Swiss Bike Cup Gstaad: Mathias Flückiger und Laura Stigger siegen

Luise Daubermann wird bei dem Junior Series Rennen Zweite, Lennart Krayer belegt den dritten Platz. Trotz ungewöhnlicher Rennstrecke direkt neben dem Flughafen von Saanen haben die meisten Sportler Spaß.

Thömus-RN Team-Kapitän Mathias Flückiger war der Schnellste beim Rennen auf dem Flughafen-Rennen von Gstaad, einer neuen Destination im renommierten Proffix Swiss Bike Cup. Bereits nach zwei von sieben Runden attackierten die beiden Flückiger-Brothers. Aber der Ältere (Lukas) musste bald einsehen, dass sein Bruder heute der Stärkere sein würde. „Ich war echt erstaunt, dass ich schon so früh wegfahren konnte“, zeigte sich der Sieger im Ziel immer noch ein bisschen überrascht. „Aber als ich sah, dass die Lücke selbst dann größer wurde, als ich neben dem Rollfeld alleine im Wind fuhr, dachte ich mir: ‚Ich das jetzt durch!‘“ Der Mut von Mathias Flückiger wurde belohnt. Am Ende siegte er in einer Zeit von 1:22:31 Stunden vor dem Neuseeländischen Meister Anton Cooper (Trek, +32 s) und seinem eigenen Bruder Lukas (Infinity, +40 s).

Sieger: Mathias  Flückiger © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Sieger: Mathias Flückiger
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

Cooper war bereits zehn Tage vor dem Auftakt-Rennen in Leukerbad nach Europa gereist, damals allerdings nach eigener Aussage „ohne Rennform“. Der ehemalige Junioren- und U23-Weltmeister begann erst bei seiner Freundin in Deutschland, wieder Richtung Rennen zu trainieren. Der Neuseeländische Meister attackierte eineinhalb Runden vor Schluss am steilen Anstieg nach der langen, dem sehr langen Flachstück zunächst am Flughafen, später an der Saane entlang. Nur Lukas Flückiger konnte diesen Angriff mitgehen, nachdem er gerade wieder Anschluss an diese Gruppe gefunden hatte. „Zwei Runden vor Schluss war ich 10,15 Sekunden unaufmerksam und machte einen kleinen Fehler“, der ihm aber 20 Sekunden kostete, die er aber schnell wieder zu fuhr. „Zu schnell!”, wie er im Ziel einräumen musste. „Als Cooper attackierte, war ich eigentlich platt“, konstatierte der Schweizer. Trotzdem gelang es ihm das Hinterrad von Cooper zu halten, im Zielsprint hatte er dann keine Chance gehen den Neuseeländer. „Nach der Woche bin ich erstaunt, dass ich überhaupt solch Beine hatte“, lachte der ältere Flückiger im Ziel. Mit seinem dritten Platz könnte der mittlerweile 36-Jährige aus dem Berner Oberland einer WM-Nominierung für Saalfelden-Leogang in sechs Wochen deutlich näher gekommen sein.

Das gilt wohl auch für Thomas Litscher (KMC Orbea), der als Vierter die Ziellinie überquerte (+1:40 min). Vor ziemlich genau zehn Jahren, am 03. September 2010, war Litscher hinter Mathias Flückiger Vize-Weltmeister in der der U23-Klasse geworden. So fühlte es sich wohl auch für den Thaler Mountainbiker an: „Es war mein härtestes Cross-Country-Rennen seit langer Zeit“, schnaufte er deutlich hörbar im Ziel: „Es ging immer hoch und runter, immer nur: „Push! Push! Push!“ Denn da, wo es nicht hoch und runter ging, stand ein strammer Wind den Fahrern entgegen. „Als Cooper und Flückiger weggefahren sind, war ich voll am Limit.“ Er habe sie ziehen lassen müssen und sich dann auf den Zielsprint mit Andri Frischknecht (Scott-SRAM) konzentriert.

Einziger deutscher Starter in der Eliteklasse in Gstaad, das parallel zum Swiss Epic und dem Rothaus Bike Giro stattfand, war Tobias Steinhart vom Gonso-Simplon Team. Der Schwabe wurde mit einem Rückstand von 7:36 Minuten 35. und unterlag dabei in einem Fotofinish im Sprint dem absolut zeitgleichen Geburtstagskind Jan Sommer (KA Boom).

