Weltcup Andorra Nachgedreht: Dahle-Flesjaa denkt nach

La Massana will sich wieder für eine WM bewerben

Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammen. Keine Positionskämpfe in der Höhe. Knapp am Pfosten vorbei. Eine WM-Bewerbung. Ein Drehzahl-Begrenzer, eine Höhen-Phobie und andere Geschichten vom Weltcup in Andorra Nachgedreht, die hier noch nicht geschrieben standen.

 

Zum vierten Mal war Andorra, respektive der Bikepark in Pal oberhalb von La Massana, Schauplatz eines Cross-Country-Weltcups. Insgesamt ein guter Weltcup, mit einer stimmungsvollen Kulisse. Der neue Start-Zielbereich war ein Gewinn.

Einmal, 2015 gab es im Bikepark Vallnord ja schon eine WM. Und geht es nach den Verantwortlichen wird es ein zweites Mal geben.

Die Gemeindeverwaltung von La Massana gab zum Abschluss des Weltcups bekannt, dass man sich für die WM 2022 bewerben will und in Kürze die Bewerbung dafür einreichen wird.

Das Handicap des Standorts ist einerseits die Höhenlage, andererseits der Umstand, dass man die Gondel nehmen muss, um auf das Plateau zu kommen. Aber die WM 2015 war sicherlich keine der Schlechteren.

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Gunn-Rita Dahle-Flesjaa (Merida) feierte die 30. Und weil sie durchaus unverhofft kam, wurde es umso emotionaler. Ein Magen-Darm-Infekt Anfang der Woche und dann die Absage des Short Track weil sie am Freitag plötzlich mit einem speziellen, weiblichen Thema konfrontiert worden war. „Man muss es nehmen, wie es kommt“, sagte sie zwei Stunden vor ihrem Rennen am Sonntag gegenüber acrossthecountry.net. Aber gar nicht schlecht gelaunt.

Und als sie sich im Kreise der halb so alten Konkurrentinnen für die Siegerehrung frisch machte, da war sie ganz ausgelassen. Maja Wloszczowska und Jolanda Neff fühlten sich etwa „geehrt“, dass sie neben der Legende bei deren 30. Sieg auf dem Podium stehen durften. Wie Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammen, oder? „Ja“, lachte Dahle-Flesjaa, „und das zehn Jahre lang.“

Ehemann Kenneth Flesjaa wusste schon während des Rennens: „Höhe, das liegt ihr einfach.“

Und jetzt beginnt das Nachdenken neu, ob sie die Cross-Country-Karriere nicht doch noch mal um ein Jahr verlängert. Nachdem sie im Februar auf Zypern noch davon sprach, dass sie 2019 nur noch Marathons und das, was sie immer mal wollte und nicht konnte, fahren würde. Aber da muss die Familie erst noch zustimmen.

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Barbara Benko hat ein Höhen-Konzept gefunden ©Erhard Goller

 

Barbara Benko (Ghost Factory Racing) hat ein erfolgreiches Wochenende hinter sich. Und das, nachdem sie mit Rennen in der Höhe bisher noch nie zurecht gekommen ist. Einmal gehörte sie in Andorra gar zu den Überrundeten. Am Freitag gelang nach einer veränderten Vorbereitung quasi der Durchbruch mit ihrem ersten Weltcup-Podest in der Elite. Im Short Track wurde sie Dritte.

Und am Sonntag hielt sie sich klug zurück und fuhr ein sehr konstantes Rennen, ohne sich groß in Positionskämpfe verwickeln zu lassen. Sie startete verhaltener als sonst. Der Plan am Ende noch zu attackieren, ging dann zwar nicht auf, doch für Rang 15 reichte es trotzdem.

„Da war am Ende nicht mehr so viel übrig wie erhofft“, wird sie in der Pressemitteilung des Teams zitiert. „Ich bin aber super happy mit dem Ergebnis.“ Es sei das erste Höhenrennen mit einem zählbaren Ergebnis. Und ein gutes Zeichen für die WM in Lenzerheide.

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Florian Vogel (Focus XC) war als Siebter zweitbester Schweizer. Er fährt sich von Position zwölf nach einer Runde noch um fünf Plätze nach vorne. Mitte des Rennens erlaubt er sich einen Sturz. Der kostet ihn zwar zwei Plätze und 15 Sekunden, doch das kann er wieder gut machen. Ohne den Lapsus hätte es vielleicht noch zu Rang sechs reichen können. „Es war ganz okay, bis auf den Sturz. Ich habe Andorra nicht mit einem Höhentrainingslager vorbereitet, deshalb passt das“, sagt Vogel.

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Gekämpft bis zum Zittern: Thomas Litscher ©Erhard Goller

 

Für die Schweizer war Andorra die letzte Gelegenheit die WM-Norm zu erfüllen. Top Acht wird bei den Herren verlangt. Das haben fünf Fahrer geschafft, aber die Schweizer werden ihre acht Startplätze wohl trotzdem besetzen. Thomas Litscher gehört zu den drei Fahrern, die jeweils einen zehnten Rang vorweisen können.

„Knapp neben den Pfosten“, kommentierte Litscher seinen zwölften Platz. Den hatte er sich hart erarbeitet. Sehr wahrscheinlich zu wenig getrunken, leichte Rückenschmerzen und Bauchkrämpfe machten das Rennen für ihn zu einem der härtesten, die er je gefahren ist. „So am Arsch war ich selten“, bekannte Litscher, der im Ziel erst mal gar nicht in der Lage war zu sprechen. Er zitterte am ganzen Körper. „Ich bin glücklich, dass ich durchgekommen bin.“

Vermutlich war Rang zwölf als drittbester Schweizer trotzdem ein Argument für die Nominierung für die Heim-WM.

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Christian Pfäffle (62) machte nur in der Anfangsphase Plätze gut ©Erhard Goller

 

Christian Pfäffle (Stevens MTB Racing) kam nicht ins Ziel, aber immerhin in die Wertung. Wenn auch auf einem enttäuschenden 60. Rang und mit einer Runde Rückstand.

Nach dem Start machte der Neuffener einige Plätze gut, fuhr etwa an 50. Stelle, als er „irgendwo einfädelte“. Das wurde zwar nur zum Beinahe-Sturz, der ihn aber trotzdem ziemlich aus dem Konzept gebracht hat. „Danach hatte ich das Gefühl nicht mehr voll konzentriert zu sein und die Höhe begann mir zu schaffen zu machen.“

Am Anfang seien die Beine „richtig gut“ gewesen, dann aber sei er wie mit einem Drehzahlbegrenzer gefahren. „Ich konnte die Berge nicht wie gewohnt fahren“, so Stevens-Biker Pfäffle.

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Martin Gluth (Silverback-OMX) ging es in der dünnen Höhenluft noch schlechter. Als 68. mit zwei Runden Rückstand erreichte er nicht einmal die Punkteränge. „Ich habe alles gegeben, aber die Höhe wird wohl nicht mein Freund. Ich habe schon verschiedene Varianten ausprobiert, aber geklappt hat es nie“, sag Gluth zu seiner Höhen-Phobie. „Akzeptieren und weiter machen.“

Vielleicht sollte er mal bei Barbara Benko nachfragen.

 

 

 

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