvermittelt Zuwachs bekommen. Florian Wimmer, österreichischer U23-Meister fuhr das Rennen im Trikot der Schweizer Equipe. Die Fotografen waren überrascht. Kollege Armin M. Küstenbrück stellte gleich die richtige Vermutung an:

Florian Wimmer, der bisher im Nationaltrikot unterwegs gewesen war, hatte sein jüngst erworbenes Meistertrikot nicht dabei und lieh sich eines von Elite-Meister Gregor Raggl. Eben Möbel-Märki-gebrandet. Raggl hatte ein paar dabei und so wurden durch diese ungewöhnliche Art des Trikottausch kurz mal 500 Schweizer Franken Strafe gespart. Ach ja: Wimmer wurde im geliehenen Hemd 47.

 

Noch ein paar Griffe in die Statistik-Schublade:

*In den Top-Ten des Herren-Rennens befinden sich neun verschiedene Nationen. Nur die Schweizer haben mit dem Doppelsieg von Nino Schurter (Scott-Sram) und Mathias Flückiger (Thömus RN) zwei Athleten in diesem Kreis. Was nicht verwundert. Diese Vielfalt ist übrigens Florian Vogel aufgefallen.

*Bei den Damen waren nur die Niederländerinnen (Terpstra und Tauber) und die Schweizerinnen (Neff und Frei) doppelt vertreten, also auch da eine echte Vielfalt im Ranking.

*Nur 1:31 Minuten Rückstand hatte bei den Herren Zehntplatzierte Ondrej Cink (Kross Racing). Das ist enorm wenig, könnte aber auch mit der Höhe zu tun haben. Denn da wird doch etwas vorsichtiger gefahren. Und hätte jener Ondrej Cink nicht plötzlich einen Puls von 230 gehabt und seine 23 Sekunden Vorsprung hergeben müssen, wäre die Zeitspanne bis Rang zehn möglicherweise auch größer gewesen.

*Mit Daniela Campuzano stand als Vierte zum ersten Mal überhaupt eine/ein MexikanerIn auf einem Elite-Weltcup-Podium. Anscheinend gab es das auch in den Downhill-Disziplinen noch nie. Nachdem es im Vorjahr mit Henrique Avancini erstmals ein Brasilianer geschafft hat, gibt es also auch dieses Jahr ein Novum. Könnte sein, dass sich der Sport über Europa und Nordamerika hinaus weiter ausbreitet.

Ein zweiter Mexikaner, Jose Gerardo Ulloa Arevalo (Code GTO Cadencia.MX), verpasste das Podium als Sechster der Herren nur um acht Sekunden.

 

 

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