Weltcup La Bresse Nachgedreht: Kompression bricht Rippen

Stürze von Rieder und Schelb verhindern starke Ergebnisse – Batty und ihre linke Hand

Ein Vogesen-Spektakel mit platten Reifen, Rippenbrüchen, Rückenleiden, Rätseln, Roten Bereichen und einem Regel-Verstoß. Das und jede Menge mehr war drin im Weltcup-Finale in La Bresse. Nachgedreht, was hier noch nicht geschrieben stand.

 

Das Weltcup-Finale in La Bresse war ein Spektakel, eine tolle, bunte und lautstarke Kulisse mit aufregenden Rennen in den beiden Elite-Kategorien. Dabei spielte durchaus eine Rolle, dass es Plattfüße gab. Sicher steckt in einem platten Reifen oft auch Selbstverschulden, doch es waren ungewöhnlich viele. Jolanda Neff nahm ihre beiden Reifendefekte auf ihre eigene Kappe, sie sei ihre Reifen nicht mit angemessenem Luftdruck gefahren.

Doch es gab wohl auch neuralgische Punkte auf der Strecke. Einer davon war ein Steinfeld, wo auf der ursprünglichen Ideallinie vom Training im Rennen eine spitze Kante zum Vorschein kam. Und aus dem letzten Streckenabschnitt kamen auch etliche Fahrer mit einem platten Reifen zurück, manche sogar gleich mit zweien. Vermutlich haben die Regenfälle von Freitag und Samstag, bzw. die sich durch den trockenen Sonntag verändernden Bedingungen dabei auch eine Rolle gespielt.

Eine unvollständige Liste der Opfer: Maja Wloszcowska, Markus Schulte-Lünzum, Max Foidl, Ramona Forchini, Annika Langvad, Jolanda Neff, Erin Huck, Henrique Avancini, Lukas Flückiger, Jaroslav Kulhavy, Ben Zwiehoff,…

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Jaroslav Kulhavy beim Reifenwechsel ©Erhard Goller

Auch am Tag danach wurde noch viel diskutiert über eine Situation in der letzten Runde des Damen-Rennens. Vor dem extrem technischen Streckenteil in einer Waldpassage, versuchte Annika Langvad (Specialized Racing) an Emily Batty (Trek Factory Racing) vorbei zu sprinten. Die Kanadierin registrierte das und wollte – natürlich – unbedingt vor der technisch langsameren Dänin in den Singletrail.

In der Hitze der Aktion nimmt Batty die linke Hand vom Lenker (redbull.tv-Replay bei 1:42:45) um Langvad zurück zu halten. Die Dänin wehrt sich dann mit den gleichen Mitteln und behauptet sich. Sie übernimmt vor Batty die zweite Position. Insofern hat Battys Aktion keinen Effekt aufs Rennen.

Allerdings ist die Hand vom Lenker zu nehmen, um sich einen Vorteil zu verschaffen, nach dem Reglement schlicht verboten. Auch wenn man Battys Motivation verstehen kann, auch wenn es in einer Situation von absolutem Stress und körperlicher Erschöpfung passiert ist: im Sinne der Wahrung der Fairness, sollte man auch Batty noch mal darauf aufmerksam machen.

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Die Hand vom Lenker: Batty contra Langvad. ©Screenshot Redbull.TV

Europameister Lars Forster (BMC Racing) quittierte in der vierten Runde an 48. Stelle liegend den Dienst. „Es lief einfach gar nichts mehr“, bekannte Forster. „Wo genau der Knackpunkt lag, darüber bin ich mir nicht zu hundert Prozent sicher.“

Forster vermutet, dass seine Probleme beim Rücken begannen und so dann alle Muskeln blockiert wurden. „Wieso weiß ich leider nicht, ich hatte zum ersten Mal so etwas. Aber ich bin positiv eingestellt, dass sich alles wieder erholt und ich an der WM bereit bin.“

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Martin Gluth (Silverback-OMX) beendete das Weltcup-Finale auf Platz 52. Der DM-Vierte fand nach dem Startschuss keine Lücken, um seine Fähigkeiten in der Anfangsphase ausspielen zu können. So lag er nach einer Runde an 58. Position und war zum Überholen gezwungen. Bis zur vierten Runde ging es gut, da war er auf Position 43 angekommen. „Aber dann habe ich überzockt und angefangen Fehler in der Abfahrt zu machen“, berichtet Gluth. Mit fatalen Folgen: Er produzierte einen mächtigen Sturz. Danach ließ er es ruhiger angehen. „Sonst wäre der nächste Sturz gekommen“, erklärt Martin Gluth. „Viel mehr habe ich aber auch nicht erwartet, das Training zielt auf die WM.“

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Christian Pfäffle (Stevens MTB Racing) konnte die letzte Gelegenheit sich noch die WM-Fahrkarte zu ergattern nicht nutzen. Im Gegenteil. Bereits in der zweiten Runde strich er, nicht unter den besten 100 fahrend, die Segel.

