Weltcup Albstadt: Bricht bei den Herren eine neue Ära an?
Die Großen Drei gibt es nicht mehr – und jetzt?
Die Konstellation ist neu. Nino Schurter in Stellenbosch geschlagen, Julien Absalon nicht mehr dabei. Ein Cyclo-Cross-Star mit berechtigten Ambitionen und ein Neuseeländer im weißen Trikot. Wie sich die Weltcup-Saison 2018 gestaltet ist offener als in all den Jahren zuvor.
Bei den Herren ist in Stellenbosch ja eine Serie, man könnte schon sagen: eine Ära zu Ende gegangen. In der Dramatik des Sprints zwischen Sam Gaze (Specialized Racing) und Nino Schurter (Scott-Sram) ist das etwas untergegangen.
Fast fünf Jahre lange dominierten die „Großen Drei“ das Weltcup-Geschehen bei den Herren. Seit dem kuriosen Rennverlauf der Weltcup-Premiere in Albstadt, als auch der Regen, bzw. das Material eine Rolle spielte und Daniel McConnell zu seinem ersten und bisher einzigen Weltcupsieg spülte, gab es nur drei verschiedene Sieger.
Von den 30 Rennen bis Stellenbosch gewann Nino Schurter 19, Julien Absalon 8 und Jaroslav Kulhavy 3, der zum letzten Mal in Lenzerheide 2015 ganz vorne war.
Diese Serie ist jetzt also gestoppt. Und sie wird sich in der Form auch nicht wieder fortsetzen, denn Stellenbosch war der letzte Weltcup in der Karriere von Julien Absalon (Absolute Absalon), wie wir seit Montag wissen.
Eine neue Generation zeigt sich
Nino Schurter wird noch eine Weile der Mann sein, den es zu schlagen gilt, doch es könnte langsam eine neue Ära anbrechen. Eine Generation zeigt sich. Sam Gaze (Specialized Racing, 22), Anton Cooper (Trek Factory Racing, 24), Titouan Carod (BMC Racing, 24), auch dessen Teamkollege Lars Forster (24), sowie Jordan Sarrou (25, KMC Ekoi Sr Suntour) haben schon gezeigt, dass sie vorne mitmischen können.
Vom Alter her gehört da auch Mathieu van der Poel (23,Corendon-Circus) dazu. Er plant dieses Jahr zwar den kompletten Weltcup zu fahren, ob das aber 2019 wieder so ist und wie seine Zukunft aussieht, weiß man beim Multitalent noch nicht. Und vielleicht gibt es noch jemanden, dem man noch gar nicht so auf dem Schirm hat.
Von denen, die vor ihrem Karriere-Ende gerne noch einen Weltcup gewinnen wollten, gehören Leute wie Maxime Marotte (Cannondale Factory Racing) und Stephane Tempier (Bianchi Countervail), beide aus dem gleichen Jahrgang wie Schurter (86) und witzigerweise gemeinsam mit dem bei den Weltmeisterschaften 2004 auf dem Junioren-Podium. Schurter 1, Tempier 2, Marotte 3.
Mathias Flückiger (29, Thömus RN Racing) ist auch so ein Kandidat, dem man das zutrauen könnte. Und Victor Koretzky (24, KMC Ekoi Sr Suntour), der aber seit vergangenem Jahr strauchelt.
Sorgt das Short Race für eine Verschiebung der Kräfte?
Ob der Sieg von Gaze ein ähnlich flüchtiges Intermezzo darstellt wie der von McConnell 2013 oder ob Nino Schurter und Jaroslav Kulhavy die junge Garde mehr und mehr fürchten müssen, darf man gespannt beobachten. Das Short Track-Rennen könnte auch schon für eine kleine Verschiebung der Kräfte sorgen. Könnte. Denn wenn ein Jaroslav Kulhavy auf der Fläche mal Tempo macht, dann müssen sich alle anschnallen. Und Nino Schurter mit seinem Coach Nicolas Siegenthaler schon wissen, an welchen Schräubchen er justieren muss um auch da zu bestehen.
Zurück zum Cross-Country-Rennen: Gaze kommt das Terrain im Bullentäle nicht so ganz entgegen, aber einen U23-Weltcup hat er hier schon gewonnen – vor Titouan Carod.
Mathieu van der Poel leistete sich 2017 einen kleinen Sturz, verlor danach aber nicht mehr wirklich Zeit auf Schurter. Er wäre also konkurrenzfähig gewesen. Wäre. Und jetzt hat er sich bei seinem Sturz auf der ersten Etappe des LaRioja Bike-Race das Kahnbein gebrochen. Welchen Einfluss das nimmt, ist natürlich offen.
Mathias Flückiger hat sich im Vorjahr durch einen spektakulären Sturz aus dem Rennen um einen möglichen Albstadt-Sieg katapultiert. Und er hat jüngst Nino Schurter in Solothurn am längsten Paroli geboten. „Es hat nicht viel gefehlt“, so Flückiger.
Falls er im Short Track nicht unter die besten 16 kommt, könnte das für ihn ein Handicap sein, das er nicht mehr ausgleichen kann, aber prinzipiell hat er das Zeug zum Triumph.
Dehnt man die Suche nach Favoriten auf Podiums-Kandidaten aus, dann kommt auch ein Anton Cooper ins Spiel. „Es geht von Tag zu Tag besser“, sagt der Vorjahres-Dritte aus Neuseeland. Und der oben erwähnte Titouan Carod (Fra), genauso wie Florian Vogel (Sui). Es könnte auch Henrique Avancini (Bra) reif sein für sein erstes Weltcup-Podium, wenn er den Jetlag gut wegstecken kann. Oder mit Jordan Sarrou noch ein Franzose.
Und was meint Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing), mit seinem Handicap, dem geschienten Ringfinger? „Das Training lief super, aber wenn ich in die Top-Ten oder gar Top Acht komme, dann wäre ich happy“, sagt der Kirchheimer. Und freut sich auf Heimpublikum und gutes Wetter. „Das hat Albstadt auch mehr als verdient“, findet Fumic.
Mit dem ersten deutschen Mann auf dem Podium in Albstadt muss man also bestimmt noch mal ein Jahr warten.
Weltcup-Zeitplan:
Freitag, 18. Mai 18
17.30 Uhr Short Track Damen
18.15 Uhr Short Track Herren
Samstag, 19. Mai
14.00 Uhr U23 Herren
Sonntag, 20. Mai
09.00 Uhr U23 Damen
11.20 Uhr Elite Damen
14.35 Uhr Elite Herren