Sarah Bauer: Mountainbiken? Ist nicht (mehr) alles in meinem Leben!
Es scheint 2015 ein Jahr des Abschieds zu sein, ein Jahr der endenden MTB-Karrieren. Christoph Sauser, Ralph Näf, Robert Mennen….Wenn allerdings eine 19-Jährige Nationalfahrerin dem Leistungssport „Tschüss“ sagt, dann steht das auf einem anderen Blatt Papier, als wenn es Leute aus der Ü30-Fraktion tun. Begleitet von einer Bilder-Serie aus frühen und ganz frühen Radsport-Tagen hat Sarah Bauer, Junioren-WM-Dritte von 2013, auf Facebook ihren Abschied vom Leistungs-Sport verkündet.
WM-Dritte in Pietermaritzburg, EM-Fünfte in Bern, U19-Vizemeisterin in Bad Salzdetfurth, alles 2013, U19-Meisterin in Hausach 2014. Sarah Bauer hatte aus ihren zwei Jahren als Juniorin schon Ergebnisse vorzuweisen, die Hoffnung machten. In diesem Jahr hatte sie in der U23-Kategorie zwar erst mal etwas Akklimatisierungs-Probleme, doch mit Rang 16 beim Weltcup in Lenzerheide deutete sie schon Fortschritte an.
Sarah Bauer ist eine Hoffnungsträgerin; das heißt sie war es bis zu jenem Tag im Oktober 2015, an dem sie diesen Satz zu Ende formulierte: „Ich habe mich entschieden, mit dem Leistungssport aufzuhören.“
Nicht einfach sei das gewesen, bekennt Sarah Bauer. Seit der U7 („wo noch alle gewinnen“) kennt sie das Spiel mit der Startnummer am Lenker. Jahr für Jahr ist es etwas mehr geworden, bis sie zur Leistungssportlerin wurde. Landeskader, Nationalkader, bis zum Erfolgsjahr 2013. „Nach WM-Bronze“, so gesteht Sarah Bauer, „habe ich mir mehr Druck gemacht“.
Weil es seit 12, 13 Jahren eben zu ihrem Leben dazu gehörte, habe sie eine echte Entscheidung für oder gegen den Leistungssport „eher verdrängt“. Bis zu jenem Gespräch mit ihrer Mutter Gudrun vor rund drei Wochen. Eine Woche hat es gedauert, bis die Entscheidung stand.
„Ich habe intensiv darüber nachgedacht und mir dann eine Liste gemacht. Was spricht dafür weiterzumachen und was dagegen“, erklärt die Schülerin. Es hat dann mehr gegen die Fortsetzung der MTB-Karriere gesprochen. Freundschaften zum Beispiel, die sie vernachlässigt habe, Noten, die abgerutscht sind, das Abitur, das bevor steht und „viele andere Sachen, die ich ausprobieren möchte“.
Jetzt, nach der Entscheidung, fühle sie sich „glücklich, freier“, sagt Sarah Bauer. „Bisher habe ich die ganze Woche nach dem Training geplant und jetzt kann ich machen, worauf ich Lust habe.“ Hier werden sie erkennbar, die Entbehrungen einer Leistungssportlerin.
Motivation spielt eine große Rolle
Bundestrainer Peter Schaupp hatte Sarah Bauer vorab über ihren Entschluss informiert. „Es ist zwar traurig, dass uns wieder eine so gute Sportlerin verloren geht, aber ich muss es akzeptieren“, erklärt Schaupp. Aber es sei auch ein „normaler Vorgang, dass man sich entscheiden muss“.
Was so nüchtern klingt, meint einfach die Tatsache, dass sich Leistungssportler spätestens im U23-Alter darüber bewusst werden müssen, was ihnen der Sport wert ist. Ob sie persönlich dazu bereit sind, viele andere Aspekte des Lebens zurückzustellen. Und sich klar darüber werden, ob die Motivation dafür ausreichend vorhanden ist.
„Die körperlichen Fähigkeiten sind das Eine. Aber im Leistungssport spielt Motivation eben auch eine große Rolle“, so Peter Schaupp. Siehe oben.
Teamchef Schröder: „Als sympathische Athletin kennen gelernt“
Sarah Bauers Team-Chef Thomas Schröder von Superior Mio Wildschönau hätte die Nürtingerin gerne weiter in seinem Team gesehen, zu dem sie erst im Juni gewechselt war. „Wir haben Sarah als aufgeschlossene, zielorientierte, doch vor allem als sympathische Athletin kennen und schätzen gelernt“, bedauert Schröder. Der 16. Platz beim U23-Weltcup in Lenzerheide sei in der Team-Historie „ein Meilenstein“ gewesen und Sarah Bauer würde sicher eine „große Lücke“ im deutschen Cross-Country-Sport hinterlassen.
Im weiblichen Nachwuchs-Bereich sind es tatsächlich nicht sehr viele (deutsche) Fahrerinnen, die in der Elite ankommen.
Sarah Bauer selbst spielt den Ball zurück. „Thomas hat mich während der Saison so nett aufgenommen. Deshalb tut es mir für ihn leid. Auch beim Bundestrainer Peter Schaupp, beim Technik-Trainer René Schmidt und bei Mechaniker Martin Welz vom BDR möchte ich mich bedanken für eine tolle Zeit. Und meinem Trainer Ralf Kleih, der mich immer wieder aufgebaut und motiviert hat“, sagt sie.
Ihm hat sie übrigens auch versprochen an seiner Seite als „Co-Trainerin“ im TSV Dettingen/E. weiterzumachen. „Da habe ich auch Bock drauf“, sagt sie. Ohne würde das ja auch nicht funktionieren.