20 Köpfe für 2020(2): Der Gärtner und seine Mountainbike-Landschaft

Bart Brentjens: Olympiasieger, Team-Manager, Co-Kommentator und mehr
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Der zweite Teil der Albstädter WM-Serie „20 Köpfe für 2020“ befasst sich mit Bart Brentjens. Der Niederländer kürte sich 1996 in Atlanta zum ersten Olympiasieger der Geschichte. Ein Jahr zuvor war er Weltmeister, 2001 auch Europameister.

Doch Brentjens spielt im Cross-Country-Sport auch nach seiner Leistungssport-Karriere, die der inzwischen 51-Jährige 2008 beendet hat, weiter eine bedeutende Rolle. Besser: mehrere Rollen. Seit 2013 ist er jedes Jahr beim Weltcup in Albstadt anzutreffen. Das wird auch im Juni bei den UCI Mountainbike Weltmeisterschaften in Albstadt so sein.

 

Im Alter von 13 Jahren begann Bart Brentjens mit dem Radsport. Das diente eigentlich der Rehabilitation nach einer lebensgefährlichen Blutvergiftung, die 50 Tage Krankenhaus und ein halbes Jahr im Rollstuhl zur Folge hatten. Es mündete in eine lange und sehr erfolgreiche Mountainbike-Karriere.

 

Bart, vor 25 Jahren gab es zum letzten Mal Cross-Country-Weltmeisterschaften in Deutschland. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Kirchzarten 1995?

Bart Brentjens: Natürlich gute Erinnerungen, wenn man Weltmeister wird (lacht). Ich hatte damals das Gefühl: das war ganz einfach, das mache ich noch mal. Aber wenn Du zurückschaust, dann war es doch nicht so einfach (schmunzelt). Ich bin jedenfalls stolz, dass ich ein Jahr das Regenbogen-Trikot tragen durfte. So was gibt es ja nur im Radsport, das ist was Spezielles.

Wie erinnern Sie sich an den Event im Schwarzwald?

Hmm, ich weiß nur, dass sehr viele Leute, sehr, sehr viele Leute da waren. Es war ganz laut, daran erinnere ich mich, das war ein richtiger Tunnel. Man hat keine Schmerzen gespürt, so war die Atmosphäre.

Nach Ihren bisherigen Erfahrungen mit dem Weltcup in Albstadt, glauben Sie, das lässt sich in Albstadt wiederholen?

So einen Tunnel wie in Kirchzarten kann man nicht überall an der Strecke haben, aber im Bullentäle wird sicher eine sehr besondere Atmosphäre herrschen. Da werden viele Leute sein. Für Team-Manager ist es schwierig, man den Sportlern kaum etwas zurufen. Für den Sport und das Fernsehen ist das natürlich gut, aber praktisch ist das nicht (lacht).

Bart Brentjens sieht die Zuschauer-Mengen in Albstadt also aus verschiedenen Perspektiven. Direkt nach dem Ende seiner Leistungssport-Karriere gründete er ein eigenes Team und führte es mit wechselnden Namensgebern (Sponsoren) in die Weltspitze. Mit der Ukrainerin Yana Belomoina stellt er zum Beispiel die Albstadt-Siegerin 2017, mit der Niederländerin Anne Tauber die Dritte aus dem Jahr 2018.

Doch die Rolle des Team-Chefs von CST PostNL Bafang ist nicht die einzige Funktion. Seit acht Jahren arbeitet er

Bart Brentjens Finish WM 1995 Kirchzarten
Brentjens beim Zieleinlauf der WM in Kirchzarten ©Privat Brentjens

für den Englisch sprachigen Weltcup-Livestream von Red Bull als Co-Kommentator des Briten Rob Warner. Im Tandem mit dem emotionalen Downhill-Spezialisten Warner wird seine Expertise von den Zuschauern geschätzt.

 

Als Co-Kommentator bei den Red Bull-Liveübertragungen sind Sie schon eine Art Institution. Hatten Sie vorher bereits ähnliche Erfahrungen?

Nein, keine. Wir hatten einmal eine Schulung in London. Aber wenn du Spaß daran hast, dann geht das.

Was daran macht denn Spaß?

Es ist die Kombination mit Rob Warner, aber auch mit den Leuten hinter den Kulissen, zum Beispiel mit den Technikern. Da passiert im Hintergrund sehr viel, was man nicht sieht. Und man muss sich viele Informationen erarbeiten. Inzwischen bin Ich auch nicht mehr so nervös.

Rob Warner war selber aktiver Downhiller, kennt sich aber im Cross-Country nicht so gut aus. Sie übernehmen da den Part des Experten.

Ja, ich kenne fast alle Leute. Das hat mich immer schon interessiert. Auch im Training an der Strecke stehen und schauen. Wenn neue Leute, junge Sportler auftauchen, versuche ich mit ihnen zu sprechen. Aber Rob macht auch viel Arbeit.

Ist das noch mal eine andere Perspektive auf den Sport, wenn man ihn vor dem Bildschirm kommentiert?

Zunächst mal ist es so, dass wir weniger sehen. Meistens nur die besten Zehn. Du weißt nicht, ob dahinter jemand ein besonders gutes Rennen fährt. Das ist ab und zu schwierig, auch wenn wir zusätzliche Informationen von der Strecke bekommen.

Sie haben parallel aber auch das Livetiming zur Verfügung, oder?

Ja, das haben wir. Aber es ist schwierig alles gleichzeitig im Blick zu behalten. Ich achte mehr auf die Körpersprache der Fahrer.

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Bart Brentjens mit Rob Warner auf der Kommentaren-Position ©Brentjens

Auf was kommt es beim Kommentieren an, was wollen Sie transportieren?

