Banyoles: Doppelsiege für KMC-Orbea und Trek Factory Racing

Elisabeth Brandau wird Dritte bei den Frauen, Ronja Eibl gewinnt die U23-Wertung, Kim Ames wird 21. und deutsche Männer waren auch am Start
Georg Egger in einer der vielen Schleifen in Banyoles © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Georg Egger in einer der vielen Schleifen in Banyoles
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Über ein Jahr ist es her, seit das letzte Cross-Country-Rennen der höchsten Kategorie unterhalb des Weltcups, nämlich der Ehrenkategorie HC ausgetragen wurde: in Banyoles, im Nordosten Spaniens, in Katalonien, in den Ausläufern der Pyrenäen und unweit der französischen Grenze, nahe der Stadt Girona. Und auch wenn die Weltranglisten-Punkte, die man dort verdienen kann, nicht für die Startaufstellung beim Weltcup und auch nicht für die Olympischen Spiele zählen, so traf sich dort doch eine erkleckliche Zahl Topsportler aus fast aller Herren Länder, um eines der ersten Rennen der Saison 2021 zu zelebrieren. Lediglich der angekündigte Weltranglisten-Führende, der Brasilianer Henrique Avancini vom Cannondale Factory Racing Team und sein neuer Teamkollege, der Südafrikaner Alan Hatherly fehlten dann doch auf der Startliste. Ansonsten waren fast alle da, die in Europa Rang und Namen haben.

Entsprechend groß waren die Starterfelder auf der zwar über sechs Kilometer langen, aber höchst kompakt und zuschauerfreundlich angelegten Strecke: die Frauen (Elite und U23) mussten sich den Kurs mit den Juniorinnen der UCI World Junior Series, den Jugendfahrerinnen und – in Deutschland eine nicht existente Kategorie – mit den Master-Frauen teilen. Bei den Männern waren „nur“ die Elite und Espoirs gemeinsam auf dem Kurs, doch das waren zusammen fast 270 Gemeldete. Nach der Startrunde hatte sich das Feld auf dem staubigen, trockenen Kurs auf fast 2:30 Minuten in einer langen Perlenkette aufgereiht. „Das Problem ist, dass du hier auch ganz wenig überholen kannst, sobald du einmal im Gelände bist“, sollte Manuel Fumic nach dem Rennen konstatieren.

Gut, die ganz Vorderen hatten damit wenig Probleme. Sie kämpften eher gegen Rennende mit überrundeten Fahrern, die ihnen trotz angewandter 80%-Prozent-Regel das Vorwärtskommen erschwerten. Bei den Frauen waren das vor allem auch die Nachwuchssportlerinnen, die in ihrer Kategorie noch nicht unter die 80%-Regel fielen, aber trotzdem den Elite-Fahrerinnen im Weg standen: „Das war echt anstrengend“, ärgerte sich Elisabeth Brandau (EBE-Racing) nach dem Rennen.

Elisabeth Brandau © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Elisabeth Brandau
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Die Deutsche Meisterin aus Schönaich hatte (für ihre Verhältnisse) einen guten Start erwischt, nur wenige Plätze gegenüber der Startaufstellung verloren und kam als 15. aus der Startrunde. Doch dann arbeitete sie sich langsam nach vorne und war dann eingangs der letzten von vier vollen Runden fast schon in Tuchfühlung zur Spitze. Doch ein kleiner Fahrfehler ließ die Schweizermeisterin Jolanda Neff, an der Brandau schon vorbei war – Siegerin Evie Richards (wie Neff vom Trek Factory Team) aus dem Vereinigten Königreich hatte sich schon früher absetzen können – wieder die Oberhand gewinnen: „Ich bin in der letzten Runden zwei Tritte zu spät angetreten und dann ist Jolanda vor der letzten Abfahrt an mir vorbei. Ich glaub, ich wäre sogar zügiger um die Kurven gekommen als sie, aber überholen war einfach nicht mehr möglich.“ „Schneller als Jolanda Neff um die Kurven? Elisabeth Brandau?“ mag sich der geneigte Leser an dieser Stelle fragen. Doch Brandau verweist auf ihre neue Betreuerin: die ehemalige Nationalfahrerin Ivonne Kraft, die mit Brandau nach Spanien gereist war, um gemeinsam mit ihr an Brandaus Technik zu feilen. „Ivonne hat mir geholfen, dass ich gut um die Kurven kam. Allein die Tatsache, dass ich sie als meine persönliche Betreuerin dabei habe, hat mir schon viel für den Kopf geholfen.“

