Ronja Eibl (Alpecin-Fenix): Positiv in die Zukunft!
2020 war ein Horrorjahr für die U23-Weltcupsiegerin 2019 Ronja Eibl. Neben all den Turbulenzen um Corona konnte sie überhaupt nicht an Leistungen des Vorjahres anknüpfen.
Die „Corona-Saison 2020“ gehört der Geschichte an. Und schon jetzt ist absehbar, dass Corona der anstehenden Saison erneut seinen Stempel aufdrücken wird. Die äußeren Umstände mit den weltweiten Beschränkungen haben sich nicht geändert. Covid-19 ist weiter dabei, den Veranstaltungskalender heftig durcheinander zu wirbeln (siehe Corona-Updates). Mehr als heftig durcheinander gewirbelt wurde das Sportjahr 2020 auch bei Ronja Eibl vom Team Alpecin-Fenix. Im vergangenen September musste die U23-Weltcupsiegerin 2019 die Segel streichen und beendete wegen eines zunächst unerklärlichen Leistungstiefs die Saison vorzeitig. Jetzt geht es für die 21-jährige deutsche Hoffnungsträgerin und Sportsoldatin in ihre letzte Saison in der U23. Im Gespräch mit Alfons Benz blickt sie zurück und wirft einen Blick voraus auf eine Saison mit vielen Highlights.
ACC: „Ronja, vor fast einem halben Jahr hast Du den Stecker gezogen. Keine Weltcups, keine Europa- und keine Weltmeisterschaft, keine Deutsche Meisterschaft. Bei einigermaßen normalem Verlauf wäre für Dich überall das Siegertreppchen möglich gewesen. Wie steckt man das als junge Sportlerin weg?“
Eibl: „Naja, am Anfang war es schon schwer zu akzeptieren, von hundert auf null zu landen und nicht zu wissen, woran es liegen könnte. Einerseits war ich dann froh, endlich zu wissen, dass es Übertraining ist, auf der anderen Seite wusste ich aber auch, dass das eine langwierige Sache sein kann. Meine Leistung hat sich nach einem behutsamen Versuch des Wiederaufbaus ab Mitte Juli aber leider nicht wie gewünscht entwickelt mit der logischen Konsequenz, vorzeitig in eine lange Saisonpause zu gehen und eben gar keine Rennen zu fahren. Ich glaube, ich kann mit Sicherheit sagen, dass ich in dieser Zeit sehr viel mit mir gehadert habe und viele Tage hatte, an denen es mir sowohl physisch als auch psychisch wirklich schlecht ging.“
ACC: „Es war also wirklich Übertraining?“
Eibl: „Das Übertraining war hundertprozentig der ausschlaggebende Grund. Man hat das deutlich an der Leistungsdiagnostik nach den ersten Wettkämpfen gesehen und ich kann es auch jetzt noch deutlich in den Auswertungsprogrammen erkennen. Das Hinterlistige war, dass ich lange einfach nur trainiert habe und durch die viele freie Zeit immer noch mehr. Fatal war dann noch, dass ich im Intervalltraining Bestwerte fahren konnte und mich dabei sogar noch gut gefühlt habe.“
ACC: „Die Saison 2021 ist Deine letzte in der U23. Am zweiten Maiwochenende wartet der Weltcup in Albstadt, dessen Werbegesicht Du seit einigen Tagen bist. Dein Heimatort Grosselfingen ist nur zwanzig Minuten von der Rennstrecke entfernt. Dein Klub, die RSG Zollernalb, ist in Albstadt beheimatet und Bestandteil der Organisation. Die Weltmeisterschaften im Cross-Country in Albstadt wurden 2020 auch ein Corona-Opfer. Wie sehr fieberst Du jetzt den Rennen im Bullentäle entgegen?“
Eibl: „Eigentlich nicht mehr als die Jahre zuvor. Die Absage der WM war schon ein harter Brocken. Aber ehrlich gesagt, das war doch recht früh schon zu erwarten. Jetzt ist es nun keine WM mehr, sondern wieder „nur“ ein Weltcup. Aber ich bin froh, dass Albstadt aber Bestandteil des Weltcups bleibt. Und ich hoffe natürlich auch, dass wenigstens begrenzt Zuschauer an die Strecke dürfen.“
ACC: „Auch nach dem frühzeitigen Abbruch Deiner Saison hast Du die Olympischen Spiele im Sommer in Tokio (falls sie denn stattfinden) als Dein absolutes Saisonziel 2021 genannt. Das Rennen der Frauen findet am 27. Juli statt. Richtest Du Dein Training darauf aus und wer ist verantwortlich für Deine Trainingsgestaltung? Welche Rolle spielt hier Bundestrainer Peter Schaupp?“
Eibl: „Naja, im Moment gibt es da noch einige ‚falls‘. Falls die Spiele stattfinden, falls Deutschland zwei Startplätze behält und natürlich, falls ich überhaupt nominiert werde. Klar, wenn das alles fix ist, ist Tokio natürlich das wichtigste Rennen im Jahr und dann wird das Training mit Sicherheit dahingehend gestaltet werden. Seit November werde ich auf Wunsch meines Teams Alpexin-Fenix von einem teaminternen Trainer trainiert und ich bin zuversichtlich, dass das gut funktionieren wird! Der Bundestrainer will selbstverständlich ein Auge auf das haben, was wir Kadersportler so treiben. Deshalb ist er immer informiert, allerdings ist er nicht (mehr) an meiner Trainingsgestaltung beteiligt.“
ACC: „Wie läuft es derzeit im Training? Die üblichen Trainingslager im Süden, wie sieht es damit aus?“
Eibl: „Ich denke gut. Mit solchen Aussagen bin ich auch oder gerade wegen des vergangenen Jahres etwas vorsichtiger geworden.