„Es war das gleiche Problem wie gehabt“, kommentierte Pfäffle. „Ich kann einfach nicht in den Roten Bereich rein gehen. Warum auch immer.“ Es bleibt ein Rätsel und weil er keine Idee hat, wie er das noch mal korrigieren sollte, drückt Pfäffle den Reset-Knopf. „Ich werde jetzt in die Saison-Pause gehen und dann für nächstes Jahr einen guten Aufbau machen“, kündigte Pfäffle am Sonntag an. Ein paar neue Sachen hätte er für nächstes Jahr auch schon geplant. „Daran kann ich jetzt in der freien Zeit noch weiter feilen.“

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Auch Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) gelang das nicht. Als 72. blieb er weit unter seinen Möglichkeiten. Klar, da war auch ein Plattfuß, doch das war natürlich nicht die ganze Erklärung. „So richtig weiß ich es auch nicht, es lief aber schon nach der ersten Laufpassage nicht rund. Die zweite Weltcup-Saisonhälfte war einfach zum Vergessen. Mehr kann ich dazu eigentlich nicht sagen“, meinte der Deutsche Ex-Meister am Tag danach. „Ich hoffe, dass ich mit ein, zwei Änderungen nächstes Jahr auch im Weltcup wieder richtig durchstarten kann.“

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Bei Julian Schelb (Stop&Go Marderabwehr) hätte man zu gerne gesehen, wo er am Ende rausgekommen wäre. Ohne diesen Sturz in der ersten Runde. Dabei hat sich der Münstertäler vermutlich Rippen angebrochen. Schelb fuhr weiter, verbesserte sich über Rang 79, 62, 52 auf 47…“Bis zu diesem Zeitpunkt hat es mir richtig Spaß gemacht und ich musste nicht mal ans Limit gehen. Das wollte ich mir eigentlich für die letzten ein, zwei Runden aufsparen“, erklärte Schelb am Tag danach.

Seine Reserven konnte er aber leider nicht mehr einsetzen. „Bei einer Kompression, in der ich den Lenker voll halten musste, sind die Rippen dann endgültig gebrochen und ich den Lenker dann nicht mehr halten“, erläutert Schelb, warum für ihn das Rennen nach vier von sieben Runden vorzeitig zu Ende war. Eine oder zwei Rippen sind wohl durch.

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Nach Jolanda Neffs (vorne) Defekt nahm Alessandra Keller kurz das Tempo der Landsfrau auf ©Erhard Goller

 

Alessandra Keller (Thömus RN Racing) brachte auf dem fünften Rang eine hervorragende Weltcup-Saison zu einem guten Ende. Die 22-Jährige fuhr in La Bresse nach drei Runden etwas im Schatten das packenden Vierkampfs an der Spitze, auch wenn sie zwischenzeitlich mal mitmischte, als Jolanda Neff nach ihrem ersten Defekt hinter sie zurückfiel.

Aber im Grunde kümmerte sie sich wenig um die Positionskämpfe, sondern konzentrierte sich darauf ohne Sturz und Defekt durchzukommen. „Mein Ziel war es, sauber zu fahren, es war wirklich sehr schwierig“, so Keller. Mit ihrem zweiten Weltcup-Podium gewann sie als Fünfte den Zweikampf mit Anne Tauber (CST Sandd American Eagle. 6.) um Gesamt-Rang vier und strahlte deshalb im Ziel.

„Dass ich den vierten Platz im Overall habe, zeigt, dass ich konstant bin, damit bin ich sehr zufrieden“, kommentierte die jüngste im Damen-Feld mit einem sympathischen Lächeln.

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Nadine Rieder (AMG-Rotwild) war bis zur dritten Runde hervorragend unterwegs. Und das erstaunlicherweise auch in den Anstiegen, wo sie bis dato eigentlich eher ihre Schwächen hatte. Die Sonthofenerin knackte in der dritten Runde die Top-20-Marke und war mit London-Olympiasiegerin Julie Bresset unterwegs, die am Ende noch 14. wurde. Doch dann kam schlagartig das Aus.

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Nadine Rieder auf der Überholspur. Allerdings zum letzten Mal in diesem Rennen ©Erhard Goller

„Ich habe einen unnötigen Abgang über den Lenker gemacht und dabei den Lenker in den Bauch bekommen“, berichtet Nadine Rieder. Im ersten Moment habe sie Probleme mit der Atmung gehabt, doch nach ein paar Minuten sei es wieder gegangen. Doch die Sanitäter unterbanden die Absicht weiter zu fahren. „Sie wollten, dass ich liegen bleibe und ich wurde abtransportiert und vom Arzt untersucht“, erzählt Rieder.