Laura Stigger im Kieswerk © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Laura Stigger im Kieswerk
© Niklas Hartmann / EGO-Promotion

Deutlich länger als Mathias Flückiger hatte die Siegerin in der Frauen-Konkurrenz eine Begleiterin: fünfeinhalb von sechs Runden drehten Laura Stigger (Specialized) und Flückigers Teamkollegin im Thömus-RN-Team Alessandra Keller (SUI), oder anders ausgedrückt: Das Duell des Tages lieferten sich die Juniorinnen-Weltmeisterin auf dem MTB- und Straßenrad 2018 aus Österreich und die Schweizer U23-Weltmeisterin aus dem gleichen Jahr. Die war es dann auch, die am langen Anstieg in der Mitte der letzten Runde attackierte: „Ich habe unten angegriffen und bin „all out“ bis zuoberst gefahren. Aber dann hatte Laura mehr Reserven. Und mir tat alles weh. Sie war einfach am Aufstieg deutlich stärker und ich konnte nichts dagegen machen“, erzählte Alessandra Keller nach dem Rennen nach dem „taktischen Rennen“ auf dem Flughafen von Saanen, das nicht nur sie vom Streckenprofil her mit den Proffix Swiss Bike Cup-Rennen in Solothurn un Basel/Muttenz verglich: „Es hatte Mountainbike-Elemente, Straßen-Elemente und BMX-Pumptrack-Elemente. Nur die Naturpassagen haben gefehlt“, beschrieb sie lachend die Streckencharakteristik im Berner Oberland: „Aber es war okay!“

Eine Woche vor der Österreichischen Staatsmeisterschaft zeigte die Ex-Weltmeisterin eine blendende Form, um ihren Titel in der Eliteklasse zu verteidigen: „Wir haben uns ziemlich gebattlelt im letzten langen Anstieg. Alessandra hat attackiert, da habe ich mir gedacht: ‚Schei.e, da muss ich jetzt Vollgas geben.‘ Zum Schluss ist es dann aber immer besser gegangen. Und dann habe ich einfach durchgedrückt – bis zur Ziellinie.“ Dort hatte Stigger dann nach 1:24:31 Stunden geschlagene 37 Sekunden Vorsprung, die sie auf den letzten beiden Rennkilometern auf Keller herausgefahren hatte. Platz 3 ging an Kellers Teamkollegin Katrin Stirnemann, die ihrerseits lange mit der Britin Annie Last unterwegs war. Stirnemann hatte im Ziel aber schon 90 Sekunden Rückstand auf Stigger, Last kam 12 Sekunden später als Vierte ins Ziel. Stirnemann hatte bislang eine eher durchwachsene Saison hinter sich und freute sich entsprechend über ihren Podestplatz: „Ich habe eigentlich schon die ganze Saison gewusst, dass ich eigentlich Form habe, ich konnte es nur im Rennen nie umsetzen. Die Strecke kam mir entgegen mit dem langen Flachstück. Heute ging irgendwie alles auf. Es hat wirklich Spaß gemacht! Es fällt mir ein Riesenstein vom Herzen!“ Da Stirnemann für die Straßen-Europameisterschaften in Plouay vom Schweizer Verband SwissCycling für das Einer-Straßenrennen und das Team-Zeitfahren ausgewählt wurde, hat sie sich in der Vergangen

Siegerehrung der Frauen © Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion
Siegerehrung der Frauen
© Armin M. Küstenbrück / EGO-Promotion

heit vor allem darauf konzentriert und das Training darauf abgestimmt: „Ich habe sicher mehr die Beine gedreht in der letzten Zeit wie die anderen.“

Ihr bestes Rennen der erst kurzen Saison fuhr die Allgäuerin Nadine Rieder (Rotwild Factory Team): „Ich hatte mir schon vor dem Rennen gedacht, dass mir die Strecke ganz gut liegen könnte. Ich hatte am steilen Anstieg richtig Druck und vor allem mehr als die, die mit mir in einer Gruppe gefahren sind.“ Eigentlich hatte Rieder mit einem Zielsprint der Gruppe gerechnet, die über weite Strecken gut harmoniert hatte. Doch in der vorletzten Runde konnte sie am Berg wegfahren. „Jetzt kann ich es auch durchziehen“, sagte sie sich und fuhr ihren Konkurrentinnen davon. Theresa Schwenk, neu im Team Bulls, wurde 21. Mit fast neun Minuten Rückstand auf Stigger,.