Doch die ersten Rennen der Saison sind nicht nur einfach Wettkämpfe, sie sind vor allem auch Positionsbestimmungen nach dem Winter, nach einer Zeit mit viel Training, aber ohne das gegenseitige Messen. „Wo stehe ich?“ dürfte sich schon jeder Sportler im Frühjahr gefragt haben – und manchmal eine überraschende Antwort bei einem Rennen erhalten haben.

Für Brandau fiel die Antwort positiv aus: „Ich bin happy!“, sagte sie nach dem Rennen. „Ich bin noch nicht da, wo ich sein kann. Das weiß ich. Aber das Rennen in Banyoles zeigt, dass es jetzt wieder Richtung in 2018 geht und nicht die letzten verkorksten beiden letzte Jahre.“

Ronja Eibl © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Ronja Eibl
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Ähnliche dürfte sich auch Ronja Eibl vom Team Alpecin-Fenix nach ihrer durchwachsenen Saison 2020 gefühlt haben: nach einem Übertraining musste sie die ohnehin kurze Saison vorzeitig abbrechen, nachdem sie bei weitem nicht an die Leistungen aus 2019 anknüpfen konnte. „Ich wollte einfach diese Angst loszuwerden, dass nach 15 Minuten einfach nix mehr geht“, sagte die 21-Jährige hörbar erleichtert nach dem Rennen. „Aber das kann ich erst wirklich sagen, wenn ich mir die Leistungsdaten von meinem Garmin angeschaut habe.“ Nun, zumindest war sie besser als alle anderen U23-Fahrerinnen in Banyoles an diesem Tag: stolze 2:16 Minuten Vorsprung hatte Eibl auf die zweitplatzierte Spanierin Ana Santos.  „Ich war schon am Anschlag die meiste Zeit, aber irgendwie gar nicht so körperlich, sondern eher … Mir hat halt noch gefehlt, dieses Letzte aus mir raus zu holen, das war nicht so richtig da“, bilanzierte Eibl kurz hinter der Ziellinie. Aber schließlich war das ja auch erst das erste Rennen in der neuen Saison.

Siegerehrung der Frauen © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Siegerehrung der Frauen
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Von einem „gelungenen Start in die neue Saison“ sprach denn dann auch die oben schon erwähnte Zweitplatzierte Jolanda Neff: „Für mich persönlich ist es einfach schön, wieder Rennen fahren zu können, und das schon im Februar! Das ist schon lange drei Jahre her, dass ich mal im Februar ein Bike-Rennen gefahren bin. Und das genieße ich jetzt!“, strahlte die Schweizerin im Ziel.

Es schon eine überraschende Parallele, dass es nicht nur sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern einen Doppelsieg gab, sondern auch, dass nicht nur jeweils Schweizer auf dem zweiten Podestplatz standen, sondern dass die beiden auch noch aus demselben Ort kommen: aus Thal im Kanton St. Gallen. Doch während Neff solche Erfolge am Fließband feierte und es Zeiten gab, wo der zweite Platz schon eine Niederlage bedeutete, war es für Thomas Litscher vom Team KMC-Orbea das wohl beste Ergebnis seiner jüngeren Karriere, vom zweiten Platz beim letzten Shorttrack-Worldcup in Nove Mesto letzten Oktober mal abgesehen. Der U23-Weltmeister von 2011 „hat über den Winter gut gearbeitet“, wie er es im Zielinterview nannte. „Ich habe mich selten so gut gefühlt wie jetzt.“ Ganz offensichtlich hat er im Winter vor allem an seiner mentalen Einstellung gearbeitet. Während Litscher in der Vergangenheit oft stark startete, dann aber hinten raus einging, konnte er in Banyoles in der Spitzengruppe mitschwimmen: „Ich war immer kontrolliert. Ich bin kontrolliert gestartet, kontrolliert runtergefahren, kontrolliert ins Ziel gekommen. Was ein bisschen Technik und Taktik alles ausmachen können! Ich habe gelernt: auch in meinem Alter muss man nochmal lernen!“

