EM XCE: Marion Fromberger holt erste deutsche Medaille am Monte Tamaro
Weltmeister Titouan Perrin-Garnier erobert auch EM-Titel
Für die meisten Sprinter sind die Europameisterschaften etwas Besonderes: denn seit der belgische Rennveranstalter City Mountainbike den Weltcup übernommen hat, finden die allermeisten XCE World Cups auf mehr oder minder flachen innerstädtischen Straßenkursen statt. Im letzten Jahr galt das auch für die Weltmeisterschaft in Waregem / BEL, in den Jahren zuvor hatten die WM-Rennen im Stadtpark von Chengdu /CHN wenigstens noch einige natürliche Cross-Country-Elemente. Doch die EM-Kurse sind meist abgewandelte Cross-Country-Kurse mit „echtem Mountainbike-Feeling.“ So war die Schwedin Ella Holmegard im Vertrauen auf einen deutlich weniger ruppigen Kurs angereist: „Ich habe eine schwere Rückenverletzung, und meine Ärzte hat mir holprige Kurse untersagt.“ Nachdem sie die Qualifikation als Zwölfte von 17 Starterinnen 16 Sekunden nach der Quali-Schnellsten Linda Indergand (Majola Pushbikers, SUI) beendet hatte, entschied sie sich kurzfristig, dann doch nicht zu den Finalläufen anzutreten: „Ich dachte, ein XCE-Rennen geht schon, aber das war mir für meinen Rücken zu gefährlich.“
Ansonsten bot der knapp 900 Meter lange Kurs auf dem Militärgelände am Monte Tamaro tatsächlich einen abwechslungsreichen Kurs mit einem harten Startanstieg, vielen technischen Elementen und eigentlich auch hinreichend Überholmöglichkeiten. Dennoch waren sich die meisten Fahrer im Vorfeld sicher, dass ein guter Start durchaus rennentscheidend sein würde.
Frühes Pech für B&W bike.cases Merida
Zwei Deutsche konnten das allerdings nicht mehr erleben: für Heiko Hog und Simon Gutmann, beide vom Freiburger B&W bike.cases Merida Team, war bereits nach der Qualifikation Schluss. Um rund drei Sekunden verpassten die beiden den Einzug ins Viertelfinale. Quali-Schnellster bei den Männern war der Franzose Quentin Schrotzenberger mit einer Zeit von 1:39,56 Minuten.
Gegenheimer überraschend nur auf Rang 12
Für die anderen bewahrheitete sich die Vorhersage über die Bedeutung eines schnellen Starts: es gab nach dem Einbiegen ins Gelände nach rund 200 Metern kaum noch ergebnisrelevante Positionsveränderungen. Lediglich Simon Gegenheimer (Mountainbike Racingteam) war den Attacken des späteren Siegers Titouan Perrin-Garnier bereits im Viertelfinale nicht gewachsen und musste ihn passieren lassen. Am Ende wurde Gegenheimer als 11. platziert. „Ich hatte mir schon mehr vorgenommen“, sagte er deutlich enttäuscht nach dem Rennen nördlich von Lugano. „Eigentlich habe ich mich auf dem technischen Kurs wohl gefühlt, habe keine Fehler gemacht, bin überall rund die Abfahrten unter gekommen und habe auch die Geschwindigkeit in den nächsten Anstieg mitgenommen. Nächste Woche erwarte ich auf jeden Fall mehr.“ In einer Woche soll die Weltmeisterschaft im belgischen Leuven ausgetragen werden. Angesichts der Corona-Pandemie steht allerdings noch ein großes Fragezeichen, ob diese Veranstaltung wirklich durchgeführt werden kann: „Dieser Kurs in Leuven liegt mir definitiv mehr, deswegen rechne ich mir da auch mehr aus.“
Deutscher Meister im Kleinen Finale
So lag die Verantwortung für ein gutes deutsches Ergebnis auf den Schultern von Felix Klausmann (Tekfor), der ebenfalls als guter Starter bekannt ist, allerdings musste er trotz selbstbescheinigter guter Form einräumen, dass „nach dem ersten Berg die Spritzigkeit nicht mehr so da war.“ Darüberhinaus setzte der amtierende Deutsche Meister eher auf einen defensiven Fahrstil: „Das Risiko, das manche in den Abfahrten eingegangen sind, wollte ich auch nicht mitmachen.“ Am Ende belegte er dann im kleinen Finalen den dritten und damit insgesamt den siebten Platz: „Damit bin ich eigentlich ganz zufrieden“, sagte er entspannt nach dem Rennen auf dem trockenen Kurs bei für Oktober durchaus angenehmen Bedingungen. Obwohl er am Monte Tamaro bester Deutscher war, will Klausmann auf einen Start bei der Weltmeisterschaft verzichten:: „Durch die ganzen Corona-Richtlinien mit Tests davor und danach und auch einer möglichen Quarantäne geht das nicht: da müsste ich ja zwei Wochen Urlaub nehmen. Dieses Jahr geht das einfach nicht.“
Souveräner Start-Ziel-Sieg für den Weltmeister
Sieger im großen Finale wurde der französische Weltmeister Titouan Perrin-Garnier vor dem Niederländer Jeroen van Eck und seinem französischen Landsmann und Titelverteidiger Hugo Briata. Vierter wurde der Schweizer Patrick Lüthi. Mittlerweile auf Enduro umgesattelt, hatte sich Lüthi kurzfristig zu einem Start am Monte Tamaro entschieden: „Bei einer Heim-EM wollte ich dann doch dabei sein.“
Indergand: Schnellste in der Quali, Zweitschnellste im Finale
Bei den Frauen war seine Landsfrau Linda Indergand die schnellste in der Quali. Es reichte für sie auch bis ins große Finale, doch dort musste sie sich der italienischen Titelverteidigerin Gaia Tormena geschlagen geben. Dritte wurde die Teamkollegin von Simon Gegenheimer Marion Fromberger aus Bad Griesbach, die vor wenigen Tagen erst ihren zwanzigstem Geburtstag gefeiert hatte: „auch wenn der Berg am Anfang ziemlich hart war: die Strecke hat mir ziemlich gut gefallen.“ Allerdings kosteten die explosiven Starts auch viele Körner: „Das ist mir dann im Finale zum Verhängnis geworden.“ In Verbindung mit der aufziehenden Abendkühle konnte sie mit den beiden starken späteren Gold- und Silbermedaillen-Gewinnerinnen nicht mehr mithalten: „Die sind echt stark gefahren“, zollte die Bayerin Linda Indergand (Silber) und Gaia Tormena (Gold) Respekt: „Für mich war es ziemlich cool, gegen Linda zu fahren, weil ich bin ein großer Fan von ihr.“
Clara Brehm trotz Bänderriss am Start
Clara Brehm, die sich vor drei Wochen Bänder im rechten Fuß gerissen hatte, hatte sich dennoch entschlossen, am Monte Tamaro zu starten, „auch wenn die Vorbereitung nicht sooo gut war“, wie sie nach dem Rennen einräumen musste. „aber ich war froh, dass überhaupt mal wieder ein Rennen war. Es war nicht beste Performance, die ich abgeliefert habe, aber ich habe gekämpft bis zum Schluss.“