Marathon-WM Grächen Nachgedreht: Die Welle von Ondrej Cink

Bei manchen endete die top Saison in den Top-Ten, bei anderen unsanft auf der Straße

Die Marathon-WM in Grächen hatte auf acrossthecountry.net unter den Anforderungen des Bundesliga-Wochenendes in Freudenstadt zu leiden. Um die „Not-Berichterstattung“ etwas zu ergänzen, hier noch einige Erklärungen, Erläuterungen und Nachrichten von den deutschen Meistern, abgetretenen Legenden, gestürzten Favoriten, einer aus dem Verkehr gezogenen Europameisterin und positiven Überraschungen Nachgedreht, was hier noch nicht geschrieben stand. 

Stefanie Dohrn (Centurion-Vaude) war aus deutscher Sicht eine der positiven Überraschungen. Mit einem siebten Rang hatte sie vorher nicht gerechnet. „Die Saison lief ja schon klasse für mich, aber mit dem Ergebnis bei der WM konnte ich noch mal einen drauflegen und mein Potenzial zeigen“, erklärte Dohrn auf Nachfrage. Sie sei froh, dass sie damit auch das Vertrauen, das man in sie gesetzt habe zurückzahlen konnte. „Ich habe mich wirklich gefreut, dass am Sonntag alles gepasst hat. Und das auf der ganz großen Bühne“, sagte die Frau aus Bergisch-Gladbach, die derzeit an der TU Dortmund im Bereich Thermodynamik an ihrer Promotion arbeitet.

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Stefanie Dohrn ©Privat

 

Das letzte Rennen von Olympiasiegerin Sabine Spitz (Wiawis Bikes) endete auf einem guten zehnten Rang. Dass das Profil mit den steilen Anstiegen ihrem Fahrerinnentyp nicht entspricht, war ihr schon vorher klar.
„Ich habe heute nochmals alles gegeben und am Ende Rang zeh erkämpft. Damit bin ich sehr glücklich und ist ein würdiger Abschluss meiner leistungssportlichen Karriere, die so erfolgreich war wie ich mir das nie hätte erträumen können, als ich vor 26 Jahren mein erstes Rennen gefahren bin“, wird Spitz in einer Pressemitteilung zitiert.
Zwischenzeitlich lag sie an 14. Stelle, konnte sich, von Krämpfen geplagt, aber noch um vier Positionen verbessern. Aus den ganz hinteren Reihen des 80-Fahrerinnen-Feldes gestartet, gelang es ihr rasch nach vorne zu kommen und bei Kilometer fünf wurde sie an vierter Position notiert. Im ersten langen Anstieg konnte die deutsche MTB-Legende das Tempo der Kletterspezialistinnen allerdings nicht mitgehen.
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Janine Schneider (German Technology Racing) landete auf Rang 16 und mehr hatte sie sich auch nicht ausgerechnet – im Gegenteil. „Mein Ziel war Top 20“, schreibt die deutsche Meisterin auf Instagram. Im Vergleich mit den Weltbesten

 Sabine Spitz_Marathon-WM19_Graechen_by Ralf Schaeuble
Das letzte Mal im Nationaltrikot: Sabine Spitz ©Ralf Schäuble

würde sie bergab immer noch zu kämpfen haben. Vor einem Jahr hätte sie an einigen Stellen wohl noch Schwierigkeiten gehabt. „Schön auf dem Boden der Tatsachen bleiben und das Ergebnis der DM mit 16. Rang einem nicht locker flockigen Tag zu bestätigen, das ist doch was“, kommentiert sie weiter. Mit ihrem Ergebnis komplettierte sie ein starkes Resultat der deutschen Damen, die mit fünf Fahrerinnen unter den besten 16 vertreten waren, auch wenn es keine Medaille gab.

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Um noch bei den Damen zu bleiben: Der Italienerin Mara Fumagalli blieb der Start in Grächen verwehrt. Die Europameisterin wurde kurz vor der WM wegen einer positiven Dopingprobe vom 1. September aus dem Verkehr gezogen. Laut ihrem Team Focus Italy handelt es sich bei der verbotenen Substanz um Triamcinolon.

Mara Fumagalli hat schon einmal eine Doping-Sperre abgesessen. In Norwegen gewann sie EM-Gold vor Blaza Pintaric, einer weiteren Fahrerin, die des Dopings überführt wurde und schon gesperrt war. Die Slowenin, früher unter ihrem Mädchen-Namen Klemencic aktiv, rechnen manche Konkurrentinnen gedanklich aus den Ergebnislisten raus.

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Sascha Weber (Maloja-Rocky Mountain) war in den Zwischenzeiten schon früh aus der Spitzengruppe verschwunden. Dabei war der deutsche Meister gut gestartet. „Ich war vorne und bin mit Auge gefahren und hinter Samuele Porro ins Gelände“, so Weber.