Victor Koretzky & Thomas Litscher zelebrieren ihren Doppelsieg © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Victor Koretzky & Thomas Litscher zelebrieren ihren Doppelsieg
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Vielleicht hätte er früher auf den letzten Metern auch noch seinen Teamkollegen angegriffen. Jetzt, mit 32 Jahren, hielt er sich zurück und gab sich mit dem zweiten Platz zufrieden: „Das wichtigste war, dass unser Team KMC-Orbea gewinnt. Klar habe ich versucht, im letzten Downhill dranzubleiben. Aber wenn ich zu viel Risiko genommen hätte, hätte ich mich bestimmt wieder auf die Fresse gelegt. Das wollte ich nicht. Und wenn du da unten auf die Fläche kommst, 200 Meter vor dem Ziel, kann ich nicht mehr die 50 Meter zufahren.“ Und so ging der Sieg an seinen französischen Teamkollegen Victor Koretzky. Die spanische Ehre rettete David Valero Serrano vom Team BH Templo Cafés UCC auf dem dritten Platz, während der Franzose Maxime Marotte in Spanien für sein neues italienisches Santa Cruz FSA MTB Pro Team den vierten Platz holte. Die größte Überraschung neben Litscher aber war wohl der fünfte Platz des jungen Rumänen Vlad Dascalu, der sein erstes Rennen für Trek-Pirelli bestritt. Die fünf waren lange Zeit eine große Spitzengruppe, die erst in der letzten Runde etwas auseinander brach. Allerdings lagen zwischen Koretzky, der die fünf Runden plus Startrunde in 1:23:23 Stunden absolvierte, nur 13 Sekunden.

4:11 Minuten hingegen musste man dann auf den ersten der beiden Deutschen im riesigen Feld warten. Georg Egger zeigte sich auf Instagram dennoch zufrieden mit seiner Leistung nach der Winterpause drei Wochen vor seinem Heimrennen in Obergessertshausen: „Ich habe den Winter über gut geackert und relativ viel richtig gemacht habe“, ließ er seine Fangemeinde nach dem Rennen wissen. Egger, mit Startnummer 28 ins Rennen gegangen, war beim Start eingeklemmt worden, weil ein Fahrer vor ihm nicht ins Pedal gekommen war. So wurde Egger erstmal nach hinten durchgereicht, konnte dann aber Stück für Stück nach vorne fahren: „Ich habe mich die ganze Zeit super gefühlt, konnte mich belasten, auch ans Limit gehen: Vom Kopf her war ich gut im Rennen drin“, konnte er dem Massi Supercup etwas positives abgewinnen, auch wenn er die Punkteränge knapp verfehlte.

Manuel Fumic © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Manuel Fumic
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Knapp hinter Egger kam auch Manuel Fumic ins Ziel: „Ich bin doch nicht da, wo ich sein will“, musste er nach dem Rennen einräumen: „Aber es ist ja auch früh in der Saison. Dadurch, dass das Cape Epic weggefallen ist, ist es für mich jetzt ein leichterer, aber längerer Aufbau. Von daher fehlen mir noch die ganzen intensiven Sachen. Was mir jetzt gutgetan hat, war natürlich das Rennen, weil du dann in Bereiche eben reinkommst, was so nicht im Training reinkommen würdest. Aber mit all den Top-Leuten am Start und mit der Strecke bin ich eigentlich zufrieden. Es ist jetzt Ende Februar. Von daher habe ic

h noch ein bisschen Zeit. Aber ich bin froh hier zu sein. Bei dem Wetter fahren zu dürfen oder generell fahren zu dürfen“, fand Fumic doch noch versöhnliche Worte für seine Leistung.

Zum Schluss müssen wir noch über zwei weitere erfreuliche deutsche Ergebnisse berichten: Jette Älken vom wiederauferstandenen Team Merida-Schulte konnte sich in der UCI Junior Series den guten zwölften Platz sichern.

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