Das Teamlager im Dezember als auch das Trainingslager mit der Nationalmannschaft wurden leider abgesagt. Ich war deshalb mit einem Vereinskollegen und dessen Schwester im Dezember für knapp zwei Wochen auf Gran Canaria. Und das war auf jeden Fall eine sehr gute Entscheidung. Ich war so froh, dem schlechten Wetter zu Hause entkommen zu sein und unter der südlichen Sonne Rad fahren zu können. Für jetzt ist erstmals geplant, Mitte bis Ende Februar nach Spanien zu gehen und dort abschließend das HC-Rennen in Banyoles zu fahren. Sollte daraus nichts werden, ist Mallorca als Trainingslager geplant. Danach würde es noch nach Griechenland gehen, um ein paar UCI-Punkte zu sammeln, die mir jetzt natürlich komplett fehlen.“
ACC: „Es ist Deine letzte Saison in der U23. Startest Du weiter in dieser Altersklasse, oder hast Du Dir schon Gedanken gemacht, für die Elite zu melden?“
Eibl: „Gedanken ja, eine schlussendliche Entscheidung ist aber noch nicht gefallen. Mein Team lässt mir die Entscheidung frei, daher muss ich das nochmals genauer mit dem Bundestrainer besprechen.“
ACC: „Du fährst im belgischen Team Alpecin-Fenix um den niederländischen Superstar Mathieu van der Poel. Wie hat das Team zu Deiner Auszeit 2020 gestanden und wer ist dort Dein erster Ansprechpartner?“
Eibl: „Das Team war komplett verständnisvoll und aufbauend, was mir natürlich sehr geholfen hat. Ansprechpartner gibt es eigentlich für jeden Bereich separat. Hauptansprechpartner sind für mich natürlich die Team-Manager Philip und Christoph Roodhooft.“
ACC: „Das Team fährt Räder des Koblenzer Radherstellers Canyon. Die Verbindung hier ist Andreas Walzer, der damals maßgeblich mitverantwortlich für Deinen Wechsel zu Alpecin-Fenix [damals noch unter dem Teamnamen Correndon-Circus, Anm. d. Red.] war. Spielt er weiter eine wichtige Rolle in Deinem Sportlerleben?“
Eibl: „Ich habe Andreas zum letzten Mal leider aufgrund von Corona und meinem ‚Ausfall‘ bei der Teampräsentation im Januar 2020 gesehen. Kontakt haben wir ab und an mal über die sozialen Netzwerke. Ich weiß jedoch, dass er für mich zu jeder Zeit als mein ‚deutscher Ansprechpartner‘ gilt.“
ACC: „Nochmal zum Team: Hier fährt auch die ein Jahr ältere Niederländerin Ceylin del Carmen Alvarado, die 2020 beeindruckende Erfolge eingefahren hat. Trotz ihrer erst 22 Jahre wurde sie u. a. Elite-Weltmeisterin im Cyclo-Cross. Sie schnupperte aber auch schon mal in die Cross-Country-Rennen rein und schaffte bei der WM in Leogang als Dritte sogar den Sprung aufs U23-Podium. Im Gespräch mit dem Fahrradmagazin tour sagte sie zuletzt zu ihren Zukunftsplanungen, dass ihr Fokus auf den Olympischen Spielen 2024 liegt – mit dem Mountainbike. Wie gut kennst Du sie? Belebt Konkurrenz im eigenen Team die eigenen Pläne?“
Eibl: „Wir haben 2019 ein paar Rennen gemeinsam bestritten und haben auch so immer mal wieder Kontakt. Ich würde nicht sagen, dass da ein Konkurrenzkampf herrscht, zumal sie bislang ihren Fokus hauptsächlich ja auf Cyclo Cross gelegt hatte. Ich glaube aber auch nicht, dass das in Zukunft ein Thema sein wird, da wir beide Wettkampf und das drumherum voneinander trennen können. Außerdem ist Ceylin eine super nette, aufgeschlossene und immer gut gelaunte Person.“
ACC: „Mal weg vom Sport. Du bist Sportsoldatin und im Studium zur Wirtschaftsingenieurin. Wie verträgt sich das mit Deinen sportlichen Zielen? Wie wichtig war in der für Dich schwierigen
Phase Deine Familie? Immerhin fungierte Dein Vater Harry bei Rennen unterhalb des Weltcups wie beispielsweise der Bundesliga als Dein Betreuer?“
Eibl: „Das läuft gut, wobei meine Aufgaben bei der Bundeswehr auch nicht so schwerwiegend sind. Das Studium ist zwar zeitaufwendig, da ich bislang noch Vollzeit studiere. Während der Schulzeit war das ja nicht anders, und ich denke, das bekomme ich ganz gut hin.
Die Familie war und ist mir sehr wichtig. Wir haben schon immer viel Zeit miteinander verbracht. Allerdings hätte es mir mit Sicherheit auch viel geholfen, wenn ich in der schweren Zeit [im vergangenen Sommer] mehr mit Freunden hätte unternehmen können. Es ist aber halt, wie es ist. Es gibt viele Leute, denen es schlimmer geht. Und es kommen hoffentlich früher oder später endlich wieder bessere Zeiten. Und der Papa, natürlich ist er dabei und wird am 24.April hoffentlich wie Du vielleicht auch wieder beim Bike the Rock in Heubach mein Betreuer in der Feedzone sein.“
Das Gespräch führte Alfons Benz im Auftrag von acrossthecountry.net.