Als die Startrunde wieder auf Asphalt gut zwei Kilometer durch Grächen führte, begann das bereits auseinander gezogene Feld wieder zusammen zu laufen. „Insofern hat der Startloop gar nichts gebracht“, meinte Weber kritisch.

Was dann passierte, war aus seiner Perspektive so: Als bei hohem Tempo in der Führung gewechselt wurde, habe Ondrej Cink „eine Welle“ gefahren, „der Medvedev hat sich mit 50 km/h an seinem Hinterrad aufgehängt und wir sind voll drüber.“

Weber zog sich beim Sturz auf Teer Hautabschürfungen und starke Prellungen zu. Vor allem am Steißbein, was ihm später Probleme machen sollte und letztlich zur Aufgabe führte. Die Po-Muskulatur schlief am Berg ein und er fuhr mehr oder weniger im Stehen den ersten langen Berg hoch.

Medvedev flog wohl auf eine angrenzende Wiese und konnte seine Fahrt rasch fortsetzen. Der Russe wurde am Ende Vierter.

Bei Sascha Weber war auch das Vorderrad gebrochen. Dennoch wollte er nicht so schnell aufgeben. „Weil der Alban (Lakata) und der Kristian (Hynek) nach der ersten Abfahrt noch bei mir waren, dachte ich, das lässt sich wieder aufholen“, erklärt Weber. Hynek fuhr ja noch ganz nach vorne und holte sich die Silbermedaille.

Doch letztlich bremsten Weber die Schmerzen. „Ich war an der dritten Verpflegung 40., ohne Aussicht auf Verbesserung“, begründete er seine Aufgabe.

„Ich denke, um mal eine WM-Medaille zu holen, müssen wir Deutschen noch einen drauf hauen und unser Niveau anpassen. Ich glaube mein Level in diesem Jahr war gut aber noch ausbaufähig. In Zukunft, so denke ich, wird es vier Fahrer geben, die eine solche Leistung bringen können.“

Neben seiner Wenigkeit nennt der gebürtige Saarländer Simon Stiebjahn (Team Bulls), Andreas Seewald (Rocklube) und den noch jungen Simon Schneller.

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Julian Schelb (Stop&Go Marderabwehr) lag bis zur Hälfte des Rennens noch an 15. Position, gemeinsam mit Simon Stiebjahn und dessen Bulls-Teamkollege Karl Platt.

Seine Befürchtungen wegen seiner schlechten Startposition hatten sich nicht bestätigt. Er fuhr als Zwölfter in den ersten Singletrail. Doch als Medvedev, Weber und ein paar andere stürzten, wurde er zwar nicht verwickelt, musste aber komplett abbremsen.

So verlor er wieder viele Positionen. In der ersten langen Abfahrt stürzte er später bei einem Überholversuch. Ein Fehler, den er sich selbst ankreidete. „Das war blöd von mir“, so der Münstertäler. Der Sturz verlief für ihn selbst glimpflich, doch der Sattel war danach „hoch gestellt“, eine Reparatur hätte aufgrund des Befestigungssystems zu lange gedauert.

Ob das dann mit verantwortlich war, dass es irgendwann „Schritt für Schritt“ bergab ging, sich Schwindel und Gleichgewichtsstörungen einstellten, lässt sich schwer sagen. Schelb fiel bis auf Rang 31 zurück. „Es ist jedenfalls sehr ärgerlich, ich habe mich eigentlich gut gefühlt“, meinte Schelb.

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Daniel Geismayr (Centurion-Vaude) galt als Mit-Favorit. Doch für den Vorjahres-Zweiten aus Österreich endete das Unternehmen Regenbogen-Jersey bereits nach 35 gefahrenen Minuten. In der hektischen Anfangsphase sei er von einem Konkurrenten in einem Singletrail-Downhill von hinten leicht geschnitten worden, heißt es in der Pressemitteilung seines Teams. Bei „hoher Geschwindigkeit“ sei er an fünfter Position fahrend über den Lenker geflogen. Das Bike landete in einem so ungünstigen Winkel, dass dabei der Lenker brach. Damit war die WM für Geismayr beendet.

„Meine Enttäuschung ist riesengroß“, bekannte er, um dann aber den Blick nach vorne zu richten: „Dann eben nächstes Jahr wieder!“

2020 findet die WM dann in der Türkei statt.

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Martin Frey (Team Bulls) erzielte sein bis dato bestes WM-Ergebnis in der Elite. „Ich hatte einige harte Momente während des Rennens, aber ich konnte mich durchbeißen und gegen Ende zurückkommen“, schrieb er auf Instagram. Er wurde 24. 2:20 Minuten hinter seinem Teamkollegen Karl Platt, für den es zwischenzeitlich ganz gut ausgesehen hatte, als er an 14. Stelle gemeinsam mit Julian Schelb und Simon Stiebjahn unterwegs war.

 

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