„WM hat es vereinfacht, Sponsoren zu finden“

Thömus RN präsentiert Team beim neuen Sponsor in Disentis

Bei der Team-Präsentation des erweiterten Thömus RN Swiss Bike Racing Teams auf einer Skihütte in der Skiregion Disentis blickt der Ex-Weltmeister und Teamchef Ralph Näf positiv in die Zukunft. Die beiden jungen Neuzugänge machen Hoffnung, aber im Sponsoring hätte er gerne noch eine vierte Säule.

 

Eine Gondel und zwei Sessellifte bringen Fahrer, Medienschaffende und Sponsoren hinauf auf 2506 Meter, mitten hinein ins Skigebiet Disentis, ins Restaurant Lai Alv. Es ist ruhig auf den ausgedehnten Pisten an diesem Freitagmittag, nur wenige Skifahrer schwingen in der Nachsaison noch die Berge hinab. Bald geht die die Skisaison zu Ende.

Im Restaurant präsentiert sich das Profi-Team Thömus RN Swiss Bike Racing von Ex-Sprint und –Marathon-Weltmeister Ralph Näf. Nicht zufällig oder nur weil es ein besonders schöner Fleck Erde ist, sondern weil Näf mit dem Disentis Catrina Experience gleichzeitig einen Sponsor gefunden hat, der seinen Etat aufbessert.

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Skipiste kurz mal zweckenfremdet: Mathias Flückiger und Ursin Spescha ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

„Hier kann ich aber auch gut mit meiner Familie Urlaub machen“, so Näf, selbst Vater von drei Kindern, die sich anschicken, in seine Fußstapfen zu treten. „Das Disentis Catrina Experience bietet mit seinem Resort ideale Verhältnisse: vom Hostel über Ferienwohnungen bis hin zum Drei-Sterne-Hotel ist für jeden (Geldbeutel) was dabei, es gibt Restaurants, eine Wellnessanlage und Einkaufsmöglichkeiten“, beginnt er zu erläutern und geht dann über in das, was für sein Team noch interessanter ist.

Näf zeigt Pläne für einen Pumptrack, der gleich neben der Hotelanlage entstehen soll. „Das Catrina Resort wird sicher die neue Homebase des Teams: hier werden wir unsere Trainingslager veranstalten, die neuen Bikes testen.“ Das Gebiet wird zum Bike-Revier ausgebaut, mit Hilfe von Näf und seinen Profis.

Das geht mit drei bekannten Fahrerinnen und Fahrer und zwei vielversprechenden Nachwuchssportlern in die vorolympische Saison 2019: neben der ehemaligen zweifachen Sprint-Weltmeisterin Kathrin Stirnemann (29), der amtierenden U23-Weltmeisterin Alessandra Keller (23) und Mathias Flückiger (30), der ein Jahr vor der Weltmeisterschaft in Mont Sainte Anne / CAN ebenda seinen ersten Weltcup-Sieg einfahren konnte, verstärken zwei Graubündner Jungstars das rein schweizerische Team.

Vital Albin (19), Vize-Weltmeister der Junioren 2016, und Ursin Spescha, der am Donnerstag seinen 21. Geburtstag feiern konnte. Bei der Präsentation konnte Näf bereits auf die ersten Erfolge seines Teams in der noch jungen Saison 2019 hinweisen. Bei ihrem ersten gemeinsamen Renneinsatz, dem Auftakt zum Proffix Swiss Bike Cup am Monte Tamaro, konnten Keller und Flückiger in den Elite-Kategorien und bereits Siege verbuchen, Vital Albin wurde Dritter in der U23.

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Junioren-Vizeweltmeister 2016: Vital Albin ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Die Schweizer Rennserie wird neben dem Weltcup der Fokus für die Equipe um Ralph Näf sein: „Wir wollen dieses Jahr ein relativ einfaches Jahr machen und vor allem in die Entwicklung der Fahrer investieren. Deswegen sind wir im Frühjahr mit dem Team auch nicht nach Südafrika oder Zypern gegangen, damit wir die Energie, die wir dieses Jahr sparen, im nächsten Jahr (mit Blick auf die Olympischen Spiele) sinnvoll einsetzen. Ich habe meine Erfahrungen mit Olympia gemacht. Ich weiß, dass so ein Jahr einfacher zu machen ist, wenn Du die Energie dazu hast, dann bist Du den anderen überlegen.“

Mit Flückiger, Stirnemann und Keller hat Näf immerhin drei ernsthafte Kandidaten auf die bis zu sechs Schweizer Startplätze für die Olympischen Spiele in Tokio 2020 unter Vertrag.

