Gunn-Rita Dahle-Flesjaa: Ich habe genug gewonnen
Die Norwegerin im Interview: Karriere-Ende fühlt sich gut und richtig an
Nachdem die 30-fache Weltcupsiegerin und zehnfache Weltmeisterin Gunn-Rita Dahle-Flesjaa bekannt gegeben hat, dass sie ihren letzten Weltcup bestritten hat, hat sie acrossthecountry.net kurze Zeit später per Email noch einige Fragen beantwortet. Die 45-jährige Norwegerin erklärt was sie künftig macht, zählt viele Aspekte auf, die sie vermissen wird, macht auch deutlich, dass die Entscheidung kein halber Abschied vom Renngeschehen sein wird und welchen Rat sie jungen Athleten geben würde.
Gunn-Rita, du hast deine Karriere im Cross-Country-Weltcup beendet. Wie ist die Entscheidung gefallen, nachdem du mit deinem 30. Weltcupsieg in Andorra noch mal ins Nachdenken gekommen bist?
Gunn-Rita Dahle-Flesjaa: Ja, wenn du einen Weltcup gewinnst, also an einem Tag die Beste bist, dann kommt das einfach zu sage, dass du weiter machen willst noch mehr gewinnen. Aber schon vor der Saison habe ich entschieden, dass es meine letzte sein würde. Wenn ich jetzt heute Abend zuhause sitze, die Saison ein paar Monate zurückliegt, dann fühlt sich die Entscheidung richtig an. Es fühlt sich richtig und sehr besonders an, den letzten UCI Weltcup, den ich bestritten habe, als Siegerin beendet zu haben (Gunn-Rita Dahle-Flesjaa hatte danach sowohl auf den Kanada-Weltcup als auch auf das Finale in La Bresse verzichtet).
Was für Gedanken stecken hinter dieser Entscheidung?
Ich bin sehr dankbar dafür auf eine solch erfolgreiche Karriere zurückblicken zu können, wie wir (sie und ihr Ehemann Kenneth Flesjaa) sie über viele Jahre hatten und am Ende der Laufbahn immer noch an der Spitze zu sein. Das ist was Besonderes und etwas auf das man stolz sein kann.
Du hast Deinen Abschied vom Cross-Country-Weltcup verkündet. Ist das wirklich dein Karriere-Ende oder wie würdest du das selber beschreiben?
Ich werde immer eine Bikerin bleiben. Ich werde durch die Welt reisen um unseren Sport zu promoten, meine Erfahrung teilen und Menschen zum Biken motivieren. Ich werde an einigen Marathons als Amateurin teilnehmen, an Bike-Festivals und Events, Filme machen und natürlich zu hundert Prozent Botschafterin für Merida sein. Das
beinhaltet das Testen von Bikes und Equipment, sowie die Markenentwicklung für Merida in punkto Film und Fotos.
Wie blickst du jetzt auf all die Jahre zurück seit du mit dem Mountainbike-Sport begonnen hast?
Es war gleichzeitig eine großartige Reise, harte Arbeit und auch ein Abenteuer. Ich bin stolz Teil des Sports zu sein, der sich sehr stark entwickelt hat seit dem Beginn in den frühen 90ern. Fast wie eine Achterbahnfahrt. Es war eine Herausforderung, auf dem Bike und auch außerhalb, immer wieder neue Strecken, neue Singletrails. Zu den bedeutendsten Dingen gehört für mich, dass ich einen Sport ausübe, den die meisten Leute auf ihrem Level selbst ausüben und genießen können. Mit ihren eigenen Zielen und dabei ebenso viel Spaß haben können wie ich ihn hatte all die Jahre.
Was wirst du am meisten vermissen?
Viele Dinge, natürlich. Etwas zu gewinnen, nachdem du lange und hart mit Hingabe und Konzentration dafür gearbeitet hast, zum Beispiel. Ich werde auch viele meiner Konkurrentinnen vermissen, weil sie so großartige Persönlichkeiten sind. Ich werde das Gefühl vermissen unschlagbar zu sein. Für einige Tage in jeder Saison in einer super Form zu sein, das ist herausragend. Das Adrenalin und die Aufregung vor und während eines Rennens. Ich werde andere Dinge finden müssen, die diese „Bedürfnisse“ in Zukunft ersetzen können. (Gunn-Rita Dahle-Flesjaa setzt einen Smiley hinter diese Aussage).
Im Blick auf deine lange Karriere und deine Erfahrung, die auch ein paar Tiefen beinhaltet, was würdest du einem jungen Athleten, einer Athletin sagen, worauf sie oder er vor allem achten sollte? Welchen Rat würdest du geben?
Es gibt so viele Ratschläge.., ich würde sagen, dass man nach einer erfolgreichen Saison (in der Auffassung des Fahrers) nicht versuchen sollte noch mehr zu machen, härter zu trainieren oder neue Dinge auszuprobieren. Sie sollten nur sicherstellen, die gleichen Dinge wieder zu machen, aber in besserer Qualität. Und sie sollten aufpassen, dass sie sich genügend Ruhe gönnen und die Arbeit an der Erholung (recovery work) gegenüber dem Vorjahr verbessern.
Wie sehr werden die kommenden Jahre für dich nach Wettkampf aussehen? Gibt es da immer noch Marathon-Rennen, die du gewinnen willst? Zum Beispiel die EM oder die WM? Oder was ist mit dem Cape Epic?
Damit Rennen als Siegerin zu beenden, habe ich abgeschlossen. Ich habe genug gewonnen (es folgt ein Smiley). Ich werde das Radfahren mehr genießen als jemals zuvor.
Du willst Botschafterin sein für den Sport. Was für eine Idee, was für ein Konzept steckt dahinter?
Wenn ich nicht auf Top-Niveau fahren muss, dann muss ich keine Rennen gewinnen und ich habe nicht den Druck wie zuvor. Ich werde viel mehr Zeit haben um den Moment zu genießen und ich werde Gelegenheit haben für nette Gespräche mit Hobbyfahrerinnen und –Fahrer.
Bedeutet das, du hast jetzt auch mehr Zeit für die Familie?
Ich hatte meine Familie in den vergangenen Jahren meistens mit dabei. Deshalb glaube ich, dass ich vielleicht sogar weniger Zeit mit der Familie verbringen werde in den kommenden Jahren. Aber sicherlich werde ich mehr Zeit zuhause verbringen und das wird natürlich auch sehr schön sein.
Auf was freust du dich am meisten?
Neue Herausforderungen jeder Art. Ich liebe das (Smiley).