Dazwischen lag noch Lia Schrievers (German Technology Racing) auf Rang 10, die aber als drittbeste U23-Fahrerin hinter Stigger und der Dänin Caroline Bohe (Ghost Factory) ebenfalls aufs Podium steigen durfte.

Bei den Juniorinnen, bei denen das Rennen zur UCI Junior Series gehörte und damit viele Punkte für die Weltrangliste und auch deutsches Qualifikationskriterium für Europa- und Weltmeisterschaften war, siegte nach einem langen Zweikampf, ähnlich dem zwischen Stigger und Keller, die Schweizerin Elisa Alvarez vom jb Brunex Felt Team. Alvarez hatte sich lange Zeit in der Führung mit der Deutschen Luisa Daubermann (Stevens) abgewechselt. „Die Zusammenarbeit war ein bisschen schwierig“, sagte Daubermann im Ziel: „Elisa ist sehr wenig vorne gefahren“, was bei dem Gegenwind auf der ultralangen Startgeraden ein veritabler Nachteil für die Fahrerin vorne im Wind war. „Trotzdem bin ich voll zufrieden mit dem Ergebnis“ strahlte die Schwäbin aus der Daubermann-Dynastie. „Ich fand die Strecke richtig cool, sie hat mir getaugt, sie hat echt Spaß gemacht. Die Strecke hatte Flow.“ „Ich habe gar nicht gemerkt, dass Luisa im Aufstieg nicht mehr dran war“, berichtete Alvarez von der rennentscheidenden Szene in der letzten Runde. „Es war gar keine richtige Attacke, die ich gefahren bin. Aber plötzlich sah ich, dass sie nicht mehr dran war.“ Die Zeitmessung stoppte bei Ihre 57:17 min, Daubermann verlor auf den letzten beiden Kilometern noch 43 Sekunden.Und über die Strecke ergänzte sie: „Ich hätte gerne mehr Höhenmeter gehabt, aber es war sehr abwechslungsreich. Hauptsache, es gibt Rennen!“ Am kommenden Freitag tauscht sie dann aber wie Stirnemann das MTB gegen ein Straßenrad und nimmt für die Schweiz an den Europameisterschaften im französischen Plouay in der Normandie teil.

Sehr zufrieden mit der Leistung seiner Fahrerinnen zeigte sich Nachwuchs-Bundestrainer Marc Schäfer. Mit Sina van Thiel (RSC Kempten, 7. 0:59:56 h), Finja Lipp (Orbea-Serpentine Velosport, 8. 1:00:06 h und Kaya Pfau (Stevens Schubert Racing Team,10. 1:00:36,9 h) hat er bei einem Junior Series-Rennen drei weitere Deutsche – und alle drei aus dem jüngeren Jahrgang – in den Top Ten platzieren können.

Und auch das Ergebnis der Junioren kann sich sehen lassen: Lennart Krayer (Lexware) hatte schon zu Beginn die Attacke des späteren Siegerduos Jannis Baumann (VC Monte Tamaro, 1:02:33) und dem Schweizermeister Luke Wiedmann (BikeTeam Solothurn) verpasst, weil ein Schweizer vor ihm ihn behinderte und „den ganzen Schwung nahm. Wenn ich versucht hätte, die Lücke zu schließen, wäre ich vermutlich nicht Dritter geworden“, ist sich der Mannheimer sicher. So konnte er sich Kräfte sparen für den Antritt am Anstieg in der letzten Runde, wo er den Spanier Franceso Barber (Primaflor Mondraker) einfach stehen ließ. „Die Form wird besser!“, sagte Krayer auch im Hinblick auf das nächste Junior Series Rennen im tschechischen Brünn am kommenden Samstag: „Da ist auf jeden Fall noch mehr drin“, zeigte er sich nach dem Rennen zuversichtlich.

„Ich wollte das Rennen hart machen, damit die anderen auch ein wenig was zu tun haben“, beschrieb Sieger Baumann seine Taktik in dem Rennen, in dem er sich ein bisschen für den zweiten Platz bei der Schweizermeisterschaft vor wenigen Wochen revanchieren wollte. „Ich hatte erstaunlicherweise immer einen kleinen Vorsprung, wenn es hinaus auf die Zielgerade ging. Das hat mir einen Vorteil gegeben, dass ich dann über die Fläche nicht voll am Limit fahren musste.“

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