„Die Aufmerksamkeit der Sponsoren (bei der WM) in der Lenzerheide war sicher sehr hoch. Dazu kam für uns noch der Weltcup-Sieg von Mathias in Kanada. Das hat uns auch für Sponsoren auf eine andere Ebene gebracht. Das war dann schon einfacher, Sponsoren zu finden, um das ganze Konstrukt so zu finanzieren, wie wir es gerne hätten: als reines Schweizer Team, mit fünf Schweizer Fahrern, die ganze Swissness.“

Immerhin konnte Näf gleich zwei große Schweizer Sponsoren außerhalb der Bikeszene unter Vertrag nehmen: Neben der Disentis Catrina Experience auch noch „Local Search“, eine Tochter der Swisscom. „So können wir langfristig auch mit Schweizer Fahrern unterwegs sein.“

Immerhin haben die beiden Sponsoren gleich für drei Jahre unterschrieben, Thömus hat sein Engagement bis 2020 zugesagt. „Aber mein Ziel ist schon, mindestens die nächsten zehn Jahre in dieser Funktion in diesem Sport zu bleiben, wo ich jetzt bin, und auch so erfolgreich zu sein, wie wir jetzt sind. […] Aber wir brauchen nochmal einen großen Sponsor, uns fehlt noch eine vierte Säule neben Thömus, Localsearch und Disentis.“

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Die WM in Lenzerheide hat es an der Sponsoren-Front einfacher gemacht©Thomas Weschta/EGO-Promotion

Die zwei neuen Sportler, U23-Fahrern Albin und Spescha, sieht Näf nicht nur sportlich als Gewinn.  „Unsere neuen Fahrer bringen zudem frischen Wind in unsere Team, die bringen Enthusiasmus hinein, sehr viel Neugierde. Dabei sind sie einfach zu handhaben und sie können extrem viel profitieren von den anderen. Aber sie bringen auch eine gewisse Lockerheit, weil sie halt noch völlig unverbraucht sind. Sie sind offen für Neues und wollen gut werden. Das bringt dem ganzen Team etwas. Das haben wir auch im Trainingslager gespürt. Das müssen mitnichten die fünf besten Freunde werden, die am Ende der Saison zusammen in die Ferien fahren. Aber sie müssen sich verstehen.“Mathias Flückiger profitiere spürbar von den beiden jungen Teamkollegen.

Der Abgang: Lukas Flückiger

Mit Lukas Flückiger hat das Team auch einen großen Namen gegenüber dem letzten Jahr verloren. Teamchef Ralph Näf sieht das aber in zweierlei Hinsicht nicht tragisch. Zum einen werde damit eine Grüppchenbildung verhindert. Zum anderen weiß er, dass Lukas Flückiger bei BMC gut aufgehoben ist.

„Gerade für Luk möchte ich es ihm mega gönnen, das er die Chance gekriegt hat, wieder bei BMC zu fahren: ‚Back to the roots!‘ Auch ich selbst war ja drei Jahre lang bei Alex [Teamchef Alexandre Moos, Anm. d. Red.], das war eine meiner schönsten Erfahrungen, wo ich am meisten gelernt habe. Beide, Mat und Luk, werden ihre optimale Leistung abrufen können, egal, ob sie gemeinsam in einem Team fahren oder nicht.“

Nachwuchs-Team unter der Leitung von Marcel Kuratli

Mit dem gleichen Material und mit den gleichen Jerseys wird auch das Thömus RN Youngstars Team unter der Leitung von Marcel Kuratli unterwegs sein: „Wo es irgendwo möglich ist, werden sie auch von uns profitieren“, so Ralph Näf. „So können die Nachwuchsfahrer ihren Idolen näher sein, als wenn sie nicht da dabei sind.“

So wolle man zum Beispiel bei den Swiss Bike Cups auch gemeinsam auftreten, auch wenn es eine klare Trennung zwischen den Teams gibt. „Die Youngstars sind ein Projekt von Marcel Kuratli“, betont Ralph Näf. Er habe Kuratli vor allem bei den Kontakten zu den Sponsoren unterstützt.

„Je nach Leistung ist es natürlich schon so, dass wir mal einen Fahrer mit an den Weltcup nehmen werden können. Aber wie wir das genau strukturieren, müssen wir in den nächsten Jahren entscheiden. Es ist schön, dass es Menschen gibt wie Marcel, die sich für den Nachwuchs einsetzen, Zeit dafür opfern, völlig unentgeltlich das einfach machen. Das ist in den letzten Jahren immer weniger geworden. Deswegen ist es für mich und unsere Sponsoren auch wichtig, das zu unterstützen.“

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Urlaubs-Destination Disentis ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

In Disentis geht mit den weniger werdenden Skifahrern die Saison für Sportler und Familien indes nicht zu Ende, wie Marcus Weber, Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Disentis AG und weltweit erfolgreicher Multiunternehmer, sagt. „Wir wollen hier 365 Tage im Jahr Urlaub anbieten“, betont Weber. „Gut, an ein paar Tage könnte es regnen.“, ergänzt er verschmitzt.

Was aber klar wird: seit er vor fünf Jahren die Leitung der Bergbahnen übernommen hat, beginnt das verschlafene Dorf am Ende der Surselva zu florieren. Neben dem Wintersport möchte Weber im Sommer vor allem Familien ansprechen, die in Disentis sportliche Erholung suchen wollen.

Dabei will er aus Fehlern anderer Mountainbike-Destinationen lernen: Wanderer und Mountainbiker sollen möglichst getrennt unterwegs sein, betont Manager Giusep Fry, um die allseits bekannten Konflikte zu vermeiden.

Mithelfen bei der Planung und der Vermarktung soll dabei eben auch das Thömus RN Swiss Bike Racing Team.

Text: Armin M. Küstenbrück

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