„Ich ärgere mich so sehr, das Rennen lief super und ich habe mich richtig gut gefühlt. Es war ein tolles Gefühl, zu merken, wie weit ich nach vorne fahren kann und wie schön sich so Berge fahren lassen wenn die Form gut ist.“ Aber aufgeben ist ohnehin keine Option für Nadine Rieder, dafür hätte sie in ihrer Karriere schon häufig Grund genug gehabt. Und was Positives hätte das Pech ja auch gehabt. „Das Schlüsselbein hält auch bei Sturz“, meint sie Augen zwinkernd. Das hatte sie Anfang Mai gebrochen.

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Das letzte Weltcup-Rennen von Sabine Spitz (Wiawis Bikes) ging in seiner Bedeutung in La Bresse ein wenig unter, weil die 20-fache Deutsche Meisterin in ihrer aktuellen Verfassung im ersten Cross-Country-Rennen, sieben Wochen nach ihrem Sturz von Val di Sole, mit den schwierigen Bedingungen nicht gut zurecht kam.Das erhöhte Sturzrisiko ließ Spitz nicht befreit fahren.

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Sabine Spitz ©Max Fuchs/EGO-Promotion

„Ich hatte eine richtig gehende Blockade im Kopf, so dass ich mich total verkrampft habe. Damit gelang es mir dann nicht mehr auch nur ansatzweise eine vernünftige Leistung abzurufen. Schade, ich hätte ich mich gerne anders aus dem MTB Weltcup verabschiedet. Aber mehr war für mich heute nicht möglich“, wird Sabine Spitz in einer Presse-Mitteilung zitiert.

Dass sie als 52. der 80-Prozent-Regel zum Opfer fiel, passt wahrlich nicht zu ihrer erfolgreichen Karriere.

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Linda Indergand (Focus XC) hat den Short Track ausgelassen, nachdem es bei den vergangenen Weltcups am Sonntag nicht so gut funktioniert hatte, bei der EM dagegen schon, als es die Belastung zwei Tage vorher nicht gab. Doch es kam dann doch nur ein 24. Platz heraus. Sicher, zufrieden sei sie damit nicht. „Ich habe mir definitiv mehr vorgenommen, aber irgendwie wollte es wohl nicht so“, meinte Indergand auf Nachfrage. Spezielle Gründe, Krankheit, Defekt oder sonstiges habe es nicht gegeben. Es bleibt ihr also ein Rätsel, warum sie im Weltcup nicht an ihr Leistungs-Niveau heran kommt.

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Ramona Forchini (jb Brunex-Felt) machen zwei Defekte einen dicken Strich durch die Rechnung und die wäre diesmal vermutlich ziemlich günstig ausgefallen.

Forchini knüpfte an ihre Leistung von der EM an und lag nach zwei Runden an achter Stelle. „Ich hatte einen super Start und dann einen Doppel-Platten“, war die Erklärung für ihr Rennen, das auf dem enttäuschenden 38. Rang endete. „Vorne kann ich mir den Platten noch erklären, da habe ich was erwischt. Aber hinten: null Ahnung“, rätselte Forchini.

Nach dem Defekt war das Rennen für sie mehr oder weniger vorbei. „Ich wollte erst noch mal richtig attackieren, aber als ich auf der Anzeigetafel Rang 40 sah, da hat’s mich schon demotiviert“, gestand die Schweizerin.

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Felicitas Geiger ©Erhard Goller

Nach dem U23-Rennen der Damen war Felicitas Geiger (M-Wave) nicht enttäuscht, aber auch nicht glücklich mit ihrem 21. Platz. „Ich habe mich gar nicht so schlecht gefühlt, aber es wollte nicht laufen“, meinte die U23-Meisterin von 2017. „Gegenüber der ersten Saisonhälfte fehlt noch was. Vielleicht hat mir auch das viele Training noch in den Knochen gesteckt.“

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Antonia Daubermann (Stevens MTB Racing) stand da bereits im Ziel und bejubelte den 15. Platz ihrer Schwester Leonie. Sie selbst hatte das Rennen aufgegeben. Der Grund war die Kälte beim Start um 8.30 Uhr. Da hatten in La Bresse-Hohneck die Temperaturen erst etwa sieben, acht Grad erreicht. „Meine Finger, meine Füße waren eiskalt. Ich habe es lange probiert, aber ich habe sie irgendwann nicht mehr gespürt“, erklärte Daubermann.

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