Wichtig ist, dass das Rennen spannend ist. Aber du kannst als Kommentator auch Spannung erzeugen, wenn ein Fahrer eine Minute in Führung liegt. Da braucht es Hintergrund-Informationen. Zum Beispiel, wenn man weiß, dass ein Fahrer zum Einbrechen neigt oder eine Fahrerin ein starkes Finish hat. Oder über die speziellen Fähigkeiten eines Fahrers.

Sie sind 1992 ihr erstes Weltcup-Rennen gefahren. Welche gravierenden Entwicklungen lassen sich aus Ihrer Sicht nachzeichnen?

Sie sind auf jeden Fall viel interessanter anzuschauen. Die Strecken sind kürzer, technisch anspruchsvoller und das Rad ist ziemlich durchentwickelt. Mein Olympia-Rad von Atlanta 1996 hat ungefähr zwölf Kilo gewogen, war aus Stahl und die Federung vorne war 40 Millimeter. Da hast du einfach viel Luft reingepumpt (lacht).

Die Sportler sind professioneller geworden und sie müssen auch in den sozialen Medien präsent sein. Bei uns gab es nur die Presse. Schnell fahren, das war alles, was wir tun mussten. Jetzt ist jeder Sportler auch noch das eigene Medien-Büro. Viele Sponsoren erwarten das.

Als Team-Chef lassen Sie ihre Equipe für die Funktion als Kommentator immer alleine, wenn die Rennen beginnen. Ist das so nicht problematisch?

Diese Diskussion haben wir auch im Team (lacht). Aber ich glaube, wenn ich neben der Strecke stehe, fahren die auch nicht besser. Außerdem sind das nur sechs oder sieben Weltcup-Rennen und die WM. Wir haben ja Betreuer und Mechaniker. Es gibt außerdem 20 andere Rennen, in denen ich während der Saison an der Strecke stehe.

 

Ex-Weltklassefahrer, Team-Chef und Co-Kommentator, das sind aber noch nicht alle Facetten, in denen Bart Brentjens den Mountainbike-Sport lebt. Er hat mit einem Kompagnon vor wenigen Jahren die Bike-Marke American Eagle wiederbelebt und bestreitet weiter fleißig Wettkämpfe – in der Masters-Kategorie. Und er tut das weiter mit der Akribie und dem Ehrgeiz, die ihn schon zu seinen früheren Erfolgen geführt haben.

Just in diesen Tagen ist er in Südafrika wieder beim Tankwa Trek, einem Etappenrennen, am Start. Doch es gibt auch noch einen Teil seiner Persönlichkeit, die nichts mit Fahrrädern zu tun hat: Bart Brentjens hat einst Gartenbau studiert und das Interesse daran nie verloren. Er lebt mit seiner Frau Petra und den Kindern Bartje (18) und Ginger (15) auf einem ehemaligen Bauernhof mit 10.000 Quadratmeter Fläche. Er beackert also doch nicht nur den Mountainbike-Sport.

 

Mountainbike ist Ihr Leben, kann man das so sagen?

Ja…ja, das stimmt. Es hat bei mir viele Richtungen. Ich mache auch Incentives für Firmen.

Was motiviert Sie immer noch Rennen zu fahren?

Es ist besser in Bewegung zu bleiben. Was früher mit Druck verbunden war, ist jetzt aber Entspannung, wie Ferien. Das hat sich gegenüber dem professionellen Sport gedreht. Es ist eine gute Abwechslung und ich denke, mein Körper braucht das.

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Immer noch aktiv, immer noch ehrgeizig, aber nur zum Spaß: Bart Brentjens ©Irmo Keizer

Man sagt, Sie seien immer noch sehr ehrgeizig.

Ja, ich fahre mit Ehrgeiz, ich bin immer noch fanatisch. Wenn ich am Start stehe, dann will ich gewinnen, da muss ich ehrlich sein. Den meisten Spaß habe ich aber, wenn ich mit jemand zusammen im Team fahren kann.

Ihr Leben dreht sich um Mountainbikes. Aber zuhause in Ravenstein gibt trotzdem noch einen anderen Bart Brentjens.

Ja, wir haben einen alten Bauernhof renoviert. Wir haben Obstbäume und ernten am Anfang des Sommers Erdbeeren bis zu Walnüssen und Äpfel im Oktober. Wir haben auch Gänse. Ich liebe das Arbeiten im Garten und mit Pflanzen.

Bei den vielen Reisen können Sie sich so immer auf Zuhause freuen. Auf was freuen Sie sich denn bei der WM in Albstadt am meisten?

Auf gute Ergebnisse meiner Fahrer (lacht). Nein, Albstadt liegt zentral in Europa, in Deutschland lebt der Mountainbike-Sport und Albstadt hat viel MTB-Geschichte. Die Strecke würde ich persönlich nicht lieben (schmunzelt), aber es gibt immer spannende Rennen dort, obwohl sie so schwer ist. Und weil die Organisation immer einen guten Job macht, freue ich mich auf die WM in Albstadt.

Bart Brentjens

Alter: 51 Jahre

Wohnort: Ravenstein, Niederlande

Verheiratet, 2 Kinder (18 und 15)

Team-Chef CST PostNL Bafang

Größte Erfolge: Olympiasieger 1996, Olympia-Bronze 2004, Weltmeister 1995, WM-Bronze 1994, Vize-Weltmeister Marathon 2003, 2005 Europameister 2001, 3 Weltcupsiege

 

Den Text hat der Autor für die Pressearbeit der Weltmeisterschaften 2020 in Albstadt verfasst.

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